Der Mord im Keller
Eigentlich sollte Alix den Engländer Albert Victor heiraten. Aber sie wollte ihn nicht. Der von ihrer Familie Ausgesuchte war ein Königssohn und hätte eines Tages selber König werden können. Aber sie wollte nicht. Ein anderer möglicher Thronfolger, der sich in sie verliebte, bekam sie: Alexander Romanow. Beide, der Engländer und der Russe, waren keine schlechte Partie für die hübsche, aber sehr schüchterne Prinzessin Alix von Hessen-Darmstadt.
Der Engländer, dem sie einen Korb gab, wurde nicht König, weil er vor der Zeit starb. Der Russe wurde Zar, aber leider der letzte, und das hatte dann auch tragische Folgen für Alix, die sich als Zarin in St. Petersburg Alexandra nannte. Einer Verlobung in Coburg folgte die prächtige Hochzeit in der russischen Hauptstadt. Und sogleich begann der Ärger für Alexandra.
Ihre Schwiegermutter Maria Fjodorowna war lange gegen die Hochzeit, weil sie sich etwas Besseres für ihren Sohn versprochen hatte und weil Alix eine Deutsche war. Mutter Maria war eine gebürtige Dänin und die Deutschen und die Dänen hatten sich gerade einen blutigen Krieg geliefert. Auch war Alix keine Salonlöwin. Sie war scheu und sprach die Sprache der feinen Russen nur mühsam. Russisch? Nein, das konnte sie. Bei Hofe sprach man französisch und da haperte es bei der hessischen Prinzessin.
Dann die erste Tragödie: Ihr Sohn Alexei, der Thronfolger, hatte die Bluterkrankheit geerbt, und es gab nur einen, der ihm offenbar helfen konnte: ein gewisser Grigori Rasputin. Ihm vertraute sich die Zarin so sehr an, dass Russland einen Skandal witterte. Rasputin wurde schließlich umgebracht. Und dann kam der Weltkrieg. Die deutsche Zarin geriet beim Volk in den Verdacht, eine Verräterin zu sein. Unbeliebt war sie schon lange, weil sie – wie ihr Mann – jede demokratische Reform für einen Angriff auf ihr gottgewolltes Kaisertum betrachtete. Der Angriff kam in Form der Oktoberrevolution. Die Bolschewiken verschleppten die Zarenfamilie und ermordeten sie im Jahr 1918 in einem Keller in Jekaterinenburg. Boris Jelzin ließ die Ermordeten exhumieren und ins Familiengrab der Romanows überführen. Sie wurden sogar heiliggesprochen. Hätte Alix damals den Engländer genommen, wäre sie weder Königin noch heiliggesprochen worden, wohl aber eines natürlichen Todes gestorben.