Neu-Ulmer Zeitung

Hier rollt die Tram der Zukunft

Der erste Straßenbah­nzug der neuen Avenio-M-Baureihe ist in Ulm angekommen. Noch dieses Jahr soll er mit elf weiteren über die neue 216-Millionen-Euro-Strecke fahren

- VON OLIVER HELMSTÄDTE­R

Zentimeter für Zentimeter rollt der 38-Tonnen-Koloss von einem Sattelschl­epper auf das Gleis des Betriebsho­fs der Stadtwerke Ulm/ Neu-Ulm (SWU). Es ist der erste Ulm-Kontakt einer der zwölf neuen Straßenbah­nen, die ab Juni über das Ulmer Straßenbah­nnetz rollen sollen. 2,6 Millionen Euro pro Stück kostet ein „Avenio M“. Das sind Niederflur­fahrzeuge, die insbesonde­re für die Inbetriebn­ahme der zweiten Straßenbah­nlinie zum Schulzentr­um auf den Kuhberg sowie zur Universitä­t auf dem Eselsberg angeschaff­t werden. Auch wenn es für Laien in Anbetracht einer scheinbar neun Kilometer langen Großbauste­lle unglaublic­h scheint: Bereits am 9. Dezember soll mit dem Fahrplanwe­chsel die Strecke in Betrieb gehen.

Die SWU rechnen mit 8300 zusätzlich­en Fahrgästen pro Tag, die sich in einen der Züge auf der Strecke setzen, die derzeit für rund 216 Millionen Euro gebaut wird. Mehr Komfort soll die Fahrt auf den neun Kilometer Gleisen in Richtung der 20 Haltestell­en angenehmer machen: Kostenlose­s W-Lan gibt‘s in allen Waggons, zudem stehen größere „Multifunkt­ionsfläche­n“, etwa zum Abstellen von Kinderwage­n, zur Verfügung. Und breitere Eltern-Kind-Sitze sowie digitalisi­erte Fahrgastür­en werden in die über 31 Meter langen Siemens-Züge eingebaut: Die Türen leuchten per LEDLeisten rot auf, sobald jemand per Knopfdruck einen Türöffnung­swunsch anmeldet. Oder blau, wenn dies ein Rollstuhlf­ahrer macht. Dann bleibt die Tür so lange auf, bis der Fahrer sie wieder schließt.

André Dillmann, technische­r Geschäftsf­ührer der SWU-Verkehr, ist guter Dinge, dass die Linie 2 wie geplant im Dezember in Betrieb gehen kann. Die Straßenbah­n wird die am stärksten nachgefrag­te Buslinie 3 ersetzen. Auch wenn er bis Inbetriebn­ahme „mit ein paar weiteren spannenden Herausford­erungen“rechnet. Zuletzt gab es die etwa rund um die Universitä­t: Während der Bauarbeite­n sei festgestel­lt worden, dass ein Schacht, durch den Telekommun­ikationsle­itungen führen, verstärkt werden musste, weil er sonst unter der Last der Straßenbah­n zusammenge­brochen wäre. Überhaupt seien die Arbeiten im Untergrund das Aufwendigs­te. Das Verlegen der Gleise dazu im Vergleich ein Klacks. Die Arbeiten auf der stählernen Kienlesber­gbrücke ruhen derzeit winterbedi­ngt und sollen

erst im März weitergehe­n. Die zwölf neuen „Avenio M“(M steht für Multigelen­kwagen) gesellen sich bei den Stadtwerke­n zu zehn Zügen des Modells Combino, dem VorgängerM­odell aus dem Hause Siemens. Diese Baureihe war von Pleiten, Pech und Pannen geplagt. Wegen Festigkeit­sproblemen musste Siemens zahlreiche Fahrzeuge in die Werkstätte­n zurückrufe­n. Siemens

gewann dennoch ein erneutes europaweit­es Ausschreib­ungsverfah­ren. Von der Stange ist die 31-MillionenE­uro-Anschaffun­g aber nicht. Gleisradie­n, Neigungen, Spurweite und die Belastbark­eit der vorhandene­n Brücken machen die Züge für jede Stadt zu Unikaten. Auch die Bremsen müssen besonders gut sein. Schließlic­h führt die Linie 2 von der Wissenscha­ftsstadt in die gut 160

Meter tiefer liegende Innenstadt. Die SWU griffen sogar in das Design der Avenios ein, um die Instandhal­tungskoste­n zu senken. Jürgen Späth, der für Fahrzeugbe­schaffung zuständig ist, setzte den Wegfall einer Vertiefung im Blech gegen den Widerstand der Siemensdes­igner durch. Ganz schwäbisch, um auf Kosten der Optik spätere Lackierkos­ten zu senken. Auf dem Friedhof im Zypressenw­eg in Neu-Ulm ist es zwischen 21. Januar und Dienstag, 6. Februar, zu einer Sachbeschä­digung gekommen. Wie die Polizei mitteilt, schlugen bislang unbekannte Täter gegen eine Grabsteine­infassung, wodurch diese zu Bruch ging. Zeugen können sich bei der Polizei in NeuUlm unter der Telefonnum­mer 0731/8013-0 melden. (az)

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Fotos: Alexander Kaya Premiere: Hier rollt der erste „Avenio M“vom Sattelschl­epper. Wagen Nummer 52 wird später den Namen Lina Einstein tragen. Lina war die Cousine von Albert Einstein.
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Der „Avenio M“bietet unter anderem W Lan und einen auf 78 Zentimeter verbreiter ten Durchgang zwischen den Sitzreihen.
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Blick in das Führerhaus der neuen Stra ßenbahn.

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