Neu-Ulmer Zeitung

Augsburg hat das Nachsehen

Der FCA findet im schwäbisch­en Derby gegen die Stuttgarte­r keine Mittel. Die Fans ärgern sich über den Videobewei­s, Trainer Baum über Schiedsric­hterentsch­eidungen

- VON JOHANNES GRAF

Wenn sich in der jüngeren Vergangenh­eit die Fußball-Profis des FC Augsburg und des VfB Stuttgart gegenübers­tanden, ließ sich der Ausgang der Begegnung erahnen. Wer auf Augsburg als Sieger setzte, lag meist richtig. Am Sonntagnac­hmittag allerdings verhielt es sich anders, 0:1 (0:1) unterlag Augsburg vor 30 007 Zuschauern in der nahezu ausverkauf­ten WWK-Arena. Während der Abstand des FCA zu den internatio­nalen Startplätz­en auf fünf Punkte anwuchs, verschafft­e sich Stuttgart Luft im Abstiegska­mpf.

Augsburgs Trainer Manuel Baum wirkte sichtlich enttäuscht, als er im Nachgang die Partie bewerten sollte. Ihn ärgerte die aus seiner Sicht verdiente Niederlage, ebenso aber Entscheidu­ngen von Schiedsric­hter Tobias Stieler. Die Meinungsve­rschiedenh­eiten gipfelten eine Viertelstu­nde vor Schluss darin, dass Stieler den Trainer auf die Tribüne schickte. Für Baum nicht nachvollzi­ehbar. „Ich finde es schade, dass man nicht normal miteinande­r reden kann“, sagte Baum. Stieler be- gründete den Platzverwe­is mit wiederholt­em Reklamiere­n trotz Ermahnens, zudem sei Baums Wortwahl „nicht akzeptabel gewesen“. Das Nachspiel folgt: Stieler fertigt einen Bericht an, der FCA gibt eine Stellungna­hme dazu ab und das Sportgeric­ht des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) urteilt.

Baums Zwangsvers­etzung war ein Beispiel dafür, wie wenig an diesem Nachmittag im Sinne des FCA lief. Augsburg suchte vom Anpfiff weg eine spielerisc­he Linie, die es nie finden sollte. Stattdesse­n entwickelt­e sich eine hektische Partie, in der sich die Spieler weitestgeh­end im Mittelfeld beharkten. Die Partie lebte von kernigen Zweikämpfe­n und Einsatz, weniger von geordnetem Spielaufba­u und Ballzirkul­ation. Die Stuttgarte­r, in deren defensivem Mittelfeld überrasche­nd Holger Badstuber wirkte, suchten wiederholt ihre wuchtigen Angreifer Mario Gomez und Daniel Ginczek, Augsburgs Pendant Michael Gregoritsc­h fehlte hingegen deren Durchschla­gskraft.

Deutliche Worte fand Augsburgs Abwehrspie­ler Martin Hinteregge­r, sprach von der „bisher schlimmste­n Niederlage“. „Wir haben uns zu hohen Bällen verleiten lassen, haben wenig riskiert und probiert. Wie wir aufgetrete­n sind, war einfach nicht gut“, betonte der Österreich­er.

Das Siegtor kam dennoch auf glückliche­m Wege zustande. Die FCA-Mauer wehrte einen Freistoß des Ex-Augsburger­s Erik Thommy ab, der Ball fiel Gomez vor die Füße, der rechts unten zum 0:1 traf (27.). Stuttgart wollte schnell einen zweiten Treffer folgen lassen, FCA-Torwart Marwin Hitz riss bei einem Schuss von Christian Gentner gerade noch die Fäuste hoch (34.). Die Minuten bis zur Pause prägte das Thema dieser Saison: der Videobewei­s. Dass der vermeintli­che Ausgleich von Michael Gregoritsc­h aberkannt wurde und dass auf einen Zweikampf zwischen Gomez und Hinteregge­r kein Strafstoß folgte, war jeweils korrekt. Die stimmgewal­tigen Fanlager beider Klubs skandierte­n dennoch unisono in Richtung der Verbände: „Ihr macht unseren Sport kaputt.“

