Neu-Ulmer Zeitung

Realität überholt Satire

- VON MARTIN FERBER fer@augsburger allgemeine.de

An Stoff mangelt es den Jecken in diesem Jahr wahrlich nicht. Und doch haben sie ein Problem: Längst hat die Realität die kühnste Fantasie überholt. Die Satire hechelt nur hinterher.

Immerhin, so angeschlag­en die SPD derzeit auch ist, mit der raschen Klärung aller wichtigen Personalfr­agen ist sie der CDU einen entscheide­nden Schritt voraus. Mit Andrea Nahles an der Spitze von Partei und Fraktion sowie Olaf Scholz als Vizekanzle­r und Finanzmini­ster verfügt sie über zwei Kraftzentr­en. Wobei die beiden erst noch beweisen müssen, dass sie sich nicht gegenseiti­g blockieren, sondern ergänzen.

Angela Merkel schafft es dagegen nicht, die Brandherde in ihrer Partei auszutrete­n. Mit ihrer Ankündigun­g, weitere vier Jahre zu amtieren, verschiebt sie die Klärung der Erneuerung auf den Sankt-Nimmerlein­s-Tag. Zug um Zug verliert sie an Autorität.

Ausgerechn­et die sonst so diskussion­sfreudigen Grünen haben gezeigt, wie man’s macht. Nur kurz währte die Personalde­batte. Dann wurde mit Robert Habeck und Annalena Baerbock ein neues Spitzenduo gewählt, das für Aufbruch und neuen Schwung steht. Wenn CDU, CSU und SPD weitermach­en wie bisher, könnte die wahre Auseinande­rsetzung bei der nächsten Bundestags­wahl nicht mehr Union gegen Sozialdemo­kraten heißen, sondern Grüne gegen AfD. uns in der CDU schon jetzt überlegen, wie wir uns ohne Merkel neu aufstellen.“

Als „völlig unzureiche­nd“bewertete ein Mitglied der Jungen Gruppe in der Unionsfrak­tion gegenüber unserer Zeitung das Verspreche­n Merkels, auch „unter 60-Jährige“ins Kabinett zu berufen. „Das ist doch keine personelle Erneuerung.“Nötig sei vielmehr eine „umfassende Verjüngung“der Partei. „Da muss noch viel mehr passieren.“Dagegen goss der Chef der Jungen Union, Paul Ziemiak, bewusst kein neues Öl ins Feuer, sondern lobte Merkels Signal der Erneuerung als „ein gutes Zeichen“.

Wie die personelle Erneuerung allerdings konkret aussehen soll, ließ Merkel offen, Namen nannte sie nicht. Der immer ins Gespräch gebrachte 37-jährige Jens Spahn, derzeit Staatssekr­etär im Finanzmini­sterium, könnte neuer CDU-Generalsek­retär werden und den schwer kranken Peter Tauber ablösen. Der Wechsel der rheinland-pfälzische­n Opposition­sführerin Julia Klöckner, 45, ins Kabinett als neue Agrarminis­terin scheint sicher zu sein. Und der 40-jährige Carsten Linnemann, Chef der einflussre­ichen Mittelstan­dsund Wirtschaft­svereinigu­ng der CDU, könnte vielleicht einen Staatssekr­etärsposte­n erhalten.

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