Vorwürfe gegen Gefängnisleitung
Grausame Rituale für Neuankömmlinge beschäftigen die Ulmer Justiz. Staatsanwalt ist entsetzt von der Brutalität und beklagt „rechtsfreien Raum“im Knast
Acht Wochen lang soll ein versuchter Mörder in der Jugendabteilung der Ulmer Justizvollzugsanstalt im Oktober und November mit unvorstellbarer Grausamkeit Mitgefangene terrorisiert, erniedrigt, erpresst und zum Teil vergewaltigt haben. Ohne, dass die Vollzugsbeamten was mitbekamen. Nach sechs mitunter zähen Verhandlungstagen wurde die Beweisaufnahme der ersten Großen Strafkammer am Montag geschlossen und die Plädoyers des Staatsanwaltes und der Verteidiger gehalten. Der Anklagevertreter forderte eine Freiheitsstrafe von 14 Jahren für den heute 23-jährigen Rädelsführer wegen mehrfacher Vergewaltigung, schwerer Körperverletzung, Nötigung und Erpressung.
Dabei soll eine frühere Verurteilung wegen versuchten Mordes in das Urteil miteinbezogen werden, das am Donnerstag, 15. Februar von der Kammer gesprochen wird, lautet der Antrag. Wesentlich geringer (Freiheitsstrafen bis zu zwei Jahren, zur Bewährung ausgesetzt) sollen laut Staatsanwalt die Strafen für die vier Mitangeklagten ausfallen, weil sie sich offensichtlich gezwungen fühlten. Denn sie befürchteten of- fenbar, die nächsten Opfer dieses schrecklichen Rituals zu werden. Das Ritual soll sich der Haupttäter mutmaßlich ausgedacht haben, um im Knast seine Allmacht zu beweisen.
Vornehmlich Neuankömmlinge im Ulmer Knast bevorzugte offensichtlich der wegen versuchten Mordes – es ging um tausend Euro – verurteilte frühere Drogenhändler, der derzeit die Höchststrafe absitzt, die eine Jugendkammer verhängen kann: Zehn Jahre Freiheitsentzug. So schilderten zwei Zeugen im Verlauf der Beweisaufnahme, wie ihnen in der Gemeinschaftsdusche vom Hauptakteur und vier Mitgefangenen aufgelauert wurde. Sie wurden geschlagen und in zwei Fällen wurde versucht, ihnen einen vom Rädelsführer in der Gefängniswerkstatt fabrizierten Holzstock in den Körper zu rammen. Danach mussten sie einen Becher auszutrinken, der mit einem zusammengerührten Gebräu aus Kot, Sperma und Zigarettenasche gefüllt war. Die Tortur flog erst auf, als ein Betroffener den Mut hatte, diesen Terror zu melden.
Zunächst schwiegen die Angeklagten zu den Vorwürfen der Staatsanwaltschaft. Nur ein Mitgefangener trat als Hauptbelastungszeuge auf. Er war Opfer und Täter zugleich: Nach seinem schrecklichen Empfangserlebnis in der Jugendabteilung der Ulmer Justizvollzugsanstalt wurde er gezwungen, bei den widerlichen Übergriffen auf Mitgefangene mitzumachen. Sein Verfahren wurde auf Antrag der Staatsanwaltschaft gestern vom Gericht eingestellt. Einer von der Anklagebank brach gestern sein Schweigen und entschuldigte sich bei dem noch immer erschütterten Nebenkläger: „Das war ein Riesenscheiß von mir, es tut mir leid, was ich Ihnen angetan habe“. Er habe aber Angst gehabt, das nächste Opfer zu sein. „Ich wollte mein Jahr Gefängnis einfach schnell rumkriegen.“
Sein persönliches Entsetzen über diesen Fall tat der Staatsanwalt am Anfang seines Plädoyers kund, dass so etwas „mitten in Deutschland“passieren kann. „Das beunruhigt mich. Da soll man resozialisiert das Gefängnis verlassen und kommt traumatisiert raus“. In solchen Fällen müsse es knallharte Strafen geben, sagte er in sichtbarer Empörung und im Hinblick auf den Rädelsführer. Es gebe auch in Gefängnissen eines Rechtsstaates keine rechtsfreien Räume. Der Anwalt des Nebenklägers sprach in seinem Plädoyer von einem Erniedrigungsprozess der schlimmsten Art, dem die Opfer ausgesetzt waren. Er beklagte, wie die Verteidiger in ihren Plädoyers, die mangelnde Aufsicht in der Jugendabteilung. Der Anwalt des Hauptangeklagten sprach auch von einem Versagen in der Justizvollzugsanstalt. Was seinen Mandanten betrifft, forderte er ein klinische Aufarbeitung dessen, was dieser in seinem jungen Leben schon angerichtet hat. So ist er laut Gericht durch Aufsässigkeit und Schlägereien in seiner derzeitigen Haft immer wieder aufgefallen, sodass er in eine Sicherheitsabteilung verlegt werden musste.
