Merkels Stern sinkt – und das Rumoren in der CDU beginnt
Nach der Preisgabe des Finanzministeriums bricht sich der Frust über den Kurs der Kanzlerin Bahn. Wofür steht die Partei eigentlich noch?
Als Angela Merkel noch im Zenit ihrer Macht stand, lag die CDU der Kanzlerin zu Füßen. In lebhafter Erinnerung bleibt der Karlsruher Parteitag im Dezember 2015, der die Rede Merkels mit einem zehnminütigen Ovationssturm quittierte und jede Kritik an der Politik der offenen Grenzen als Majestätsbeleidigung abtat. Oder: Die CDU nahm ergeben hin, dass Merkel nach der Niederlage vom 24. September eine Debatte über die Ursachen des Niedergangs im „Weiter so“-Bastastil blockiert hat. Nun, da Merkels Stern nach über zwölf Jahren im Amt zu sinken beginnt und die mächtigste Frau Europas in den Wirren der Regierungsbildung an Führungsautorität eingebüßt hat, bricht sich der angestaute Frust Bahn. Die Kritiker kommen aus der Deckung. So geht das in der Politik. In dem Augenblick, in dem die Führungsfigur erste Anzeichen von Schwäche verrät und keine Garantie mehr zu bieten scheint für die langfristige Sicherung der Macht, beginnt das Rumoren. Und meist bedarf es eines konkreten, symbolträchtigen Anlasses, der das längst schwelende Feuerchen richtig entfacht. In diesem Fall war es die Preisgabe des Bundesfinanzministeriums an die SPD.
Merkel hat das Schlüsselressort aus der Hand gegeben, weil sie diese Koalition unbedingt will und Schwarz-Rot der sicherste Weg zum Verbleib im Kanzleramt ist. Wer es gut meint mit Merkel, redet von der Wahrnahme staatspolitischer Verantwortung. Wer Merkels Kompromissbereitschaft für mangelnde Prinzipientreue hält – und das ist ja der Kern der Kritik an ihr – sieht im Verzicht auf das Finanzministerium einen letzten Beweis dafür, dass es der Kanzlerin vor allem um ihre Machtsicherung geht. Wer noch etwas werden will in der CDU, ruft nach einer „inhaltlichen und personellen Erneuerung“der Partei. Wer einst von Merkel abserviert wurde und nichts mehr zu verlieren hat, greift nicht zum Florett, sondern zum Säbel. Merz, Koch, Rühe, Röttgen, Bosbach: Lang ist die Liste früherer CDU-Granden, die auf den zutreffenden Begriff bringen, was die jungen Spahns, Linnemanns oder Ziemiaks noch nicht auszusprechen wagen. Die Kanzlerin habe die CDU inhaltlich entleert, den Platz rechts von der Union der AfD überlassen, das konservative und wirtschaftsliberale Profil vernachlässigt. Richtig daran ist, dass die Kanzlerin zahlreiche klassische Positionen der Union geräumt hat und nicht mehr klar ist, wofür die Partei eigentlich noch steht und kämpft. Wahr ist aber auch, dass die CDU ohne den Merkel’schen Modernisierungskurs und die Besetzung der breiten politischen Mitte heute noch schlechter dastünde und die Partei alles gehorsam mitgetragen hat – auch die Flüchtlingspolitik, die Hauptursache für den Vertrauensverlust von Millionen Wählern und den Aufstieg der rechten Konkurrenz. Merkel war eben die Frau, die die Macht sicherte – und das ist es, was in einer pragmatischen Partei wie der CDU vor allem zählt.
