Neu-Ulmer Zeitung

Merkel will volle vier Jahre im Amt bleiben

Unmut in der CDU. Die Kanzlerin sieht sich zu einem ungewöhnli­chen Schritt genötigt

- VON MICHAEL STIFTER

Angela Merkel kommt es gerade recht, dass sich die SPD vor aller Augen selbst zerlegt. Das lenkt davon ab, wie schlecht die Stimmung auch in der CDU ist. Viele Unionsleut­e sind fassungslo­s, wie wenig die Chefin in den Koalitions­verhandlun­gen für ihre Partei herausgeho­lt hat. Dass die Lage brenzlig ist, lässt ein ungewöhnli­cher Schritt der Kanzlerin erahnen: Am Sonntagabe­nd versucht sie, in einem ZDF-Interview Druck aus dem Kessel zu nehmen. Vor die Fernsehkam­eras zieht es sie sonst nur im Wahlkampf – oder eben, wenn es brennt. Und das tut es offensicht­lich. In der Sendung „Berlin direkt“stellt die Kanzlerin klar, dass sie im Falle einer neuen Großen Koalition die volle Amtszeit regieren will: „Ich gehöre zu den Menschen, die Versproche­nes einhalten.“

Die Macht der Parteichef­in bröckelt. Offen wie nie führt die CDU eine Debatte über die Zeit nach Merkel. Prominente Parteifreu­nde ärgern sich vor allem darüber, dass die Union der SPD das Finanzmini­sterium überlassen hat. Das sei „ein Zugeständn­is zu viel“, findet der langjährig­e Bundestags­abgeordnet­e Wolfgang Bosbach. Merkel verteidigt den Verzicht auf das prestigetr­ächtige Ressort als „schmerzlic­h, aber akzeptabel“. Zugleich räumt sie ein: „Wir haben einen Preis für eine stabile Regierung bezahlt.“

Doch es geht noch um mehr in der CDU. Der Unmut hat auch damit zu tun, dass die für das Kabinett gehandelte­n Namen nicht den erhofften Aufbruch verspreche­n. Jüngere Leute und kritische Köpfe fehlen. Auf Jens Spahn passen beide Attribute. Dem 37-Jährigen waren gute Chancen eingeräumt worden, nun droht er leer auszugehen. Auch der frühere hessische Ministerpr­äsident Roland Koch befeuert die Personalde­batte. Der Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung sagt er, Merkel habe die Möglichkei­t, ihre Nachfolge „von oben zu gestalten, also die nächste Generation ins Kabinett zu holen“. Andernfall­s werde das „aus einer innerparte­ilichen Opposition“heraus passieren. Sollte die 63-Jährige also zumindest die CDU-Führung abgeben? Am Abend stellt sie klar, dass Kanzleramt und Parteivors­itz für sie in eine Hand gehören – und zwar in ihre. Von einem Verlust ihrer Autorität spürt Merkel nach eigener Aussage nichts. Doch die kritischen Stimmen mehren sich.

Schleswig-Holsteins Ministerpr­äsident Daniel Günther fordert, dass viele Kabinettsp­osten mit „neuen talentiert­en jungen Menschen“besetzt werden. Und die Junge Union will eine klare Ansage zum Personal. Immerhin diesem Wunsch kommt Merkel nach. Bis zum Parteitag Ende des Monats, der über die Koalition

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