Der Kupferspezialist Wieland übernimmt die Geschäftseinheit Flachwalzprodukte der Firma Aurubis, einer Kupferhütte mit Sitz in Hamburg. Wie das Ulmer Unternehmen bekannt gab, haben beide Unternehmen eine verbindliche Erklärung unterzeichnet. Nach Abschluss der Kaufvertragsverhandlungen in den nächsten Wochen unterliegt die beabsichtigte Transaktion noch der Zustimmung mehrerer Kartellbehörden. „Durch die Integration der Geschäftseinheit Flachwalzprodukte der Aurubis AG kann die Wieland Gruppe die zunehmend globaleren Kundenanforderungen nach hochwertigen Lösungen für Kupfer und Kupferlegierungen noch besser erfüllen. Mit Versorgungssicherheit und kurzen Lieferzeiten weltweit, in Verbindung mit herausragender technischer Expertise, Top-Qualität und erstklassigem Service unterstützen wir den Erfolg unserer Kunden. Dies ist das zentrale Ziel dieser Transaktion“, sagt Erwin Mayr, Chef der Wieland Gruppe. Die Geschäftseinheit Flachwalzprodukte von Aurubis mit Produktionsstätten in den USA, den Niederlanden, Finnland und Deutschland sowie Service- und Vertriebsniederlassungen in Europa und Asien erzielte im Geschäftsjahr 2016/17 einen Umsatz von 1,5 Milliarden Euro (inklusive des 50 prozentigen Anteils der Schwermetall Halbzeugwerk Gmbh & Co KG) und beschäftigte rund 1900 Mitarbeiter. „Wieland wäre mit seiner rund 200-jährigen Firmengeschichte, einer nachhaltigen Eigentümerstruktur und den gelebten Werten sowie hohen Kernkompetenzen im Bereich der Halbzeuge ein idealer Partner für die Übernahme und nachhaltige Integration des Walzgeschäfts von Aurubis und seiner Mitarbeiter“, sagt Jürgen Schachler, der Boss bei Aurubis. (az) Ein Vortrag plus Autorenlesung aus dem Buch „Schlaglicht“findet am Donnerstag, 15. Februar, um 18.30 Uhr im Forum der Volksbank Ulm-Biberach, Olgaplatz 1, in Ulm statt. Autor Reiner Engelmann beschäftigt sich mit dem vielschichtigen Thema Kinderarbeit. In Sachen Kakao etwa, der den Rohstoff für Schokolade bildet. Oft kommen auf den Plantagen Kinder zum Einsatz. Zudem beleuchtet Engelmann die Situation in Indien: Dort arbeiten Hunderttausende Kinder in Steinbrüchen – viele unter Schuldknechtschaft. Zehntausende Kinder werden zudem in verschiedenen afrikanischen Staaten als Kindersoldaten rekrutiert. Durch ihre Einsätze als Kindersoldaten werden sie traumatisiert, haben kaum noch Chancen, ein normales Leben zu führen. Der Eintritt ist frei. (az)