Am 14. Februar 2017 stellte Yücel sich den Behörden
Recep Tayyip Erdogan, gesucht. Zudem wird ihm vorgeworfen, mit einem Interview mit Cemil Bayik, einem Anführer der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK), die Propaganda einer Terrororganisation verbreitet zu haben.
Versuche deutscher und türkischer Stellen, den Fall diskret zu lösen, scheiterten. Deshalb stellte sich Yücel schließlich am 14. Februar den türkischen Behörden, kam zunächst in Polizeigewahrsam und schließlich in Untersuchungshaft. Eine Anklageschrift gegen den 44-Jährigen gibt es bis heute nicht, wohl aber eine Vorverurteilung von höchster Stelle: Yücel habe sich als „PKK-Repräsentant“und als „deutscher Agent“in der Sommerresidenz versteckt, sagte Erdogan. Kanzlerin Angela Merkel habe ihn um Freilassung des Reporters gebeten, doch er habe auf die Unabhängigkeit der Justiz verwiesen, betonte der Staatschef. Wenig später fügte Erdogan hinzu, solange er im Amt sei, werde Yücel nicht nach Deutschland heimkehren. Damit die Tür zu Yücels Zelle fest verschlossen. Weil der Reporter neben dem deutschen auch einen türkischen Pass hat, liegt sein Fall anders als der des Berliner Menschenrechtlers Peter Steudtner, der im vorigen Sommer wegen angeblicher staatsfeindlicher Umtriebe in Haft kam, beim ersten Gerichtstermin im Oktober aber freigelassen wurde. Yücel wurde dagegen wie ein Schwerverbrecher in Einzelhaft gehalten.
Aus Sicht der türkischen Regierung passt Yücel in das Muster staatsfeindlicher Aktivisten. Erdogan nennt unbotmäßige Journalisten die „Gärtner“des Terrorismus, die mit ihren Artikeln kurdische Gewalttäter oder die angeblichen Putschisten aus der Bewegung des Predigers Fethullah Gülen anstiften. Rund 150 Journalisten sitzen in der Türkei in Haft, mehr als in jedem anderen Land der Welt.
Laut Yücels eigenen Berichten aus Silivri und nach Einschätzung von Besuchern geht es dem Reporter im Gefängnis dennoch einigermaßen gut. Seit einigen Monaten ist er nicht mehr abgeschottet, sondern darf sich tagsüber auf dem Hof vor seiner Zelle mit dem türkischen Journalisten Oguz Usluer, dem ehemaligen Nachrichtenchef des Fernsehsenders Habertürk treffen. Yücel verbringt seine Tage mit Lesen – er hat elf türkische Tageszeitungen abonniert – und Schreiben. Er hat einen Fernseher und kann sich im Gefängnisladen Stifte und Papier kaufen. Seine Frau Dilek darf Yücel aber nur einmal pro Woche sehen – und zwar unter Beobachtung von Vollzugsbeamten. Dass es Yücel zumindest gesundheitlich gut geht, ist in der Haftanstalt Silivri keine Selbstverständlichkeit. Krankheiten sind keine Seltenheit.
Für Yücel keimte im Zuge der deutsch-türkischen Wiederannäherungsversuche der vergangenen Monate neue Hoffnung auf. Die Außenminister Mevlüt Cavusoglu und Sigmar Gabriel sprachen häufig und lange über die diversen Streitpunkte in den Beziehungen. Als Cavusoglu betonte, er sei nicht erfreut über das Ausbleiben einer Anklageschrift gewar gen Yücel, ließ das Beobachter aufhorchen: Auch Steudtners Freilassung war sachte Kritik von Cavusoglu an der Justiz vorausgegangen. Gabriel deutete unterdessen einen denkbaren Zusammenhang zwischen einer Genehmigung für deutsche Rüstungslieferungen an die Türkei und Yücels Freilassung an. Auch wenn solche Überlegungen vielfach – unter anderem von Yücel selbst – kritisiert wurden, entstand doch der Eindruck, dass die Dinge in Bewegung gekommen seien.
Nun richten sich alle Hoffnungen von Yücel und anderen Inhaftierten auf den Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg. Als Oberaufseher fällt den Straßburger Richtern die Aufgabe zu, Grundsatzurteile für den Umgang der Türkei mit gewaltfreien Kritikern zu fällen.
Zumindest theoretisch muss sich die Türkei als Mitglied des Europarates den Urteilen aus Straßburg beugen. Der Gerichtshof will bis zum Sommer über den Fall Yücel entscheiden. Der niederländische Außenminister Halbe Zijlstra ist wegen einer Lüge zu einem angeblichen Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zurückgetreten. Der Minister hatte einräumen müssen, dass er anders als behauptet nicht an einem Treffen mit Putin in dessen Datscha im Jahr 2006 teilgenommen hatte. Zijlstra ist Mitglied der rechtsliberalen Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) und war ehemals für den Ölriesen Shell tätig. Nach seinem Rücktritt muss sich Regierungschef Mark Rutte nun einem Misstrauensvotum im Parlament stellen. Die Abstimmung wurde von dem rechtspopulistischen Politiker Geert Wilders erwirkt, die Beratungen darüber begannen bereits gestern Abend. Südafrikas Präsident Jacob Zuma widersetzt sich offenbar erbittert der Entmachtung durch die eigene Partei. Der Vorsitzende der Regierungspartei habe Zuma in der Nacht zu Dienstag persönlich die Aufforderung der Parteigremien zum Rücktritt überbracht, berichteten südafrikanische Medien unter Berufung auf Partei-Kreise. Der von zahlreichen Korruptionsskandalen belastete Präsident habe aber klargemacht, dass er der Aufforderung nicht Folge leisten werde. Zuma sei „sehr arrogant gewesen“, sagte ein namentlich nicht genanntes Mitglied der Parteiführung der Zeitung Mail and Guardian. Zuma habe klargemacht, dass er nicht weichen wolle, weil er nichts Falsches gemacht habe.