Nach der Pause blieben die Gäste ein unangenehm­er Widerpart, Augsburg erzeugte keinen Druck. Auf diese Stagnation reagierte Baum, indem er Córdova und Jan Moravek aufs Feld beorderte. Dennoch fehlten weiterhin offensive Lösungen, die Stuttgarte­r lauerten auf einen Konter, der die Partie wohl entschiede­n hätte. Eben solcher kam in der 65. Minute. Nur der glänzenden Reaktion von Hitz, der Gomez’ zweiten Treffer verhindert­e, verdankte der FCA, dass es beim 0:1 blieb. Baums Zwist mit Stieler ordnete sich ein in eine zerfahrene Schlusspha­se mit Nickligkei­ten. CoTrainer Florian Ernst, der fortan die Coaching-Zone vor der FCA-Ersatzbank durchschri­tt, sah, wie die Stuttgarte­r in den Schlussmin­uten einem zweiten Treffer näher waren als die Augsburger ihrem ersten.

Hitz – Framberger (79. Schmid), Danso (58. Córdova), Hintereg ger, Max – R. Khedira, Baier – Heller (58. Moravek), Koo, Caiuby – Gregoritsc­h

Zieler – Beck, Baumgartl, Pa vard, Insua – Badstuber – Gentner, Ascaci bar (90.+1 Kaminski), Thommy (69. Aogo) – Ginczek (89. B. Özcan), Gomez 0:1 Gomez (27.) 30 007

Tobias Stieler (Hamburg) Julian Nagelsmann war kaum zu beruhigen. Direkt nach dem 1:2 beim FC Schalke 04 lieferte sich der Trainer von 1899 Hoffenheim ein Wortgefech­t mit dem Schiedsric­htergespan­n um Benjamin Brand. Der 30-Jährige fühlte sich vom Linienrich­ter beleidigt. Was genau vorgefalle­n war, blieb aber unklar. „Fragen Sie die Schiedsric­hter, oder besser den Assistente­n! Vielleicht sagt der was dazu, wahrschein­lich aber nicht“, meinte Nagelsmann. Er jedenfalls pflege einen guten Umgangston: „Ich lasse mich nicht so gerne beleidigen, das habe ich ihnen so verklicker­t.“Die Vorwürfe blieben diffus, weil auch die Unparteiis­chen nichts zur Aufklärung beitrugen. Offensicht­lich richtete sich Nagelsmann Ärger gegen Linienrich­ter Robert Schröder, der kurz nach dem Wechsel umgeknickt war und mit Verdacht auf einen Bänderriss ausgetausc­ht wurde. Für ihn sprang der vierte Offizielle, Guido Kleve, ein. Bei allem Ärger über die Referees musste Nagelsmann vor allem mit seinem Team hadern, das in den ersten Minuten förmlich überrannt wurde. „Wir haben das Spiel in den ersten 32 Minuten verloren. Da waren wir sehr schläfrig und nicht gierig genug. Das 2:0 haben wir im Prinzip selbst erzielt“, analysiert­e Hoffenheim­s Coach. Der Anschlusst­reffer von Andrej Kramaric (78.) fiel zu spät, um dem Spiel noch eine Wendung zu geben.

1:0 Kehrer (11.), 2:0 Embolo (28.), 2:1 Kramaric (78.) 60 741

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Foto: imago Der Treffer, die die Begegnung zwischen dem FC Augsburg und dem VfB Stuttgart entschied. Mario Gomez (am Boden) trifft für die Gäste. FREIBURG – BREMEN 1:0 SCHALKE – HOFFENHEIM 2:1
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Julian Nagelsmann

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