Jetzt gärt und brodelt es in der CDU. Und wer weiß: Vielleicht hat die „Göttinnen-Dämmerung“(Andrea Nahles) tatsächlich schon begonnen. Mit einem Aufstand oder gar einem baldigen Sturz der Kanzlerin ist jedoch nicht zu rechnen. Die gewiefte Machtpolitikerin hält kämpferisch dagegen. Sie will, GroKo oder Neuwahl hin oder her, weiterregieren. Ob sie es bis 2021 darf, das allerdings hängt von ihrer Bereitschaft ab, die Kritik aufzugreifen, frische Kräfte und Nachfolge-Kandidaten in Stellung zu bringen und den Markenkern der Union auf den zentralen Feldern der Zuwanderungs-, Europa- und Wirtschaftspolitik wieder aufzupolieren. Ignoriert sie die Zeichen an der Wand, könnte die Ära Merkel auch abrupt zu Ende gehen. Zu „Ist Gabriel noch zu halten?“(Politik) vom 13. Februar: Warum schießt die SPD ihre eigenen Protagonisten immer wieder ab? Wie die Geschichte zeigt, war die SPD ursprünglich eine klassische Arbeiterpartei mit dem Ziel einer klassenlosen Gesellschaft. Den Arbeiter im klassischen Sinn gibt es kaum noch, schon der gut verdienende Facharbeiter zählt zur Mittelschicht, und die klassenlose Gesellschaft ist nicht realisierbar, auch mit Gewalt nicht, wie die jüngere Geschichte gezeigt hat. Warum? Dem Menschen liegt ein Drang nach Höherem inne. Manche folgen dem und schaffen es, in der gesellschaftlichen Hierarchie nach oben zu klettern, andere nicht, warum auch immer. So ist das auch in der SPD. Gewinnt sie Wahlen oder ist zumindest an einer Koalition beteiligt, so stellt sie Minister. Der Basis wird dann allmählich bewusst, dass ihre Vertreter ja jetzt zu den Bonzen gehören. Das aber darf doch eigentlich nicht sein. Also werden sie demontiert. Dass dieser Bewusstseinsbruch aber auch mitten durch die Protagonisten selbst gehen muss, zeigt die Selbstdemontage der Vertreter der SPD bei den GroKo-Verhandlungen, obwohl sie das Bestmögliche für ihre Partei herausgeholt hatten. Gelingt es der SPD nicht, dieses Dilemma zu lösen, sich auf ein realistisches Menschenbild zu verständigen, wird sie als Volkspartei auf Dauer verschwinden. Diedorf Ebenfalls dazu: Wer glaubt, dass sein humorvoll gemeintes Zitat über seine Tochter der Grund sein wird, dass er nicht zu halten sei, der ist m. E. auf dem Holzweg. Hier geht es nur darum, dass er und Andrea Nahles sich nicht grün sind und es ihr in den Kram passt, ihn loszuwerden. Dabei spielt offenbar keine Rolle, dass die SPD keinen besseren Außenminister und Vizekanzler aufbieten kann. Aber das ist in dem Machtpoker egal, und der Kanzlerin ist es sowieso egal, wer unter ihr diese Ämter ausfüllt. Es wird leider nach all dem Hin und Her nur einen Gewinner in zukünftigen Wahlen geben – und das ist die AfD.
Unterdießen Zu „Bayern wollen Seehofer in Rente schicken“(Seite 1) vom 13. Februar: Zwei Drittel der Bayern wollen also, dass Horst Seehofer in Zukunft nur noch mit seiner Eisenbahn spielt statt mit ihrer Geduld. Das wird aber nichts nutzen. Die CSU schaut dem Volk nur dann aufs Maul, wenn es ihr in den Kram passt. Zwischen den Wahlen ist unsere Meinung für die CSU-Oberen so interessant wie Synchronschwimmen im Radio. Aber was soll’s? Schließlich ist CSU-Wählen eine bayerische Tradition, und Traditionen pflegt man auch dann, wenn man deren Sinn schon lange vergessen hat.
Untermeitingen Zu „Unbegleitete Flüchtlinge: Hohe Kos ten für den Staat“(Politik) vom 12. Fe bruar: Ein unbegleiteter Flüchtling kostet den Staat ca. 50 000 € im Jahr. Eine unvorstellbare Summe für „einen“. Mich würde interessieren, wie sich diese Summe aus unseren Steuergeldern zusammensetzt. Wir reden von ca. 4000 € pro Monat. Wie viele Familien können monatlich über solch einen Betrag verfügen? Selbst bei einem guten Einkommen. Jeden Tag kann man lesen, dass die Armut in Deutschland immer größere Kreise zieht, aber das trifft ja „nur“unsere Bürger. Es ist schon traurig, dass man am eigenen Volk jeden Cent dreimal bzw. überhaupt nicht umdreht, für den „Rest der Welt“spielt Geld jedoch keine Rolle. Nördlingen Zu „Liqui Moly zahlt 11 000 Euro Prä mie“(Wirtschaft) vom 14. Februar: Respekt, Herr Prost: Sie wissen, wer für den Umsatzzuwachs in Ihrem Unternehmen zuständig ist und lassen die Angestellten daran teilhaben! Zusmarshausen