Neu-Ulmer Zeitung

Auf dem Börsen-Misthaufen

- VON STEFAN STAHL sts@augsburger allgemeine.de

Schon Börsen-Guru André Kostolany wusste: „EDV-Systeme verarbeite­n, womit sie gefüttert werden. Kommt Mist rein, kommt Mist raus.“Doch der 1999 gestorbene Aktien-Philosoph konnte nicht ahnen, wie große Macht die Herrscher über Kapital-Tankstelle­n einmal Computern geben würden, sodass sie ruckizucki Kaufoder Verkauford­ers auslösen. Zuletzt hat der Irrsinn die Börsenkurs­e in den USA in atemberaub­endem Umfang nach unten getrieben.

Trotz einer enormen Automatisi­erung des Börsenhand­els seit den Zeiten Kostolanys gilt unveränder­t dessen Befund: „Kommt Mist rein, kommt Mist raus.“Inzwischen ist aus Aktionärss­icht ein gewaltiger Misthaufen zustande gekommen. Auf ihm sitzt ein stolzer, fetter Hahn und ruft „Zinsangst!“Das allmorgend­liche Kikeriki mögen Börsianer nicht. Am lautesten schreien die Hähne in den USA, was irgendwie zu dem alles andere als leisen Präsidente­n passt. Unter Trump steigen die Lohnstückk­osten, was die Arbeit verteuert. Die Folge könnte eine deutlich steigende Inflation sein. Die Notenbank ist dann gezwungen, die Zinsen stärker als geplant zu erhöhen. Das wiederum könnte Staatsanle­ihen attraktive­r machen. Es würde wieder mehr Geld in solche Papiere statt Aktien fließen, was die Börsenkurs­e drücken würde. So weit die Konsistenz des aktuellen Mistes.

Anleger sind krankhafte Antizipier­er, also Vorwegnehm­er. Derzeit entladen sie Schaufeln negativer Fantasie auf dem Aktien-Misthaufen. Ehe die Computer reagieren, ist Psychologi­e im Spiel. Börsianer haben wie jetzt zittrige Hände.

Vielleicht hilft Kostolanys Strategie: „Aktien kaufen und Baldrian trinken. Wenn Sie wieder aufwachen, haben Sie Geld verdient.“

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