Nordische Pracht
Das Einar Stray Orchestra spielt im Roxy schwelgerischen Pop zwischen Pathos und Verträumtheit. Dabei vergisst man fast, dass die Norweger auch etwas zu sagen haben
Im Orchestergraben stimmen sich die Instrumente ein: die Violinen, die Celli, die Flöten, Klarinetten und Trompeten. Das Konzertsaal-Intro kommt beim Auftritt des Einar Stray Orchestras im Roxy aus der Konserve, doch eigentlich bräuchte es diesen bürgerlichen Spaß gar nicht. Denn das mit dem „Orchester“ist schon richtig: Die Songs der Norweger sind so komplex und üppig arrangiert, dass sie mit einem Bein in der E-Musik stehen – und mit dem anderen in der langen Tradition gesellschaftskritischer Popmusik. Ein Spagat, den das Quintett vor 120 Zuhörern im Roxy hinreißend meistert.
Kopf und Herz der Band aus Oslo, die beim Berliner Label Sinnbus veröffentlicht, ist der 1990 geborene Einar Stray, der schon als Teenager als Indie-Wunderkind galt. Vor allem ist er ein Künstler, der andere Einflüsse aufsaugt und zu etwas Neuem vereint. Vieles hat in Strays Musik Spuren hinterlassen: das engagierte Pathos der Indie-Stadionrocker Arcade Fire, die melancholische Verspieltheit von FolkQuerdenker Sufjan Stevens, aber auch Filmmusik und der zarte Im- pressionismus des französischen Klassikers Erik Satie. Dazu kommt eine spezielle nordische Verträumtheit, wie man sie beispielsweise bei den isländischen Kunstrockern Sigur Rós antrifft.
Diese Mischung ist nicht gerade eine Treibladung in Richtung Charts. Aber damit hat die Band – in der Besetzung Piano, Violine, Cello, Bass, Schlagzeug – offenbar kein Problem: Gleich zum Start spielt sie ein rund zehnminütiges Instrumental, das einmal quer durch die Emotionen steuert, von leichten PianoTupfern bis hin zu Post-Rock-Ausbrüchen. Das Einar Stray Orchestra traut sich etwas. Und man folgt ihnen dabei gern: besonders dem Bandleader mit der runden NerdBrille, der am Piano sitzt und seine Songs mit ruhigem Erzähl-Bariton vorträgt; der Cellistin Ofelia Østrem Ossum mit Paillettenkleid und gestreiften Neon-Stulpen, die vor sich auf dem Boden eine Effektbatterie wie ein Noise-Rock-Gitarrist hat; oder auch Drummer Lars Fremmerlid, der seinem Instrument ohne große Gefühlsregung ziemlich komplizierte Grooves entlockt.
Man könnte einfach nur überwältigt sein von der Klangfülle, die diese Band zu kreieren im Stande ist, von den unerwarteten Kurven, die die Songs immer wieder nehmen – wenn da nicht noch die textliche Ebene wäre. Denn Stray ist ein Zweifler, der von digitaler Entfremdung, egoistischer Konsumwut, Politik und falsch verstandener Religion singt. Themen, die kaum eine andere Band in so große schwelgerische Pop-Songs übersetzen würde, und nur wenige in so gewitzte Zeilen wie „As Far As I’m Concerned I Am Concerned“(„Soweit es mich betrifft bin ich betroffen“). Doch es geht auch ganz klein: Bei „For The Country“treten alle fünf Musiker an den Bühnenrand und singen a cappella und Mikrofon vom Abschied eines Soldaten in einen sinnlosen Krieg. Ein Protestsong wie aus den 1960er-Jahren – selbst das kann diese außergewöhnliche Band. Die Band Buffzack aus München ist am Mittwoch, 21. Februar, in der Podium-Bar des Theaters Ulm zu Gast. Die vier Musiker Andreas Unterreiner (Trompete/Flügelhorn), Lukas Jochner (Posaune), Florian Mayrhofer (Tuba) und Sebastian Wolfgruber (Schlagzeug) spielen Kompositionen, in denen Jazz genauso ein fester Bestandteil ist wie Hip-Hop, wo sich MetalRiffs und alpenländische Klänge gegenüber stehen, verbunden durch den gemeinsamen Groove als Basis für Improvisation und Interaktion. Beginn ist um 19.30 Uhr. (az) O
Karten gibt es an der Theaterkasse, Telefon 0731/1614444, im Service Center Neue Mitte, unter thea ter.ulm.de oder an der Abendkasse. Neues Format in der Theaterei: Bei der ersten Sonntagsmatinee am Sonntag, 18. Februar, singt der renommierte Konzertpianist Jochen Ferber in seinem Liederprogramm „Morgen wird heute gestern sein“vom Lebensglück und anderen Herausforderungen. Beginn ist um 11 Uhr. (az)