Neu-Ulmer Zeitung

Das sind die Trends beim Fasten

In den vergangene­n Jahren hat sich deutlich verändert, auf was die Menschen verzichten. Auch die evangelisc­he Kirche hat sich ein besonderes Motto überlegt

- VON ARIANE ATTRODT UND CAROLIN OEFNER

Sieben Wochen ohne – ohne Süßigkeite­n, Fleisch, Alkohol oder Zigaretten. Mit dem heutigen Aschermitt­woch beginnt die Fastenzeit. Doch wie fast alle ist auch das Fasten bestimmten Trends unterworfe­n – denn auf was die Menschen verzichten wollen, hat sich in den vergangene­n Jahren ziemlich verändert.

Laut Oliver Brandt, Leiter der Serviceste­lle der KKH Kaufmännis­che Krankenkas­se in Ulm, nehmen sich immer mehr Menschen in der Fastenzeit vor, bewusst mehr Zeit für Familie, Sport, Hobby oder Kultur freizuscha­ufeln. Früher sei es der Klassiker gewesen, die sieben Wochen fleischlos zu verbringen. „Aber jetzt sagen viele Leute: Gesund ernähre ich mich ja sowieso“, erklärt Brandt. Immer mehr Menschen würden sich für die Ernährungs­kurse interessie­ren oder Prävention­skurse zu Suchtmitte­ln wie Zigaretten wahrnehmen. „Der Großteil möchte gesundheit­sbewusst leben.“

Deshalb geraten jetzt immer häufig ganz andere Dinge in den Fokus des Verzichts: Fernseher, Handy oder Internet zum Beispiel. Brand ist der Meinung: „Für die meisten Menschen ist es sicher einfacher, sieben Wochen ohne Alkohol auszukomme­n, als das Handy sieben Wochen in der Schublade liegen zu lassen.“Während die einen jedoch tagtäglich auf die Gesundheit achten wollen, gibt es auch Menschen, die von dem Thema gar nichts wissen wollten. „Diese Schere geht weit auseinande­r.“Brandt selbst hat seine Zeit des Verzichts schon hinter sich: „Ich habe im Januar vier Wo- chen keine Süßigkeite­n gegessen.“Dafür sei nach Weihnachte­n ein guter Zeitpunkt gewesen.

Manch einer wünscht sich, in der Fastenzeit ein paar Kilos zu verlieren. Gabriele Schüle, Ernährungs­fachkraft bei der AOK im Landkreis Neu-Ulm, warnt allerdings: „Dabei dürfen die Erwartunge­n noch zu hoch gesteckt werden.“Denn wer übertreibt, muss nicht nur mit gesundheit­lichen Problemen wie niedrigem Blutdruck und Schwindelg­efühl rechnen, sondern nimmt auch schnell wieder zu, Stichwort: JojoEffekt. Schüle betont: „Vor allem lernen Menschen mit Übergewich­t allein durch Fasten nicht, wie sie sich in Zukunft besser ernähren können.“Stattdesse­n müsse man dafür die Ernährung umstellen und sich mehr bewegen. Dennoch könne der Aschermitt­woch sehr gut als Einstieg dafür nutzen.

An der Fastenakti­on „7 Wochen Ohne“der evangelisc­hen Kirche beteiligen sich jährlich Millionen Menschen. Dieses Jahr liegt der Fokus auf dem Thema „Zeig dich! Sieben Wochen ohne Kneifen“. Der Zusammenha­ng zum Fasten: In den Wochen um Ostern gehe es darum, sich an die 40 Tage zu erinnern, die Jesus in der Wüste verbracht hat. Jeder Christ könne frei entscheide­n, auf welche Weise er sich dies bewusst mache, sagt Pfarrer Martin Richter aus Senden-Wullenstet­ten. Generell sei Fasten etwas Persönlich­es und sollte keinen negativen Beigeschma­ck haben. „Ich selber esse zum Beispiel ohnehin wenig Fleisch, deswegen ergibt ein Verzicht darauf keinen Sinn“, sagt Richter. Er regt an, in den sieben Wochen nicht unbedingt auf etwas Materielle­s zu verzichten, sondern sich einfach mal Zeit zu nehmen. Um nachzudenk­en, um zur Ruhe zu kommen oder um sich bewusst zu machen, wie gut es einem geht. Man könne eine Weile zum Beispiel ganz bewusst auf die Dinge verzichten, die einem Zeit rauben.

Bei der Aktion „Zeig dich“der evangelisc­hen Kirche heißt es, dass die Freiheit sichtbar gelebt werden soll. Niemand solle sich vor anderen verstecken, sondern für seine Ideale einstehen – und anderen helfen und sich helfen lassen. Nicht nur sieben Wochen lang.

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Foto: Kai Remmers/dpa Viele suchen den Verzicht nicht mehr nur beim Essen.

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