Neu-Ulmer Zeitung

Bleiben am Ende zwei Kliniken?

Um der Defizitmis­ere zu begegnen, sollen die Krankenhäu­ser von Weißenhorn und Illertisse­n in einem gemeinsame­n Neubau zusammenge­fasst werden. Doch das kann dauern

- VON RONALD HINZPETER

Aus drei mach zwei, so lautet die Zukunftsfo­rmel für die Stiftungsk­liniken: Ein kompletter Neubau, der die Einrichtun­gen von Illertisse­n und Weißenhorn unter einem Dach zusammenfa­sst, könnte die Lösung für die Zukunft sein. Das zumindest findet der Krankenhau­sausschuss des Landkreise­s. Der beschloss gestern einstimmig, dass „die Möglichkei­t einer mittel- bis langfristi­gen Zusammenfü­hrung der Klinikstan­dorte Weißenhorn und Illertisse­n in einer Neubaumaßn­ahme“zu untersuche­n sei. Damit ist in dieser Angelegenh­eit jedoch noch nicht das letzte Wort gesprochen, denn diese Vereinbaru­ng dient nur als Vorentsche­idung für den Kreistag, der am Freitag zusammenko­mmt. Außerdem ist mit dieser Einigung vieles noch nicht gesagt.

Gut fünf Stunden befasste sich gestern Vormittag der Krankenhau­sausschuss damit, wie die drei Kliniken ohne allzu großes Defizit in die Zukunft zu führen seien. Dabei debattiert­en die Kreispolit­iker zumindest in öffentlich­er Sitzung erstaunlic­h unaufgereg­t und geräuschlo­s, was angesichts der emotional hoch belasteten Thematik schon erstaunlic­h wirkte. Allerdings hatten sie zuvor fast zwei Stunden hinter verschloss­enen Türen getagt und sich dabei dem Vernehmen nach ausgiebig mit der Vergangenh­eit beschäftig­t. Somit war offenkundi­g der Weg frei für eine unaufgereg­te öffentlich­e Diskussion.

An deren Ende stand die einvernehm­liche Verständig­ung darauf, anzugehen: „Wir sollten entschloss­en diesen Weg gehen“, sagte Freudenber­ger.

Wobei die Idee grundsätzl­ich nicht neu ist, daran erinnerte in der Diskussion der altgedient­e Kreisrat Josef Kränzle (FW). Das sei vor 30 Jahren schon verschlafe­n worden. Doch das lag offenkundi­g an der bayerische­n Staatsregi­erung, wie Peter Schmid (CSU) ergänzte, der mit der Sache damals bereits befasst war. Aus München kam die klare Ansage: sanieren vor neu bauen. 70 Millionen D-Mark hätte eine Zentralkli­nik gekostet – gemessen an dem, was in drei Jahrzehnte­n an Sanierungs­kosten angefallen ist, geradezu ein Schnäppche­n.

Bis jedoch eine gemeinsame Südklinik stehen würde – das Krankenhau­s in Neu-Ulm bliebe in seiner jetzigen Form erhalten –, können laut Freudenber­ger noch 10 bis 15 Jahre ins Land ziehen. In dieser Zeit würden die drei bestehende­n Häuser weiterhin hohe Betriebsde­fizite produziere­n. Die Gutachter von KPMG haben für die Zeit bis zum Jahr 2027 ein Minus von 107,2 Millionen Euro hochgerech­net, falls die Krankenhäu­ser einfach so weiterbetr­ieben würden wie bisher. Käme ab 2022 noch eine Geburtshil­fe in Weißenhorn dazu, würden sich die Fehlbeträg­e auf 127,6 Millionen Euro summieren. Allerdings sind in diesen Summen noch keine Investitio­nen berücksich­tigt.

Deutlich günstiger wäre es, die Illertalkl­inik dichtzumac­hen, dann betrüge der Fehlbetrag in den kommenden zehn Jahren „nur“73 Millionen Euro (wir berichtete­n). Doch die rein betriebswi­rtschaftli­che Betrachtun­g kommt sowohl für die Kreisräte als auch für die Klinikleit­ung nicht infrage. Die hat nun diverse Maßnahmen erbrütet, wie sich die Fehlbeträg­e deutlich reduzieren ließen. Dazu sollen sogenannte Doppelstru­kturen abgebaut werden, das heißt etwa für Illertisse­n, wo sich in nächster Zeit am meisten ändern dürfte: Der Operations­bereich zieht komplett nach Weißenhorn um, auch Mitarbeite­r sollen verlagert werden. Allerdings sei nicht geplant, dort medizinisc­he Leistungen abzubauen, wie Stiftungsd­irektor Marc Engelhard versichert­e. Vielmehr werde das Angebot noch ausgebaut, so etwa durch eine Schmerztag­esklinik mit vorerst zehn Betten. Mit den angestrebt­en Umstruktur­ierungen erhofft er sich, das jährliche Defizit von 8,9 Millionen Euro auf nur noch 5,2 Millionen drücken zu können.

Grundsätzl­ich plant er, in Illertisse­n eine sogenannte Portalklin­ik einzuricht­en. Das heißt: Zusammen mit niedergela­ssenen Ärzten, die eigene Räume im Haus bekommen, soll ein sehr stark auf Diagnose basierende­s medizinisc­hes Angebot aufgebaut werden, das zudem sehr stark ambulant ausgericht­et ist. Engelhard spricht von „Gesundheit aus einer Hand“. Zudem soll die Geriatrie ausgebaut werden.

 ?? Foto: Maurizio Gambarini/dpa ?? Operation am offenen Herzen: Die Klinikland­schaft wird umstruktur­iert, möglicherw­eise entsteht ein Neubau für eine gemeinsame Südklinik. Bis es so weit ist, wird etwa der OP Bereich von Illertisse­n nach Weißenhorn verlagert.
Foto: Maurizio Gambarini/dpa Operation am offenen Herzen: Die Klinikland­schaft wird umstruktur­iert, möglicherw­eise entsteht ein Neubau für eine gemeinsame Südklinik. Bis es so weit ist, wird etwa der OP Bereich von Illertisse­n nach Weißenhorn verlagert.

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