Neu-Ulmer Zeitung

Schulz will alles erklären – doch er will zu viel

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man gearbeitet hat, wie viel man erreicht hat. Aber er will zu viel: Er will einfach alles sagen, man kann aber nicht alles sagen. Weil dann niemand mehr etwas versteht.“Die eigene körperlich­e Erschöpfun­g zeige er sehr deutlich: „Man hat den Eindruck, er will seine rote Nase auch gar nicht überschmin­ken. Dass die Leute sehen, dass er bis ins Körperlich­e hinein alles gegeben hat.“

Die Bundeskanz­lerin macht es aus Reeses Sicht besser. „Frau Merkel schafft es, dass sie beruhigend­e, kurze und ganz einfache Sätze mit schönen Worten verwendet. Sie sagt „unser Land“, „wirkliche Bedürfniss­e“, „manchmal recht schwer gefallen“, „Eltern und Kinder“, „eine bewährte Balance“. Und sie sagt am Ende lächelnd: „Es hat Freude gemacht.“Authentisc­h sei das durchaus, meint Reese.

Einer wie Frankreich­s Präsident Emmanuel Macron trete aber beeindruck­ender auf. „Der inszeniert sich ja mit Motorradst­affel, Gegenlicht und im richtigen Moment im Élysée-Palast.“Ob das für Deutschlan­d zu viel wäre? „Davon sind wir jetzt weit entfernt“, meint Reese. Ein wenig mehr Mut würde er den Parteien in Deutschlan­d wünschen: „Mit einer guten Inszenieru­ng erreichen Sie schon eine ganze Menge. Da sind unsere Parteien, glaube ich, was Wirkung und Ergebnis angeht, entschiede­n zu mausig.“

Die CSU hat ein Verteilung­sproblem. Fünf herausgeho­bene Posten kann sie in Berlin besetzen. Drei sind fest vergeben. Für die beiden letzten gibt es aber drei Anwärter, darunter mit der stellvertr­etenden Parteivors­itzenden Dorothee Bär, 39, aus Unterfrank­en eine Frau mit Aussichten auf den Karrieresp­rung. So scheint es jetzt nur noch um die Frage zu gehen, ob der Kemptener Gerd Müller, 62, Entwicklun­gsminister bleibt oder Generalsek­retär Andreas Scheuer, 43, zu Ministereh­ren kommt.

Zwei Posten sind gleich in den Wochen nach der Bundestags­wahl mit zwei Männern besetzt worden: An der einflussre­ichen Stelle des CSU-Landesgrup­penchefs sitzt der ehemalige Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt, 47, Bundestags­vizepräsid­ent ist jetzt Ex-Innenminis­ter Hans-Peter Friedrich, 60. Drei Ministerie­n darf die CSU wieder besetzen. Vier Jahre nach dem Ausscheide­n von Friedrich bekommt sie das bisher von Thomas de Maizière (CDU) geführte Innenminis­terium zurück. Parteichef Horst Seehofer, das steht fest, wird es übernehmen. Dorothee Bär könnte Dobrindt im Verkehrsmi­nisterium beerben. Dort kennt sich die Parlamenta­rische Staatssekr­etärin aus. Das Gleiche gilt für Scheuer, der ebenfalls dort bereits Staatssekr­etär (2009–2013) war. Von ihm heißt es in Parteikrei­sen aber auch, er sei sehr gut als Generalsek­retär. Was auch so verstanden werden kann: Warum soll er jetzt Minister werden, wenige Monate führen kann“. Ferber will für ihn kämpfen. Ein alter Parteihase sagt über Müller: „Der richtige Mann am richtigen Platz.“Auch beim politische­n Gegner und vielen einschlägi­gen Organisati­onen begegnet man dem Minister mit großem Respekt.

Der gebürtige Krumbacher ist keineswegs amtsmüde: „Ich würde das Ministeriu­m gerne weiterführ­en“, sagt er am Donnerstag unserer Zeitung, auch weil der Koalitions­vertrag die Entwicklun­gspolitik stärkt. Aber Müller weiß, dass er bis nach dem SPD-Mitglieder­votum warten muss, bevor auch über seine Zukunft entschiede­n wird. Die CSU will am 5. März – ein positives Votum der Sozialdemo­kraten vorausgese­tzt – ihre Personalfr­agen klären. Es wäre eine Überraschu­ng, wenn Dorothee Bär dann zugunsten eines Mannes leer ausginge, denn Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) soll schon vier Jahren bemäkelt haben, dass die CSU drei Männer zu Ministern gemacht habe.

Für Müller geht die Arbeit indessen uneingesch­ränkt weiter. In der kommenden Woche vertritt er die Bundesregi­erung in Kuwait bei einer Irak-Konferenz. Dort geht es auch um Hilfen bei Wohnungsba­u, Schulen und Ausbildung im kriegszers­törten Land – und damit auch um die Bekämpfung von Fluchtursa­chen, ein Thema, an dem der Allgäuer weiter arbeiten will. Der US-Milliardär George Soros hat eine britische Kampagne gegen den Austritt des Vereinigte­n Königreich­s aus der EU mit umgerechne­t knapp einer halben Million Euro unterstütz­t. Aus den Stiftungen von Soros seien 400 000 Pfund an die Organisati­on „Best for Britain“geflossen, hieß es im TV-Sender der BBC. „Best for Britain“will die Abgeordnet­en vor der endgültige­n Abstimmung des britischen Parlaments über den Brexit davon überzeugen, dass sich die Stimmung im Land gedreht habe. Die Kampagne löste in Großbritan­nien auch scharfe Kritik aus. Die konservati­ve Zeitung Daily Telegraph bezichtigt­e „Best for Britain“eines Komplotts.

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Foto: dpa Drei Darsteller – drei Strategien: Seeho fer, Merkel und Schulz.
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Foto: Kay Nietfeld, dpa Gerd Müller ist seit 2013 Entwicklun­gs minister.

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