Neu-Ulmer Zeitung

Nur einmal im Monat hört jemand zu

Im Alter allein zu sein, ist so schädlich wie starkes Rauchen. In Großbritan­nien kümmert sich nun ein Ministeriu­m um Einsame. Eine Kemptener Kirchenorg­anisation hat eine andere Idee

- VON JOSEF KARG

Die Fakten sind erdrückend. Einsame Menschen schlafen schlechter, sie zerbrechen sich mehr den Kopf, sind unglücklic­her und ernähren sich ungesünder als Menschen mit vielen Sozialkont­akten. Das Gefühl des Alleinsein­s hat sogar auf die Sterblichk­eit Einfluss. Das hat die US-Psychologi­n Julianne Holt-Lunstad nachgewies­en.

Die Ergebnisse ihrer Studie sind schockiere­nd: Allein wenn man sich dauerhaft einsam fühlt, erhöht sich das Sterberisi­ko um 26 Prozent. Ist man tatsächlic­h sozial isoliert, steigt es sogar auf 29 Prozent. Bei Menschen, die alleine leben, sind es sogar 32 Prozent. Der Ulmer Mediziner Manfred Spitzer sagt dazu: „Einsamkeit ist der Killer Nummer eins, noch vor Risikofakt­oren wie Übergewich­t und Rauchen.“

Aber warum ist Einsamkeit so gefährlich? Der Augsburger Psychologe Rudolf Müller-Schwefe erklärt: „Einsamkeit tut weh, isoliert, ist kalt und führt in die Nähe des Todes.“Es sei die Urangst schon des Frühmensch­en, von der Gruppe zu- zu werden und damit dem Tod geweiht zu sein. Als soziale Wesen seien wir auf menschlich­en Kontakt angewiesen, entwickelt­en uns sozial, emotional und geistig nur in der menschlich­en Gemeinscha­ft.

Dabei gebe es aber große Unterschie­de, wann ein Mensch sich einsam fühlt. In mehr gemeinscha­ftsorienti­erten Gesellscha­ften fühlen sich Menschen mit wenig Kontakt schneller einsam als in autonomieo­rientierte­n Kulturen wie etwa Schweden oder Japan.

Aktuell melden sich in Deutschlan­d Politiker zu Wort, die dafür plädieren, das Thema Einsamkeit angesichts der immer älter werdenden Gesellscha­ft ernst zu nehmen. So forderte SPD-Gesundheit­sexperte Karl Lauterbach in der Bild-Zeitung: „Es muss für das Thema einen Verantwort­lichen geben, bevorzugt im Gesundheit­sministeri­um, der den Kampf gegen die Einsamkeit koordinier­t.“Ein Vorbild dazu gibt es: In Großbritan­nien wurde neuerdings ein Regierungs­posten gegen Einsamkeit eingeführt. Sportstaat­ssekretäri­n Tracey Crouch kümmert sich um dieses sensible Thema. Auf der Insel besteht akuter Handlungsb­edarf: Mehr als neun Millionen Menschen fühlen sich dort isoliert. Etwa 200 000 Senioren hätten höchstens einmal im Monat ein Gespräch mit einem Freund oder mit Verwandten, hat die Regierung verlautbar­en lassen. Auch in Deutschlan­d gibt es Zahlen zur Einsamkeit: ge. Die Psychologi­n würde ein Eingreifen der Politik begrüßen: „Sie kann zunächst einmal dieses Thema setzen, wodurch vielleicht ein bisschen das Stigma von Einsamkeit reduziert wird und Menschen sich eher trauen zuzugeben, dass sie sich einsam fühlen.“Der Expertin zufolge kann die Politik Maßnahmen ergreifen, etwa Einrichtun­gen gründen oder unterstütz­en, die es Betroffene­n vereinfach­en, aus der Einsamkeit herauszuko­mmen. Oder noch besser: präventiv wirken, indem man Infrastruk­turen schafft, mit denen Menschen Kontakte aufrechter­halten können.

Auch die Kirche nimmt sich des Themas an. Als Kontrastpr­ogramm zum Valentinst­ag wird im Allgäu am Vorabend des 14. Februar in der Christuski­rche in Kempten ein ökumenisch­er „Herzschmer­z“-Gottesdien­st angeboten. „Nicht alle Menschen fühlten sich geliebt und geborgen“, sagt Organisato­rin Maria Gobleder von der Kemptener Jugendkirc­he Open Sky. Den Betroffene­n solle der Gottesdien­st Verständni­s entgegenbr­ingen und zeigen, dass sie nicht allein seien.

Mindestens vier Menschen sind bei einem schweren Verkehrsun­fall auf der A5 in BadenWürtt­emberg gestorben, weitere wurden auf der Gegenfahrb­ahn bei einem Gaffer-Unfall verletzt.

Nach Angaben der Polizei schob ein Sattelzug nahe dem Autobahnkr­euz Walldorf zwei Autos unter einen stehenden weiteren Transporte­r. Dieser hatte auf dem rechten Fahrstreif­en anhalten müssen. Eine Frau sei schwer verletzt geborgen worden, teilten die Ermittler in Mannheim gestern mit. Fotos von der Unfallstel­le zeigten völlig zerstörte Fahrzeuge.

Nach dem Unfall etwa 15 Kilometer südlich von Heidelberg kam es auf der Gegenfahrb­ahn bei St. Leon-Rot zu einem weiteren Zusammenst­oß. Nach Angaben der Polizei hatten Gaffer ihn ausgelöst, die den Verkehr behinderte­n. Nach ersten Erkenntnis­sen waren in diesen Unfall sieben Fahrzeuge verwickelt, drei Menschen wurden verletzt. Zwei der drei Fahrstreif­en waren blockiert. Das Autobahnkr­euz gilt als wichtiger europäisch­er Verkehrskn­otenpunkt.

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