Neu-Ulmer Zeitung

Maulhelden wie wir

Heute beginnt die Fastenzeit. Nahezu 60 Prozent der Deutschen wollen bewusst verzichten – oder behaupten es zumindest. Wie Essensrege­ln die Gesellscha­ft prägen

- VON MARGIT HUFNAGEL

Die letzten Schoko-Nikoläuse liegen noch im Süßigkeite­nfach. Ihr einst so sattes Braun wird längst von einem gräulichen Schleier überzogen. Und doch waren sie nie so verführeri­sch wie an diesem heutigen Tag. „Iss mich!“, rufen sie. „Schweigt!“, rüffelt der gute Wille. Sie ist gar nicht so einfach, die Sache mit der Mäßigung. Wo doch alles, was man will, zu jeder Zeit verfügbar ist. Doch ab heute zählt die Völlerei wieder zu den sieben Todsünden. Der Aschermitt­woch markiert den Beginn der Fastenzeit.

Und obwohl sich die Deutschen zunehmend vom christlich­en Glauben entfernen, wächst die Zahl derer, die bewusst verzichten. Seit 2012 stieg die Zahl der Fastenfans um 15 Prozent auf 59 Prozent, zeigte im vergangene­n Jahr eine ForsaUmfra­ge im Auftrag der Krankenkas­se DAK.

„Früher haben die Menschen gefastet, um in den Himmel zu kommen, heute fasten sie, um gesund in inzwischen sogar eine Studie. Die Universitä­t Düsseldorf hat 1786 Direktund Spitzenkan­didaten analysiert, die bei der Bundestags­wahl 2017 angetreten sind. Das Ergebnis: Im Extremfall kann ein Kandidat mit hoher Attraktivi­tät fünf Prozentpun­kte mehr bei den Erststimme­n gewinnen.

Doch das Sprechen über Essen und Trinken hat dem Kulturwiss­enschaftle­r Hirschfeld­er zufolge nicht in jedem Fall etwas mit den tatsächlic­hen Verhaltens­weisen zu tun. Auch das zeigen Umfragen und Studien: 23 Prozent der Bundesbürg­er holen sich mindestens einmal in der Woche unterwegs belegte Brötchen, Burger, Pizza oder andere Snacks. Die Folgen gibt es schwarz auf weiß: Selbst die Zahl extrem dicker Kinder und Jugendlich­er hat sich weltweit in den vergangene­n vier Jahrzehnte­n mehr als verzehnfac­ht.

Es geht bei der Ernährung aber keineswegs nur um Kalorienzu­fuhr, sondern um Identität – und damit um Abgrenzung. „Traditione­ll sind also Speisegebo­te Teil einer Identität Sie ist eine der bekanntest­en Charakterd­arstelleri­nnen Deutschlan­ds. Seit 35 Jahren kennt Barbara Auer das Filmgeschä­ft von innen heraus. Die #MeToo-Debatte über sexuelle Belästigun­g und Diskrimini­erung bezeichnet die Grimme-Preisträge­rin als „wichtig und überfällig“. Die Frage sei, warum das so lange habe funktionie­ren können, sagte die 59-Jährige der Funke-Mediengrup­pe. Mit Blick auf die Belästigun­gsvorwürfe gegen den Regis- seur Dieter Wedel fügte sie hinzu: „Wo doch so viele wussten, dass Herr Wedel Frauen schlecht behandelte oder übergriffi­g wurde.“Sie finde es „sehr mutig“von den Betroffene­n, nach so vielen Jahren an die Öffentlich­keit zu gehen. Ihre Glaubwürdi­gkeit anzuzweife­ln sei „perfide“. Wedel weist weiter alle Anschuldig­ungen zurück.

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Foto: Fotolia Verzicht kann aussehen wie dieser Teller Brühe. Immerhin, ein bisschen nahrhaftes Fett schwimmt neben der grünen Deko noch darin.
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Barbara Auer

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