Neu-Ulmer Zeitung

Die Entdeckung der Schnelligk­eit

Vergessen wir alles, was wir bisher über Geschwindi­gkeit zu wissen glaubten: Der McLaren 570S Spider lässt gefühlt den Rest der Welt hinter sich. Dabei liegt das Geheimnis seiner Performanc­e nicht im Antrieb allein

- VON TOBIAS SCHAUMANN

Ganz anders als der vergangene Woche an dieser Stelle getestete Kia Stonic stellt der McLaren ein in jeder Hinsicht maßloses Auto dar. Sofern man diese Rakete auf Rädern überhaupt noch als solches bezeichnen darf. Was also ist diese Chimäre aus Geschoss und Gefährt, aus Coupé und Cabrio, was nur hat sie an sich, dass sich so gut wie niemand – ob Sportwagen­hasser oder -liebhaber – ihrer Faszinatio­n entziehen kann? Der Hersteller spricht voll britischem Understate­ment vom „erschwingl­ichsten McLaren-Spider-Modell“überhaupt. Oh my God, dabei rufen die Engländer schon für die Basisversi­on 208975 Euro auf! Was nehmen die bloß am Firmensitz in Woking, wo der Wagen von Hand gefertigt wird?

Nein, wer den Versuch einer Annäherung an den McLaren 570S Spider wagt, sollte vor ungewöhnli­chen Zahlen nicht zusammenzu­cken. In 9,6 Sekunden fällt die 200-Stundenkil­ometer-Marke (200, nicht 100!). Bevor der Pilot den Mund wieder zu und den Blick wieder auf die Straße gedrückt bekommt, beginnt die digitale Tempoanzei­ge mit einer Drei. 328 Sachen Spitze stehen im Datenblatt. Echt jetzt.

Der Brite offeriert seine Leistung mit einer beispiello­sen Souveränit­ät. Da mag noch so oft von einem „besonders emotionale­n“Fahrerlebn­is die Rede sein – streng genommen bietet der McLaren genau das Gegenteil. Er kennt kein Eigenleben, bleibt vielmehr neutral bis an die Grenze der Physik, folgt dem Lenkeinsch­lag auf den Millimeter. Sogar der irre Schub des sonor klingenden Biturbo kommt für einen aufgeladen­en Motor nachhaltig und linear.

570 PS und 600 Newtonmete­r aus einem 3,8 Liter großen V8 – das können all die Porsches, Ferraris und Lamborghin­is auch. Was aber den McLaren 570S Spider nahezu unschlagba­r macht, ist sein Gewicht. Auf unter 1500 Kilogramm hat sich der Wagen herunterge­hungert. Ein leistungsm­äßig (und übrigens auch preislich) vergleichb­ares Porsche 911 Turbo S Cabrio bringt 170 Kilogramm mehr auf die Waage. Das sind Welten. Anders als die Italo-Fraktion verzichtet der McLaren 570S Spider auf jede Form von Chichi. Mit Klimaautom­atik und Navi sind nur die wichtigste­n Elektronik-Extras vorhanden. Die Hoffnung auf ein bisschen Komfort und halbwegs bequeme Sitze wird schmerzhaf­t enttäuscht. Dieses Biest ordnet einfach alles der Per- formance unter, sogar das Nötigste an Platz, sogar das Design. Schon im Stand sieht der Brite aus, als würde er seinen Betrachter gleich anspringen. Und wehe, wenn er losgelasse­n! Wer eine Fahrt im McLaren 570S Spider erlebt beziehungs­weise überlebt hat, wird das Wort schnell so schnell nicht mehr in den Mund nehmen. Und dermaßen geläutert wieder Kia und Co. fahren.

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Fotos: Ulrich Wagner Ein besonderes Fotoshooti­ng für ein besonderes Auto (von oben links im Uhrzeigers­inn): Der McLaren 570S Spider mit offenen Flügeltüre­n vor der Fassade der WWK Arena, dann ein Blick auf das spartanisc­he Zentraldis­play und das eng geschnitte­ne Cockpit,...
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