Ein milder Mönch im Vatikan
Vor fünf Jahren verkündete Benedikt XVI. seinen Rücktritt als Papst. Das konnte zuerst niemand glauben – weder die verstörten Kardinäle noch die fassungslosen Gläubigen. Wie er und sein Nachfolger heute miteinander auskommen und wie Joseph Ratzinger seine
Wenn Päpste sehr alt werden, dann geht der Blick nach vorne. Wer wird die Nachfolge antreten, wie wird sich die Kirche verändern, wenn der Amtsinhaber einmal nicht mehr ist? So lauten die Fragen, die sich die Öffentlichkeit stellt. Seit fünf Jahren ist das anders. Seit dem Frühjahr 2013 leben zwei Päpste im Vatikan, ein amtierendes Kirchenoberhaupt namens Franziskus, das viele Menschen begeistert und die eigene Machtzentrale manchmal an den Rand der Verzweiflung bringt. Und dann ist da noch, etwa zweihundert Meter schräg hinter dem Petersdom im Vatikan-Kloster Mater Ecclesiae, der emeritierte Papst.
Vor fünf Jahren, am 11. Februar 2013, dem Rosenmontag, kündigte Benedikt XVI. seinen Rücktritt an. Auf Latein, der offiziellen Kirchensprache, und mit schwacher Stimme vor einer Gruppe verstörter Kardinäle, die sich fragten, ob sie richtig verstanden haben, was sie da soeben gehört hatten. Stimmte es wirklich, dass Benedikt gerade gesagt hatte, er erkläre seinen Rücktritt vom Papstamt, die Amtszeit ende am Abend des 28. Februar?
Erstmals seit dem Mittelalter hat ein Papst ohne sichtbaren Zwang auf sein Amt verzichtet. „Ich gehe nicht vom Kreuz weg, sondern bleibe auf neue Weise beim gekreuzigten in letzter Zeit abgenommen. Im vergangenen Jahr wurden noch zahlreiche Delegationen vorstellig, vor allem aus der bayerischen Heimat. Ministerpräsident Horst Seehofer, sein Vorgänger Edmund Stoiber und Teile des Kabinetts waren mehrfach in Rom, um dem bayerischen Papst ihre Aufwartung zu machen: Zur Amtseinführung natürlich, den runden Geburtstagen, zum Abschied aus dem Papstamt. Immer mit Gebirgsschützen, immer in Tracht, immer mit Blasmusik – ein Stück Heimat für Benedikt.
Im Juni 2014 reiste Seehofer zu einer Doppel-Audienz an: Er traf im Vatikan erst Papst Franziskus, anschließend besuchte er Benedikt im Kloster Mater Ecclesiae. Und brachte ihm eine Blumenvase aus Nymphenburger Porzellan mit. Denn mit Vasen ist das Kloster schlecht ausgestattet, hatte sein Bruder Georg Ratzinger der Staatskanzlei verraten. Die gehen immer aus bei den vielen Blumen, die der Papst im Ruhestand geschenkt bekommt.
Angesichts seiner Gebrechlichkeit werden inzwischen weniger Verehrer zu Benedikt gelassen. Befreundete Kardinäle wie der von Franziskus geschasste ehemalige Präfekt der Glaubenskongregation und ehemalige Bischof von Regensburg, Gerhard Ludwig Müller, aber auch verschiedene Bischöfe aus Deutschland schauen häufiger vorbei.