Augsburg hat das Nachsehen
Der FCA findet im schwäbischen Derby gegen die Stuttgarter keine Mittel. Die Fans ärgern sich über den Videobeweis, Trainer Baum über Schiedsrichterentscheidungen
Wenn sich in der jüngeren Vergangenheit die Fußball-Profis des FC Augsburg und des VfB Stuttgart gegenüberstanden, ließ sich der Ausgang der Begegnung erahnen. Wer auf Augsburg als Sieger setzte, lag meist richtig. Am Sonntagnachmittag allerdings verhielt es sich anders, 0:1 (0:1) unterlag Augsburg vor 30 007 Zuschauern in der nahezu ausverkauften WWK-Arena. Während der Abstand des FCA zu den internationalen Startplätzen auf fünf Punkte anwuchs, verschaffte sich Stuttgart Luft im Abstiegskampf.
Augsburgs Trainer Manuel Baum wirkte sichtlich enttäuscht, als er im Nachgang die Partie bewerten sollte. Ihn ärgerte die aus seiner Sicht verdiente Niederlage, ebenso aber Entscheidungen von Schiedsrichter Tobias Stieler. Die Meinungsverschiedenheiten gipfelten eine Viertelstunde vor Schluss darin, dass Stieler den Trainer auf die Tribüne schickte. Für Baum nicht nachvollziehbar. „Ich finde es schade, dass man nicht normal miteinander reden kann“, sagte Baum. Stieler be- gründete den Platzverweis mit wiederholtem Reklamieren trotz Ermahnens, zudem sei Baums Wortwahl „nicht akzeptabel gewesen“. Das Nachspiel folgt: Stieler fertigt einen Bericht an, der FCA gibt eine Stellungnahme dazu ab und das Sportgericht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) urteilt.
Baums Zwangsversetzung war ein Beispiel dafür, wie wenig an diesem Nachmittag im Sinne des FCA lief. Augsburg suchte vom Anpfiff weg eine spielerische Linie, die es nie finden sollte. Stattdessen entwickelte sich eine hektische Partie, in der sich die Spieler weitestgehend im Mittelfeld beharkten. Die Partie lebte von kernigen Zweikämpfen und Einsatz, weniger von geordnetem Spielaufbau und Ballzirkulation. Die Stuttgarter, in deren defensivem Mittelfeld überraschend Holger Badstuber wirkte, suchten wiederholt ihre wuchtigen Angreifer Mario Gomez und Daniel Ginczek, Augsburgs Pendant Michael Gregoritsch fehlte hingegen deren Durchschlagskraft.
Deutliche Worte fand Augsburgs Abwehrspieler Martin Hinteregger, sprach von der „bisher schlimmsten Niederlage“. „Wir haben uns zu hohen Bällen verleiten lassen, haben wenig riskiert und probiert. Wie wir aufgetreten sind, war einfach nicht gut“, betonte der Österreicher.
Das Siegtor kam dennoch auf glücklichem Wege zustande. Die FCA-Mauer wehrte einen Freistoß des Ex-Augsburgers Erik Thommy ab, der Ball fiel Gomez vor die Füße, der rechts unten zum 0:1 traf (27.). Stuttgart wollte schnell einen zweiten Treffer folgen lassen, FCA-Torwart Marwin Hitz riss bei einem Schuss von Christian Gentner gerade noch die Fäuste hoch (34.). Die Minuten bis zur Pause prägte das Thema dieser Saison: der Videobeweis. Dass der vermeintliche Ausgleich von Michael Gregoritsch aberkannt wurde und dass auf einen Zweikampf zwischen Gomez und Hinteregger kein Strafstoß folgte, war jeweils korrekt. Die stimmgewaltigen Fanlager beider Klubs skandierten dennoch unisono in Richtung der Verbände: „Ihr macht unseren Sport kaputt.“
Nach der Pause blieben die Gäste ein unangenehmer Widerpart, Augsburg erzeugte keinen Druck. Auf diese Stagnation reagierte Baum, indem er Córdova und Jan Moravek aufs Feld beorderte. Dennoch fehlten weiterhin offensive Lösungen, die Stuttgarter lauerten auf einen Konter, der die Partie wohl entschieden hätte. Eben solcher kam in der 65. Minute. Nur der glänzenden Reaktion von Hitz, der Gomez’ zweiten Treffer verhinderte, verdankte der FCA, dass es beim 0:1 blieb. Baums Zwist mit Stieler ordnete sich ein in eine zerfahrene Schlussphase mit Nickligkeiten. CoTrainer Florian Ernst, der fortan die Coaching-Zone vor der FCA-Ersatzbank durchschritt, sah, wie die Stuttgarter in den Schlussminuten einem zweiten Treffer näher waren als die Augsburger ihrem ersten.
Hitz – Framberger (79. Schmid), Danso (58. Córdova), Hintereg ger, Max – R. Khedira, Baier – Heller (58. Moravek), Koo, Caiuby – Gregoritsch
Zieler – Beck, Baumgartl, Pa vard, Insua – Badstuber – Gentner, Ascaci bar (90.+1 Kaminski), Thommy (69. Aogo) – Ginczek (89. B. Özcan), Gomez 0:1 Gomez (27.) 30 007
Tobias Stieler (Hamburg) Julian Nagelsmann war kaum zu beruhigen. Direkt nach dem 1:2 beim FC Schalke 04 lieferte sich der Trainer von 1899 Hoffenheim ein Wortgefecht mit dem Schiedsrichtergespann um Benjamin Brand. Der 30-Jährige fühlte sich vom Linienrichter beleidigt. Was genau vorgefallen war, blieb aber unklar. „Fragen Sie die Schiedsrichter, oder besser den Assistenten! Vielleicht sagt der was dazu, wahrscheinlich aber nicht“, meinte Nagelsmann. Er jedenfalls pflege einen guten Umgangston: „Ich lasse mich nicht so gerne beleidigen, das habe ich ihnen so verklickert.“Die Vorwürfe blieben diffus, weil auch die Unparteiischen nichts zur Aufklärung beitrugen. Offensichtlich richtete sich Nagelsmann Ärger gegen Linienrichter Robert Schröder, der kurz nach dem Wechsel umgeknickt war und mit Verdacht auf einen Bänderriss ausgetauscht wurde. Für ihn sprang der vierte Offizielle, Guido Kleve, ein. Bei allem Ärger über die Referees musste Nagelsmann vor allem mit seinem Team hadern, das in den ersten Minuten förmlich überrannt wurde. „Wir haben das Spiel in den ersten 32 Minuten verloren. Da waren wir sehr schläfrig und nicht gierig genug. Das 2:0 haben wir im Prinzip selbst erzielt“, analysierte Hoffenheims Coach. Der Anschlusstreffer von Andrej Kramaric (78.) fiel zu spät, um dem Spiel noch eine Wendung zu geben.
1:0 Kehrer (11.), 2:0 Embolo (28.), 2:1 Kramaric (78.) 60 741