Was Frauen wirklich verdienen
Die Bundesagentur für Arbeit untersucht die viel kritisierte Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern. Dabei gibt es überraschende regionale Unterschiede – auch in Bayern
Im Grundgesetz steht im dritten Artikel: „Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.“Und an erster Stelle folgt der Punkt Geschlecht. Doch schnell fällt auf, dass die Menschen vielleicht vor dem Gesetz gleich sind, in puncto Löhne aber ein himmelweiter Unterschied klafft. Der durchschnittliche Augsburger verdient knapp 3000 Euro brutto im Monat. Die Frauen dagegen rund 500 Euro weniger. Diese vielfach kritisierte Gehaltslücke zwischen den Geschlechtern, die auch Gender Pay Gap genannt wird, ist Thema einer noch laufenden Studie des Instituts für Arbeitsmarktund Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit.
Das endgültige Ergebnis soll im Herbst vorgestellt werden, schon jetzt gibt es aber erste Tendenzen – und eine überraschende Erkenntnis: Die Gehaltslücke unterscheidet sich regional. In manchen Gebieten, vor allem großflächig in den neuen Bundesländern, verdienen die Frauen teilweise mehr als die Männer. Dagegen herrscht in Bayern das traditionelle Bild beim Lohnunterschied vor. Zwei Beispiele: In Cottbus, der zweitgrößten Stadt Brandenburgs, verdienen Männer im Monat 2398 Euro, Frauen hingegen 2814. Ein ganz anderes Bild in DingolfingLandau in Bayern. 38 Prozent verdient ein Mann dort im Schnitt mehr als eine Frau. Woher kommen diese krassen Unterschiede?
Michaela Fuchs vom Forschungsinstitut der Bundesagentur ist für die Studie zuständig. „Auf der einen Seite hat es was damit zu tun, dass in den neuen Bundesländern größere Unternehmen fehlen, zum anderen gibt es auch einen geschichtlichen Hintergrund“, sagt sie. In der DDR sei es selbstverständlicher gewesen, dass die Frau neben der Familie in Vollzeit arbeitet. Außerdem gebe es auch mehr Frauen in Führungspositionen in den neuen Bundesländern. Dem gegenüber stehen Unternehmen, deren Hauptsitze sich in Westdeutschland befinden. Allgemein wurden in der Studie nur Vollzeitbeschäftigte berücksichtigt, sagt Fuchs.
Die Studie birgt noch eine andere Erkenntnis. In Städten sind die Unterschiede geringer als in ländlichen Räumen, auch wenn es Ausreißer gibt. „Eine Erklärung, warum in Städten die Unterschiede nicht so groß sind bei den Gehältern, hat mit dem Jobangebot zu tun“, sagt Fuchs.
Ein Wort geisterte in den vergangenen Jahren durch die Medien: die „Herdprämie“. Im Jahr 2007 gehörte der Begriff sogar zu den Unwörtern des Jahres. Die Idee war, dass Eltern pro Kind 150 Euro bekommen, wenn sie auf einen Krippenplatz verzichten und den Nachwuchs selbst betreuen. Gerade der Freistaat Bayern setzte sich für das Betreuungsgeld ein. Bundesweit ist es inzwischen wieder abgeschafft, Bayern zahlt es aber noch weiter. Das klassische Familienbild des arbeitenden Mannes und der Hausfrau, die auf die Kinder aufpasst, kommt einem in den Sinn, doch die Realität sieht häufig anders aus.
Bayern hat unter den alten Bundesländern die höchste Erwerbsquote bei den Frauen. Im Jahr 2016 waren 73,6 Prozent im Freistaat berufstätig. Diese Zahl ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Deutschlandweit liegt der Durchschnitt bei 70,6 Prozent. Diese Daten des Statistischen Bundesamtes sind Ergebnisse des Mikrozensus 2016 und stellen den Anteil der Erwerbstätigen an der Bevölkerung im Alter von 15 bis unter 65 Jahren dar. Herbert Hartinger, Pressesprecher des Deutschen Gewerkschaftsbundes Bayern, begrüßt diese Entwicklung. „In Zeiten von Fachkräftemangel werden Frauen gebraucht“, sagt er.
Und auch das Bild des Mannes, der tagein, tagaus das Geld verdient und sich aus der Kindererziehung heraushält, hat sich gewandelt: Die bayerischen Väter beziehen immer mehr Elterngeld und nehmen folglich auch mehr Elternzeit. 43,4 Prozent waren es im Jahr 2015, laut einer Studie des Bayerischen Arbeitsministeriums. Damit belegen die Väter aus dem Freistaat den zweiten Rang in Deutschland – nur in Sachsen ist die Bezugsquote mit 46,7 Prozent noch höher. Der Bundesdurchschnitt beträgt nur rund 34 Prozent. Marion Gehlert vom Bayerischen Arbeitsministerium schließt daraus: „Die Väter wollen mehr Zeit mit dem Nachwuchs verbringen.“(dwo)