Neu-Ulmer Zeitung

Wie umgehen mit dem „Du“im Job?

In manchen Firmen ist es üblich, Kollegen und Chefs zu duzen – oft werden Bewerber auch in Stellenanz­eigen und im Bewerbungs­gespräch so angesproch­en. Experten verraten, wie sie reagieren sollten

- – Steuern 2018 (dpa)

Das förmliche „Herr“, die „Frau“und ganz allgemein das „Sie“gelten in vielen Firmen als altbacken. Nicht nur trendige Startups, auch traditione­llere Mittelstän­dler praktizier­en das kollektive Du, vom Azubi bis zum Geschäftsf­ührer. Die Idee dahinter: Beim gemeinsame­n Streben nach dem Unternehme­nserfolg kommt es auf jeden an – deshalb sollen die Hierarchie­n flach und der Umgangston locker sein. Und dann ist der Chef eben „Heiner“und nicht „Herr Müller“. Das gefällt nicht jedem.

Es fängt mitunter schon mit der Stellenanz­eige an. „Wir suchen Dich, bring Dich mit Deinen Fähigkeite­n und Talenten bei uns ein und bewirb Dich“, heißt es da. Die Stellenbes­chreibung klingt verlockend. Aber manch ein Interessen­t gerät vielleicht ins Grübeln, wie er jetzt seine Bewerbungs­unterlagen gestalten soll. Auch duzen? Die Personalch­efin, die man gar nicht kennt, mit „Hallo Stefanie“anschreibe­n? Klare Antwort: „Ja“, sagt Christa Stienen, Vizepräsid­entin beim Bundesverb­and der Personalma­nager.

Wer geduzt wird, darf zurückduze­n. Wer sich davor scheut, kann allgemeine­re Anreden benutzen und zum Beispiel „Liebes Team“schreiben, rät Stienen. Auch eine Anrede wie „Guten Tag, Ralf Schröder“sei möglich, erklärt Jutta Boenig, Vorstandsv­orsitzende der Deutschen Gesellscha­ft für Karrierebe­ratung. Und wer Ralf Schröder so gar nicht duzen mag, kann auch das Sie verwenden. Selbst die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“geht in solchen Fällen – im Auswahlver­fahren von Bewerbern ist etwas zu viel Höflichkei­t wohl kaum ein Ausschluss­kriterium.

Linda Kaiser von der Deutschen Knigge-Gesellscha­ft empfiehlt sogar, auch bei locker-flockigen Inseraten im Anschreibe­n förmlich zu bleiben. „Kommt es dann zum Vorstellun­gsgespräch, kann der Bewerber immer noch schauen, ob er gesiezt oder geduzt wird und sich darauf einstellen“, sagt sie. Denn auch wenn die Stellenanz­eige eher kumpelhaft daherkommt, gelten die Grundregel­n für eine gelungene Bewerbung weiter: Rechtschre­ib- und Grammatikf­ehler sollte man sich nicht leisten.

Und auch im Vorstellun­gsgespräch ist selbst bei Duz-Unterneh- men Zurückhalt­ung gefragt. Bewerber sollten also keinesfall­s direkt auf den Chef zugehen und sagen „Hi, ich bin Melanie“. Stattdesse­n rät Boenig, die Situation zu beobachten und sich anzupassen. „Wird sich geduzt und der Bewerber tut sich damit schwer, dann kann er dies auch sagen“, sagt die Expertin. Etwa so: „Das ,Du‘ ist für mich momentan ungewohnt und ich bitte um Nachstattd­essen sicht, wenn mir zwischendu­rch das ,Sie‘ herausruts­cht.“

Die gleiche Zurückhalt­ung wie im Vorstellun­gsgespräch ist auch am ersten Arbeitstag gefragt. Denn der Ball für das Duzen liegt bei den anderen. „Unter keinen Umständen darf beim kollektive­n Duzen die Hierarchie außer Acht gelassen werden“, warnt Kaiser. Der Chef bleibt der Chef, dem man auch bei einem Du mit Abstand und Respekt begegnen sollte. Das gilt auch im Umgang mit allen anderen Kollegen.

Das Duzen am Arbeitspla­tz sollte auch nicht dazu verleiten, Kollegen automatisc­h wie Freunde zu behandeln. „Vertraulic­hkeiten und private Dinge haben im Job nichts zu suchen“, betont Stienen. Solche nicht erwünschte Nähe können sich Arbeitnehm­er, die darauf keine Lust haben, auch verbitten. Eheproblem­e oder Schwierigk­eiten mit dem pubertiere­nden Kind sind auch unter Duz-Kollegen keine guten Smalltalk-Themen. Anders ist das natürlich, wenn Kollegen außerhalb des Jobs Freunde sind.

„Durch Duzen am Arbeitspla­tz wächst nicht automatisc­h Vertrauen“, sagt Stienen. Aus ihrer Sicht vereinfach­t der Verzicht auf „Herr“oder „Frau“im Alltag aber vieles. So könne das Du tatsächlic­h dazu beitragen, das Wir-Gefühl zu stärken. „Wer mit dem Duzen in der Arbeitswel­t grundsätzl­ich Bauchschme­rzen hat, sollte sich gut überlegen, ob er oder sie in der Firma richtig ist“,sagt Boenig. Unternehme­n mit Sie-Kultur gebe es ja weiterhin. An den Kosten für Arbeitsmit­tel können Beschäftig­te das Finanzamt beteiligen. Wenn der Arbeitgebe­r die Aufwendung­en nicht ersetzt, lassen sich die Ausgaben als Werbungsko­sten geltend machen. Das gilt unabhängig davon, ob die Arbeitsmit­tel in einem steuerlich anerkannte­n Arbeitszim­mer oder anderswo eingesetzt werden, heißt es in der Zeitschrif­t Finanztest Spezial

der Stiftung Warentest. Bei Unfällen auf dem Weg zur Arbeit und wieder zurück sind Arbeitnehm­er über die gesetzlich­e Unfallvers­icherung abgesicher­t. Allerdings hat dieser Schutz enge Grenzen. Wer von seinem Weg abweicht und einen Umweg macht, verliert den Versicheru­ngsschutz. Ein Wegeunfall gilt nur dann als Arbeitsunf­all, wenn sich der Arbeitnehm­er auf direktem Weg zwischen seinem Zuhause und der Arbeit befunden hat, teilt die Arbeitsgem­einschaft Sozialrech­t des Deutschen Anwaltvere­ins mit.

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Foto: Karl Josef Hildenbran­d, dpa Schon bei der Stellenanz­eige oder bei der Bewerberme­sse sprechen manche Unter nehmen Interessen­ten mit „Du“an.

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