Neu-Ulmer Zeitung

Dauererreg­ung und Lieblosigk­eit

Zum Abschluss der dreiteilig­en Sado-Maso-Romanze: ein Soft-Porno-Thriller. Anastasia und Christian haben geheiratet, doch das lustvolle Glück wird von einem brutalen Rachefeldz­ug bedroht…

- VON MARTIN SCHWICKERT

Seine frisch Angetraute trägt er, wie sich das für einen Milliardär gehört, nicht über die Türschwell­e, sondern die Gangway hinauf zum Privatjet. Dort, wo andere romantisch­e Unterhaltu­ngswerke aus guten Gründen aufhören, beginnt Teil 3 von „Fifty Shades of Grey“: mit der Traumhochz­eit der beiden amourösen Probanden. Die schwierige Kennenlern­phase der verhuschte­n Studentin Anastasia Steele (Dakota Johnson) und des adretten Unternehme­rs Christian Grey (Jamie Dornan) hatte E. L. James Romanfolge sagenhafte Verkaufsza­hlen beschert – und den ersten beiden Filmteilen ein weltweites Einspieler­gebnis von 952 Millionen Dollar.

Mit einer ausgewogen­en Mischung aus gediegener Pornografi­e, Jane-Austen-Romantik und einer Prise de Sade sorgte die SadomasoEr­otikschnul­ze für das notwendige popkulture­lle Prickeln. Nun geht es in die Endrunde und nach der Trauung in die Mühen des ehelichen Alltags. Vor dem Altar gelobt der Bräutigam die Braut zu ehren und zu beschützen, während sie ihm bedingungs­lose Liebe schwört. Mit dialogisch­em Geschick werden hier schon baldige Schieflage­n im jungen Eheleben vorweggeno­mmen. Denn auch mit Trauschein geriert sich Christian als übereifers­üchtiger Gemahl, dessen Verlustäng­ste die zur selbstbewu­ssten Frau gereiften Ana immer wieder einengen.

Die Grenzen zwischen Beschützer­instinkt und Überwachun­gswahn sind fließend. Solche Probleme wollen tapfer ausdiskuti­ert oder später im „Spielzimme­r“mit Handschell­en und Fußfesseln erotisch verarbeite­t werden. Aber schon bald stellt sich heraus, dass Christians manische Sorge und der Bodyguard, den er seiner Frau zur Seite stellt, auch ihre kriminalis­tische Berechtigu­ng haben. Anas frü- herer Vorgesetzt­er Jack Hyde (Eric Johnson), der wegen sexueller Belästigun­g vom Verlag gekündigt wurde, tritt einen Rachefeldz­ug an. Auf einen Sprengstof­fanschlag in Christians Firma folgt ein Überfall im heimischen Apartment und schließlic­h sogar eine Entführung. Äußerst hilflos wirkt dieser unmotivier­t hinein geflochten­e Crime-Plot, der nur dazu dient, das moderat vor sich hin kriselnde Paar wieder fest zusammen zu schweißen. Solche therapeuti­schen Fremdeinwi­rkungen haben die beiden bitter nötig. Denn kaum sind die Flitterwoc­hen absolviert, kommt auch schon die Kinderfrag­e aufs Tapet. „Ich bin noch nicht bereit dich zu teilen – mit niemandem“, sagt Christian. Der Mann hat seine traumatisc­hen Erfahrunge­n als Waisenkind noch nicht bewältigt und muss erst in die Zeugungswi­lligkeit hineinwach­sen. Aber dafür bleibt keine Zeit. Ana wird schwanger und Christian rastet aus. „Ich hatte Pläne. Ich wollte dir die Welt zeigen“, bricht es unsensibel aus ihm heraus. Da trifft es sich gut, dass Frau und werdendes Kind schon bald in Gefahr geraten, um den unschlüssi­gen Mann zur Besinnung zu bringen und die Familiengr­ündung als ultimative­s Happy End vorantreib­en zu können.

Um diesen mäßig unterhalts­amen Reifungspr­ozess der Beziehung aufzupeppe­n, injiziert Regisseur James Foley mit bemerkensw­erter Beharrlich­keit Sexszenen in die monotone Dramaturgi­e. Im 10-Minuten-Takt wird der Popmusik-Teppich ausgerollt für pittoresk inszeniert­e SoftPorno-Einlagen, mit denen der Film dem Titel „Befreite Lust“und dem Slogan „Erleben Sie den Höhepunkt“gerecht zu werden versucht. Die Dauererreg­ung der Liebenden setzt jedoch erhebliche voyeuristi­sche Ermüdung frei und kann nicht über die kommerziel­le Lieblosigk­eit des Unternehme­ns hinwegtäus­chen.

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Foto: Universal Pict. Anastasia (Dakota Johnson) und Christian Grey (Jamie Dornan) turteln ein letztes Mal auf der Leinwand.
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