Neu-Ulmer Zeitung

„Ich bin sehr glücklich“

Vor vier Jahren sorgte die Biathletin Evi Sachenbach­er-Stehle in Sotschi für einen Dopingfall. Jetzt lebt sie im Allgäu und hat eine Familie gegründet. Der Blick zurück schmerzt noch immer

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Töchterche­n Mina sitzt auf dem Kinderwage­n, auch Baby Greta ist an Bord. Evi Sachenbach­er-Stehle schiebt ihre beiden Mädels und strahlt. Vier Jahre nach dem Doping-Schock von Sotschi hat die Olympiasie­gerin und Weltmeiste­rin ihr Lachen wiedergefu­nden. „Sehr selten“werde sie noch auf ihren positiven Test bei den Winterspie­len 2014 angesproch­en, sagt sie. Ganz verheilen, sagt sie, werde die Wunde aber wohl nie. „Dafür war der Schmerz zu tief. Aber ich habe gelernt, damit zu leben.“

Nach Platz vier im Biathlon-Massenstar­t am 17. Februar 2014 wurden in ihrem Körper Spuren des Stimulanz-Mittels Methylhexa­namin gefunden. „Das war ein riesiger Schock. Man hört ja oft von Dopingfäll­en, aber dass es einen aus unserer Mannschaft treffen kann, war unvorstell­bar“, erinnert sich die siebenmali­ge Weltmeiste­rin Laura Dahlmeier in der Sport Bild. „Die Momente waren sehr prägend, das vergisst man ein Leben lang nicht.“

Ihren positiven Test erklärte Sachenbach­er-Stehle mit einem verunreini­gten Tee, den sie von einem Ernährungs­experten erhalten hatte. Der Internatio­nale Sportgeric­htshof Cas hatte daraufhin die vom Biathlon-Weltverban­d IBU verhängte Zweijahres­sperre auf sechs Monate reduziert. „Es war hart, von der IBU die gleiche Strafe auferlegt zu bekommen wie Athleten, die vorsätzlic­h mit Epo oder sonstigen leistungss­teigernden Substanzen versucht haben, zu betrügen“, sagt Sachenbach­er-Stehle.

Nach dem Cas-Urteil hätte die Langlauf zum Biathlon gewechselt­e Olympiasie­gerin wieder starten können, doch sie beendete ihre Karriere. Nachdem ihr Doping-Vergehen publik geworden war, versteckte sie sich. „Ich war lange nicht daheim und wollte auch gar nicht zurück. Ich hatte Angst vor den Leuten und traute mich nicht auf die Straße.“Sie habe, sagt sie rückblicke­nd, „sicherlich den falschen Menschen vertraut“.

Längst hat sich vieles gefügt – ihr Lachen ist zurück. „Ich liebe es, Mutter zu sein, die Zeit mit meinen Mädels zu genießen und nicht mehr ständig reisen zu müssen“, sagt sie. Seit November ist die Familie zu viert. Mit ihren beiden Töchtern und Ehemann Johannes Stehle, einem ehemaligen alpinen Skirennläu­fer, lebt die 37-Jährige in Fischen im Allgäu. „Ich bin sehr glücklich, so eine tolle Familie zu haben, auch Hannes‘ Eltern und Familie haben mir in dieser schweren Zeit sehr geholfen und dafür bin ich sehr dankbar.“

Ganz viel Normalität ist eingezogen. In der Ferienwohn­ung im renovierte­n Haus kann man „Urlaub bei Evi“machen. Und in der Skischule gibt die ehemalige Weltklasse-Athletin Biathlon- und Langlaufku­rse. „In Zukunft möchte ich gerne etwas in Richtung Ernährungs­vom beratung in Verbindung mit Fitness machen“, sagt sie. Sachenbach­erStehle hat Ernährungs­beratung studiert, nicht unbedingt wegen der Doping-Affäre. „Ob das der ausschlagg­ebende Punkt war, kann ich nicht sagen. Das ganze Thema Ernährung interessie­rt mich aber schon länger.“

An ihre Sport-Karriere denkt sie trotz des unrühmlich­en Endes „sehr gerne“zurück. „Ich durfte unvergessl­iche und emotionale Momente erleben.“Trotz der bitteren Stunden in Sotschi hat sie sich vom Sport nicht abgewendet. Wenn die Spiele beginnen, wird auch sie vor dem Bildschirm sitzen.

In der Umgebung der Wettkampfs­tätten für die Olympische­n Winterspie­le in Pyeongchan­g sind weitere Norovirus-Fälle aufgetrete­n, für die deutsche Mannschaft besteht jedoch kein Anlass zur Sorge. Bis zum Mittwoch sei die Zahl der bestätigte­n Fälle auf 86 gestiegen, teilten die Gesundheit­sbehörden in Südkorea mit. Die Fälle seien im Landkreis Pyeongchan­g und der Küstenstad­t Gangneung aufgetrete­n, sagte der Leiter des Zentrums für die Kontrolle von Infektions­erkrankung­en, Kim Hyun Jun. Die beiden olympische­n Dörfer für die Athleten in Pyeongchan­g und Gangneung seien nicht betroffen.

In der Küstenstad­t finden die Eiswettbew­erbe der Winterspie­le statt, die am Freitag eröffnet werden.

Der deutsche Olympia-Arzt Bernd Wolfarth gab trotz der zahlreiche­n Magen-Darm-Erkrankung­en bei den Sicherheit­skräften Entwarnung. „Nach aktuellem Kenntnisst­and gibt es keinen Anlass zur Sorge, bisher sind keine Fälle in den olympische­n Dörfern beschriebe­n“, sagte Wolfarth. „Die Südkoreane­r haben schnell und gut reagiert und die betroffene­n Mitarbeite­r der Sicherheit­sdienste ausgetausc­ht.“Von deutscher Seite würden derzeit keine weiteren Maßnahmen ergriffen, „die über die üblichen HygieneMaß­nahmen hinausgehe­n“.

Das Norovirus verursacht einen plötzlich auftretend­en, heftigen Brechdurch­fall. Die Viren können über verunreini­gtes Essen oder Wasser übertragen werden.

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Foto: Karl Josef Hildenbran­d, dpa Das neue Leben der Evi Sachenbach­er Stehle im Allgäu wird von ihren Töchtern Gre ta (links) und Mina bestimmt.
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Foto: dpa Archiv Ihr letztes Rennen: Evi Sachenbach­er Stehle in Sotschi.

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