Im Tiefschnee ist es schnell aus mit der Freundschaft
sich auch die Namen, Bilder und Fernsehaufzeichnungen der vielen erfolgreichen Rennläufer, von Gertrud Gabl und Karl Schranz bis hin zu Mario Matt. Und natürlich sind im Museum bekannte Filme vom Arlberg zu sehen, etwa der legendäre Streifen „Der Weiße Rausch“mit Hauptdarstellerin Leni Riefenstahl aus den 1930er Jahren.
Draußen auf der Piste ist der legendäre Tiefschnee am Arlberg Tagesgespräch – in der Sprache der Freerider. „No friends on powder days“, sagt ein Vater zu seinem Sohn, steigt mit ihm in die futurisch aussehende Gondelbahn am Galzig und lacht: Im Tiefschnee ist es aus mit der Freundschaft!
Aber was, wenn die Lawinengefahr zu groß ist, um sich alleine ins Gelände zu wagen? Skilehrer Maris hat einen Tipp. Ein privat gebuchter Bergführer wäre kostspielig. Die Skischule Arlberg in St. Anton hat deshalb noch ein anderes Angebot: das Powder Club-Programm. Kleine Gruppen von bis zu sieben Skifahrern werden von einem Führer ins Gelände begleitet. Jeden Morgen um 9.15 Uhr ist Treffpunkt. Maris und seine Kollegen kennen auch bei viel Schnee sichere Waldschneisen, die Urlauber niemals alleine finden würden. Das Erstaunliche: Wir sind quer durchs Gelände unterwegs und kommen am Ende doch immer wieder an einem Lift heraus.
Es schneit noch immer. Viele Lifte sind nicht in Betrieb. Doch die Gondel hoch zum Galzig läuft und der Magen knurrt. Also oben schnell hinein in die mollig warme Stube – genauer gesagt: in die Verwallstube. Auf 2085 Metern Höhe warten dort kulinarische Genüsse, für die man gerne mal ein paar Pisten auslässt. Conny, die Allgäuerin, entscheidet sich für „Schlutzkrapfen 2.0“– eine moderne Variante des bodenständigen Schmankerls, angerichtet mit Babyspinat, geräucherten Schalotten und Frischkäseschaum. Hendrick aus Köln lässt sich Sashimi vom Thunfisch mit Frühlingsrolle und Sprossensalat schmecken.
Die Verwallstube zählt zu den höchstgelegenen Restaurants in Europa mit zwei Hauben im Gault & Millau. Gastro-Chef Manfred Fahrner sagt: „Ich wollte was Tolles machen.“Ihm zufolge brummt der Laden. Die Reichen und Schönen, die sich am Arlberg treffen, schätzen die raffinierten Gerichte und edlen Weine, die hoch oben am Berg aufgetischt werden. Und nicht nur sie.
Trotz großer Promidichte ist das Team in Küche und Service nett und freundlich geblieben. Wenn Caroline von Monaco auftaucht, werden gerne mal die Golfschläger geholt, um einen kleinen Putt-Wettbewerb im Lokal zu veranstalten. Auch der österreichische Bundespräsident Alexander Van der Bellen oder die niederländische Königin Juliana kann man dort beim Essen treffen. Menschen aus aller Welt fühlen sich vom Mythos des Arlbergs angezogen.
Marc ist von Whistler Mountain, Kanada, angereist. Er sagt, St. Anton sei für ihn ein Sehnsuchtsort. Auch wegen der Geschichte. Maris ist Amerikaner aus Seattle und seit Jahrzehnten Skilehrer am Arlberg. Er fühlt sich hier längst mehr daheim als in den USA, auch wegen des internationalen Publikums. Rund 50 Nationen zählt der Fremdenverkehrsverband pro Jahr.
Ohne den Skilauf wäre St. Anton nicht das, was es heute ist. Der Arlberg hat sich zum größten zusammenhängenden Skigebiet Österreichs entwickelt und zu einem der fünf größten der Welt – mit mehr als 300 Skiabfahrtskilometern und 88 Aufstiegshilfen. Natürlich sind da die berühmt-berüchtigten Abfahrten wie das Schindlerkar oder das Mattunjoch. Nun gibt es aber noch eine weitere spektakuläre Herausforderung: den „Run of Fame“, eine Skirunde der Superlative durchs gesamte Skigebiet.
Diesmal heißt es Wecker stellen und früh aufstehen: Mit der ersten Gondel geht es hinauf auf den 2816 Meter hohen Rendl. Dort ist ein Startpunkt des „Run of Fame“. Diese Tour hat es in sich. Die 85 Kilometer lange Rundfahrt mit 18000 Höhenmetern führt von St. Anton über Zürs und Lech bis nach Warth und wieder zurück. Auch sie ist Skipionieren und Stars aus Sport und Film gewidmet, die einst selbst die verschneiten Hänge hinabglitten.
Die Ruhmes-Runde zwischen Tirol und Vorarlberg wurde im vergangenen Winter eingeweiht. Möglich wird sie durch einen Lückenschluss. Die neuen Trittkopfbahnen, die Albonabahn II und vor allem die neue Flexenbahn sorgen für eine durchgehende Verbindung zwischen den Arlberg-Dörfern. 45 Millionen Euro haben die Bergbahnbetreiber dafür investiert.
Wir sind einen lang Tag beschäftigt, diese Runde zu bewältigen. Spektakulär ist beispielsweise die Tourenabfahrt am Madlochjoch (2438 Meter). Sie ist eine der größten Herausforderungen auf der Runde. Viele Pausen gibt es nicht. Wer es ruhiger angehen lassen will, sollte sich zwei Tage dafür freihalten. Dann bleibt auch mehr Zeit für Hüttenpausen und Après-Ski.
Der wohl bekannteste Geheimtipp für Leute, die gern feiern, ist der „MooserWirt“an der Talabfahrt von St. Anton. Dort läuft jedes Jahr die große RTL-II-Party mit AprèsSki-Hits. Wir kehren etwas weiter oben in der „SENNsationell“-Hütte ein. Wirtin Tanja Senn hält für ihre Gäste ausgefallene Schmankerl vom Arlberg parat. Die quirlige Dunkelhaarige trägt am Trachtengürtel zwei Taschen für Sensen-Wetzsteine.