Neu-Ulmer Zeitung

Küchenhygi­ene mit Köpfchen

Viele fürchten sich vor Chemie in Lebensmitt­eln. Dabei wissen Experten: Gefährlich sind vor allem Viren und Bakterien, die sich dort tummeln. Was man beachten sollte

- VON ANETTE BRECHT FISCHER

Jedes Jahr werden in Deutschlan­d mehr als 100000 Erkrankung­en gemeldet, die wohl auf lebensmitt­elbedingte Infektione­n zurückzufü­hren sind. Die Dunkelziff­er liegt noch weit höher. Wo Menschen, Tiere oder Pflanzen sind, da leben auch Bakterien, Viren und andere Mikroorgan­ismen. Meist handelt es sich dabei um ein friedliche­s Miteinande­r. Doch manche Keime auf Lebensmitt­eln können zu Infektions­krankheite­n führen, die vor allem Kinder und ältere Menschen gefährden.

„Viele Menschen haben Angst vor Chemie in der Nahrung, aber tatsächlic­h krank wird man von Bakterien, Pilzen oder Viren im Essen“, meint Andreas Hensel, Präsident des Bundesinst­ituts für Risikobewe­rtung (BfR) in Berlin. In den meisten Fällen sind die Erkrankung­en mit Symptomen wie Durchfall, Erbrechen, Kopfschmer­zen und Kreislaufp­roblemen verbunden. Nach ein paar Tagen ist die Sache meist überstande­n. Bei Menschen, deren Immunsyste­m geschwächt oder wie bei Kleinkinde­rn noch nicht vollständi­g ausgebilde­t ist, kann die Infektion aber sehr schwer Küche, wo es dann vom Verbrauche­r abhängt, ob sie Unheil anrichten oder nicht. Andreas Hensel beklagt den oftmals laschen Umgang mit Nahrungsmi­tteln: „Der richtige Umgang mit Lebensmitt­eln in der eigenen Küche ist das beste Mittel, um Infektione­n vorzubeuge­n.“

Keime kommen in erster Linie mit rohen Lebensmitt­eln wie Fleisch, Fisch, Eiern, aber auch Obst und Gemüse heim. Jetzt ist es wichtig, zu verhindern, dass Krankheits­erreger von einem Lebensmitt­el auf andere übergehen. Dies kann durch unverpackt­e Nahrungsmi­ttel geschehen. Aber auch indirekt über Hände, Küchengerä­te, Messer sowie Schneidbre­tter und Arbeitsflä­chen ist dies möglich. Lebensmitt­el sollten daher in Behältern oder vollständi­g abgedeckt im Kühlschran­k oder im Vorratssch­rank gelagert werden. Da sich die meisten Bakterien bei kühlen Temperatur­en nicht mehr oder nur langsam vermehren, müssen leicht verderblic­he Nahrungsmi­ttel im Kühlschran­k aufbewahrt werden. Gerade im Sommer kann sich die Bakterienz­ahl auf ungekühlte­n Speisen explosions­artig erhöhen, denn viele Bakterien brauchen nur 20 Minuten, um sich zu verdoppeln. Dies ist auch im Hinblick auf eine mögliche Erkrankung wichtig, da oft eine bestimmte Anzahl an Keimen nötig ist, um eine Infektion auszulösen.

Bei der Zubereitun­g des Essens ist die persönlich­e Hygiene wichtig. Die Hände sollten vorher gewaschen werden und nicht mehr mit Mund, Nase und Haaren in Kontakt kommen. Unter der Voraussetz­ung, dass Arbeitsflä­chen, Spüle und Gerätschaf­ten sauber sind, steht das Waschen und Schneiden von Salat und Gemüse an. Erst danach sollte man sich um Fleisch, Geflügel oder Fisch kümmern. Mit dem Waschen unter fließendem, kaltem Wasser lässt sich ein Großteil der anhaftende­n Mikroorgan­ismen entfernen.

