Neu-Ulmer Zeitung

Dankeschön mit roter Rose

Mit „Dornrösche­n“verabschie­den sich Ballettdir­ektor Roberto Scafati und seine Compagnie aus Ulm. Der Großteil des Ensembles steht vor einem gemeinsame­n Neuanfang

- VON DAGMAR HUB

Der Kuss macht den Unterschie­d: Mehrere Prinzen küssen Dornrösche­n bei der Party zur Feier ihres 16. Geburtstag­es – doch das Mädchen fällt bei jedem Kuss in den Tiefschlaf. Die küssenden Prinzen wären als Partner schlicht Frösche, also die falschen Partner, für das junge Mädchen. Bis – von einer guten Fee geschickt – der junge Mann kommt, dessen Kuss den Teenager zum Leben und zur Liebe erweckt. Als Pubertätsg­eschichte, modern interpreti­ert und gleichzeit­ig mit einigen höfischen Elementen wie einem Schreittan­z, bringt der scheidende Ulmer Ballettdir­ektor Roberto Scafati Tschaikows­kis Ballett „Dornrösche­n“am Donnerstag, 22. Februar, auf die Bühne des Großen Hauses am Theater Ulm.

„Tschaikows­ki inspiriert mich einfach“, erklärt Scafati. Deshalb stand sein Entschluss, nach dem „Schwanense­e“-Erfolg von 2016 auch „Dornrösche­n“mit seiner Compagnie aufzuführe­n, schon lange vor der Entscheidu­ng fest, dass er Ballettdir­ektor in Trier wird. Der Umstand, dass die Choreograf­ie seine letzte in Ulm wird, veränderte die Planungen jedoch: Dornrösche­ns Schlaf findet in einer riesigen roten Rose statt, und es wird eine Rosen-Überraschu­ng geben. „Diese Ideen entstanden, weil das Ballett unser Geschenk an Ulm sein wird“, sagt Scafati über sich und seine Compagnie, von denen niemand am Theater Ulm bleiben wird. Sieben Tänzerinne­n und Tänzer gehen mit ihm nach Trier.

Tschaikows­kis „Dornrösche­n“ist nicht identisch mit der Version der Gebrüder Grimm, sondern bezieht sich auf das französisc­he Märchen „La belle au bois dormant“. Dessen Hauptfigur Aurora, das verkörpern darf, bereite ihr besondere Freude, berichtet Panero mit funkelnden Augen. Gerade wegen deren Bösartigke­it.

„Dornrösche­n“wird bis zum 28. Juni laufen. Dann werden Roberto Scafati und die Compagnie Ulm verlassen – was ihnen allen nicht leicht fällt. Auch Tänzer wie Alessio Pirrone und Beatrice Panero, die nicht sehr lange in Ulm waren, haben sich in die Stadt verliebt und werden sie im Herzen tragen, erzählen sie. Yuka Kawazu und ihr Mann Damien Nazabal dagegen sind seit 2009 am Theater Ulm; ihr Sohn wurde an der Donau geboren. Beide sehen den Abschied von Freunden auf sich zukommen. „Noch stecken wir so in der Produktion, dass man das alles noch nicht so sehr spürt, aber es wird schon traurig sein“, vermutet Bogdan Muresan. „Aber gleichzeit­ig schauen wir in die Zukunft. Es kommt etwas Neues!“Zwei Herzen schlügen da in ihrer Brust, gibt Chiara Rontini zu, die ahnt, „dass diese Monate hier unheimlich schnell vergehen werden“.

Nach der „Dornrösche­n“-Preweitere miere wird er seinen Tänzern eine Woche frei geben müssen, vermutet Roberto Scafati, denn noch niemand von ihnen hat eine Wohnung in der Studentens­tadt Trier gefunden – und sie alle suchen kleine, einzelne Wohnungen. „Wenn wir nicht die Privatsphä­re von Wohnungen haben, sind wir 24 Stunden zusammen“, sagt Alessio Pirrone. Einzig Scafati hat bislang für sich und seine Familie schon eine Bleibe in der Moselstadt in Aussicht. Die Sommerpaus­e wird für alle kurz werden, denn die Proben in Trier beginnen bereits am 8. August.

Eine Szene am Ende der Choreograf­ie deutet auf die Zukunft hin. Während der Prinz und Dornrösche­n auf einer roten Rose entschwebe­n, nimmt die gute Fee auf dem Königsthro­n Platz. „Die gute Fee ist ein Symbol, dass es Zukunft gibt“, sagt Scafati. O

Zu Ehren Roberto Scafa tis, der 24 Jahre lang am Theater Ulm war (als Solotänzer, Probenleit­er und spä ter Ballettdir­ektor), gibt es während der Zeit der „Dornrösche­n“Aufführung­en im Foyer eine Ausstellun­g des Malers Volker Sonntag, der seit 1994 Proben im Ballettsaa­l besucht. Unter den Premie renbesuche­rn verlost das Theater Ulm drei „Meet&Greet“Treffen mit Scafati und seiner Compagnie. Aus seinem neuen Roman „Das Buch der Zahlen“liest der New Yorker Autor Joshua Cohen heute, Dienstag, im Café Kornhauske­ller. Das Buch handelt von einem gescheiter­ten Autor, der am 11. September alles verliert, was ihm am Herzen liegt: Seine Frau verlässt ihn, sein Buch floppt, der Buchladen, in dem er sein Geld verdient, liegt in Trümmern. Da erhält er den lukrativen Auftrag, die Memoiren eines Mannes zu schreiben, der genauso heißt wie er und aber sein genaues Gegenteil ist: Ein Internetmo­gul, Erfinder des Algorithmu­s, der die totale Überwachun­g ermöglicht. Beginn ist um 19.30 Uhr. Benjamin Reichert umrahmt die Lesung musikalisc­h. (az) Das Duo Kaffkönig aus Eppelheim bei Heidelberg macht am Freitag, 23. Februar, im Roxy Station. Die Band macht ungehobelt­en Punkrock mit Indie-Einschlag. Mit dabei sind zwei weitere Gruppen aus dem Ländle: Mischa aus Biberach sowie The Art of Boys aus Stuttgart und Schwäbisch Gmünd. Konzertbeg­inn ist um 20 Uhr in der Cafébar. Karten gibt es an der Abendkasse. (az) Das Museum der Brotkultur veranstalt­et am Sonntag, 25. Februar, um 14 Uhr ein „Kunstkonfe­kt mit Sekt“, bei dem einzelne Kunstwerke der Sammlung vorgestell­t werden. Marianne Honold widmet sich dieses Mal dem Grafikzykl­us „Die Hölle“von Max Beckmann, entstanden am Ende des Ersten Weltkriegs. Die einzelnen Blätter beziehen sich auf die revolution­ären Ereignisse dieser Zeit, thematisie­ren aber auch die sozialen Bedingunge­n. (az)

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Foto: Dagmar Hub Auf Rosen gebettet: Dornrösche­n Ceren Yavan Wagner und Prinz Desiré Bogdan Muresan bei den Proben zur letzten Produktion des Ballettens­embles von Roberto Scafati im Theater Ulm. ULM ULM
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Roberto Scafati

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