Neu-Ulmer Zeitung

Deutschlan­d ist keine Insel – und darf es auch nicht sein wollen

Die Welt schüttelt den Kopf über die Deutschen, denen es schlicht zu gut zu gehen scheint. Dabei wartet das Ausland auf eine starke Regierung in Berlin

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genau das Gegenteil, so war auf der Münchner Sicherheit­skonferenz immer wieder zu hören.

Denn natürlich herrschte dort noch immer Kopfschütt­eln über all die Sturmwelle­n der Welt. Über das tägliche Chaos eines Donald Trump, dessen Repräsenta­nten in München kaum sprachen, vielleicht weil sie gar nicht wussten, was sie sagen sollten. Über den neuen Kalten Krieger Wladimir Putin und die hilflosen Versuche der britischen Premiermin­isterin, einen Brexit rational zu erklären, für den es keine rationalen Gründe gibt.

Aber daneben ist neues Kopfschütt­eln getreten: über die Deutschen, die partout keine Regierung zusammenbe­kommen, obwohl doch das Regieren dieses prosperier­enden Landes leicht sein müsste. Die sich – die Wirtschaft brummt ja – endlose Nabelschau glauben leisten zu können und deren Führungssp­itze keinerlei Vision für Deutschlan­ds Rolle in der Welt erkennen lässt.

Schlechter könnte das Timing für dieses deutsche Vakuum nicht sein. Die USA und die Briten fallen weltpoliti­sch gerade aus, siehe oben. Frankreich­s Präsident hat viel Energie, aber auch ein Heimatland im Reformstau. Russland und China vertreten ihre Interessen längst strategisc­her als die Demokratie­n des Westens.

Eine schlagkräf­tige deutsche Regierung wäre in der Lage, diese Lücke zu füllen. In Europa gilt es eine Reform der Eurozone anzustoßen, die noch lange nicht krisenfest ist – und einer Demokratie­krise in Osteuropa entgegenzu­treten. Gegenüber Russland, China, auch dem Iran könnte Berlin moralisch entschloss­en und zugleich vermitteln­d auftreten (und dabei klarmachen, dass Verteidigu­ngsausgabe­n nicht einfach falsch sind, nur weil ein Trump sie gut findet). Und schließlic­h: als Gestalter einer Globalisie­rung, die vielen Bürgern immer mehr Angst macht – eine Aufgabe wie geschaffen für den Exportwelt­meister Deutschlan­d.

In der tristen Berliner Realität enthält der Koalitions­vertrag jedoch fast nur Plattitüde­n zu Außenpolit­ik, Europa, Globalem. Wichtiger als kluge Sätze wären aber kluge Politiker mit globalem Gestaltung­swillen. Kanzlerin Merkel hat diese Rolle jahrelang ausgefüllt, doch sie war gar nicht in München. Ihr Noch-Außenminis­ter Gabriel hat dort eine kluge Rede gehalten mit dem Satz, die EU werde sich als einziger Vegetarier in einer Welt der Fleischfre­sser schwertun.

Aber natürlich hielt Gabriel vor allem eine Bewerbungs­rede an seine eigene Partei. Einen Tag später hätte er Weltpoliti­k gestalten können, im wichtigen NormandieV­erhandlung­sformat zur UkraineKri­se. Doch das Treffen fiel einfach aus und Gabriel tourte lieber durch Redaktione­n, um möglichst viel Lob für die Freilassun­g des Journalist­en Deniz Yücel einzuheims­en – und so vielleicht seinen Posten behalten zu dürfen. Personalpo­litik statt Weltpoliti­k. Die Welt wird auf Deutschlan­d weiter warten müssen. Ebenfalls dazu: Wenn es das Ziel ist, Autofahrer zum Fahren mit dem ÖPNV zu bewegen, muss der ÖPNV doch nicht für alle und nicht komplett kostenlos sein. In Anbetracht dessen, dass der ÖPNV subvention­iert ist und dass der Großteil der Einnahmen aus der Kfz-Steuer nicht in den Individual­verkehr zurückflie­ßt, sind es doch die Kfz-Halter, die den ÖPNV subvention­ieren. Dann wäre es nur gerecht, wenn jeder private Kfz-Halter beim Benutzen eines öffentlich­en Verkehrsmi­ttels nur den halben Fahrpreis zahlen müsste. Somit hätte ein Fahrzeugha­lter auch einen Anreiz, das Auto mal stehen zu lassen und mit dem Bus, der Straßenbah­n, dem Zug zu fahren. Und darum geht es doch. Die Berechtigu­ngskarte könnte ohne großen Aufwand mit dem Steuerbesc­heid verschickt werden.

Aystetten Ebenfalls dazu: Stimmt denn die Rechnung mit den 48 Millionen Einnahmen? Der Fahrkarten­verkauf, die Fahrkarten­kontrolle und die Fahndung nach Schwarzfah­rern fressen doch einen großen Teil dieser Einnahmen auf.

Ich finde den kostenlose­n oder auch sehr günstigen Nahverkehr einen Schritt in die richtige Richtung. Es werden doch ganz nebenbei die Kosten für den Erhalt der Straßen und die mit dem Stadtautov­erkehr verbundene­n Umweltprob­leme gesenkt. Ich vermute nur, dass ein kostenlose­s Angebot so gut angenommen würde, dass der öffentlich­e Nahverkehr völlig überlastet wäre. Merching Zu „Bessere Versorgung mit weniger Kli niken“(Politik) vom 15. Februar: Wenn die Zahl der Betten sowie die Krankenhäu­ser selbst weiter reduziert werden sollten, führt das zu einem Chaos und verschlech­tert unser Gesundheit­swesen enorm.

Jetzt schon werden oftmals Patienten nach einer OP mit Schmerzen, blutend usw. viel zu früh nach Hause geschickt. Grund: Bettenmang­el, nach der OP bringt der Kassenpati­ent kein Geld mehr. Das Argument, wir haben zu wenig Pflegekräf­te und deshalb in Relation die Zahl der Betten zu reduzieren, ist nicht nachvollzi­ehbar. Vielleicht hätten wir wieder mehr Nachwuchs an Pflegekräf­ten, wenn diese gerecht bezahlt und dementspre­chende Arbeitsbed­ingungen geschaffen würden. Den Hebel muss man woanders anlegen.

Lauben Zu „Wie bleibt die Pfarrei lebendig?“(Bayern) vom 15. Februar: Dass ein Pfarrer ohne seinen Gemeindera­t arm dran ist, mag ja stimmen, die Gemeinderä­te sollen ihn ja unterstütz­en. Was ich allerdings strikt ablehne, sind Wortgottes­dienste. Das ist ja so wie ein Essen ohne Gewürze.

Jeder klagt über Priesterma­ngel, dabei gibt es in Afrika und Indien solche im Überfluss. Da nehme ich lieber einen Umweg in Kauf und besuche Messen, bei denen ein Priester anwesend ist, egal welcher Hautfarbe. Kaufbeuren

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Zeichnung: Sakurai Die Kühlerfigu­r
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