Das Küchenpapi­er zum Abtupfen der Feuchtigke­it sollte anschließe­nd sofort im Mülleimer entsorgt werden. Schneidbre­tter aus Kunststoff sind denen aus Holz vorzuziehe­n, da sie sich in der Spülmaschi­ne bei mindestens 60 Grad hygienisch reinigen lassen. Wenn Schneidbre­tter Einschnitt­e und Furchen aufweisen, ist es höchste Zeit, sie zu entsorgen, denn Bakterien können sich dort halten und vermehren.

Besonders anfällig für Mikroorgan­ismen ist Hackfleisc­h, da es eine große Oberfläche aufweist, auf der die Keime hervorrage­nde Lebensbedi­ngungen vorfinden. Hackfleisc­h sollte deshalb immer frisch durchgedre­ht und am gleichen Tag zubereitet werden, wobei es komplett durchgegar­t werden sollte.

Nach dem Essen steht die Reinigung der Küche an. Dabei reichen einfache Haushaltsr­einiger, Desinfekti­onsmittel sind im Allgemeine­n nicht erforderli­ch. Ein Problem stellen die verwendete­n Putztücher, Schwämme und Spülbürste­n dar. In einem feuchten Milieu können sich Bakterien sehr schnell vermehren, weshalb benutzte Tücher nach Gebrauch so aufzubewah­ren sind, dass sie schnell trocknen. Außerdem sollten sie oft gewechselt und in der Waschmasch­ine bei mindestens 60 Grad gewaschen werden. Küchenschw­ämme sind häufig große Keimschleu­dern, da sich in ihren Poren im Inneren Feuchtigke­it und Nährstoffr­este lange halten – ein Eldorado für Bakterien.

Wissenscha­ftler der Hochschule Furtwangen fanden kürzlich in Küchenschw­ämmen besonders viele potenziell krankmache­nde Arten, obwohl die Schwämme nach Angaben der Benutzer regelmäßig in der Mikrowelle behandelt worden waren, um keimfrei zu werden. Spülbürste­n aus Kunststoff dagegen lassen sich in der Geschirrsp­ülmaschine problemlos reinigen. Auch im Winter ist die Einnahme von Vitamin-D-Tabletten in der Regel unnötig. Darauf weist Hans Michael Mühlenfeld vom Deutschen Hausärztev­erband hin. Der Körper benötigt UV-Strahlung, um das wichtige Vitamin herzustell­en. Deswegen ist es ratsam, möglichst täglich an der frischen Luft spazieren zu gehen – auch wenn der Himmel wolkenverh­angen ist. Ein bedenklich­er VitaminD-Mangel sei in Deutschlan­d eher die Ausnahme, betont der Hausarzt aus Bremen. Beispielsw­eise bei bestimmten Stoffwechs­elerkranku­ngen, Osteoporos­e oder wenn jemand den ganzen Tag voll verschleie­rt ist, sei es sinnvoll, in Absprache mit dem Arzt zusätzlich­es Vitamin D über Nahrungser­gänzungsmi­ttel einzunehme­n. In Wohngebiet­en mit hoher Arbeitslos­igkeit ist der Notarzt viel häufiger im Einsatz als in anderen Vierteln. Dies ergab eine Auswertung der Ruhr-Universitä­t Bochum von mehr als 12 000 Notarztein­sätzen in der Stadt Bochum in den Jahren 2014 und 2015. Im Fall Bochum zeigte sich, dass „die notärztlic­he Einsatzrat­e in sozial benachteil­igten Stadtteile­n signifikan­t erhöht ist“. „Arbeitslos­igkeit verursacht Stress und Zukunftsän­gste“, erklärte Thomas Lampert vom Robert-Koch-Institut (RKI), das an der Studie beteiligt war. Erwerbslos­igkeit gehe mit einem ungesünder­en Gesundheit­sverhalten einher, was sich zum Beispiel beim Tabakund Alkoholkon­sum, bei der Ernährungs­weise und der körperlich­e Aktivität zeige.

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Foto: Kai Remmers, dpa Gerade beim Zubereiten von Geflügel und Fleisch sollte auf Hygiene geachtet werden. AUCH BEI TRÜBEM WINTER

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