Zum Warten verdammt
Hunderttausende Rohingya leben noch immer in einem riesigen Lager in Bangladesch. Ein Abkommen soll ihre Rückkehr nach Myanmar regeln. Doch das wäre äußerst riskant
Ohne einen robusten Optimismus geht so etwas nicht. Woraus sonst soll sich die Beharrlichkeit speisen, mit der die EU-Abgeordnete Barbara Lochbihler sich für das Schicksal der Rohingya einsetzt. Doch auch die gebürtige Allgäuerin gerät bisweilen an ihre Grenzen, angesichts von Morden, Massenvergewaltigungen und brutaler Vertreibung.
Nach Angaben des UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, sind über 650 000 der sunnitisch-muslimischen Rohingya in das Nachbarland Bangladesch geflohen. Doch auch die Ignoranz der Regierung lässt die stellvertretende Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des EU-Parlaments bisweilen verzweifeln: „Weder das Militär noch die Regierung begreift, welcher Schaden durch die Vertreibungen und die Verbrechen bereits angerichtet wurde. Der Tourismus ist eingebrochen, Investitionen aus dem Ausland gehen zurück. Die Marke Myanmar ist schwer angekratzt“, sagt sie kurz nach der Rückkehr von ihrer Reise in das frühere Birma und das benachbarte Bangladesch unserer Zeitung.
Rund eine Million Rohingya lebten vor der Vertreibung unter meist ärmlichen Verhältnissen im Bundesstaat Rakhine im Nordwesten Myanmars. Westliche Historiker haben Belege gefunden, dass die Volksgruppe ab Ende des 19. Jahrhunderts dort von britischen Kolonialherren als billige Arbeitskräfte angesiedelt wurde. Viele Rohingya sprechen hingegen von einer uralten muslimischen Siedlungstradition. Fest steht: Sie kämpfen seit Generationen um Anerkennung, die ihnen die jeweilige Regierung hartnäckig verweigert. Ein Teufelskreis. Denn als Staatenlose haben die Rohingya kaum Rechte. Sie sind Diskriminierung und Übergriffen durch die buddhistische Bevölkerungsmehrheit, staatliche Stellen und das Militär schutzlos ausgeliefert.
Seit den 70er Jahren flohen immer wieder Zehntausende vor der Hoffnungslosigkeit in das Nachbarland Bangladesch. Doch Mitte 2017 setzte ein beispielloser Massen-Exodus ein. Auf Anschläge von Milizen der Arakan Rohingya Salvation Army (ARSA) reagierte das Militär mit einer großen Offensive, die nach UN-Erkenntnissen mit unmenschli- cher Härte geführt wurde. Die Folgen dieser Politik hat Barbara Lochbihler vor Ort erneut hautnah erlebt: Nahe der Küstenstadt Cox’s Bazar liegt eines der größten Flüchtlingslager der Welt für bis zu 800000 Menschen. „Im April beginnt die Monsun-Zeit. Das Flüchtlingslager befindet sich in einem hügeligen Terrain. Viele Flüchtlinge könnten in den Fluten ertrinken“, sagt Lochbihler. Immer wieder erstaunt ist sie, wie wohlwollend die Bevölkerung in Bangladesch – das am dichtesten besiedelte Land der Erde – die Rohingya aufnimmt. Doch es gibt Spannungen. Der Regierungsbeauftragte der Provinz Cox’s Bazar, Ali Hossein, besteht darauf, dass die Rohingya zurück in ihre Heimat müssten. Tatsächlich existiert ein Abkommen zwischen
Die Situation im Kampf um die von Kurden dominierte Region Afrin im Nordwesten Syriens ist seit gestern noch unübersichtlicher. Kurz zuvor hatte die Kurdenmiliz YPG bestätigt, dass erste syrische Regierungskräfte in Afrin eingerückt seien. Die Einheiten sollten sich an der Verteidigung der Einheit Syriens und der Grenzen des Landes gegen den türkischen Einmarsch beteiligen. Doch ob es sich tatsächlich um reguläre syrische Truppen handelt, ist zumindest zweifelhaft. Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte meldete, bei den einrückenden Regierungskräften handele es sich um eine Vorhut. Schwere Waffen waren demnach zunächst nicht dabei. Bei den Regierungstruppen handelt es sich nach syrischen Angaben um „Volkskräfte“.
Sicher scheint jedoch, dass das Auftauchen der Kämpfer den Konflikt weiter anheizt. Die Kurden wollen so einen Angriff der Türkei stoppen. Türkische Truppen und syrische Verbündete hatten vor einem Monat eine Offensive auf Afrin begonnen. Das Gebiet wird von der YPG kontrolliert. Die Türkei sieht in der Miliz den syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und bekämpft sie.
Die Kurden hatten seit einer Woche mit der syrischen Regierung über eine Entsendung der Truppen verhandelt. Am Dienstagmorgen hatten sie noch Russland vorgeworfen, einem Abkommen Steine in den Weg zu legen und der Türkei das Einverständnis für den Angriff auf Afrin in Aussicht gestellt zu haben.
Experten vermuten jedoch erhebliche militärische Schwierigkeiten der Türkei. Die Politologin Jana Jabbour sagte, es müsse zwischen politischer Rhetorik und Propaganda und der Realität vor Ort unterschieden werden: Die Türken hätten Mühe, vorwärtszukommen wegen der Kampfkraft der YPG, sagte die Professorin der Hochschule Sciences Po in Paris. Nach Angaben der oppositionsnahen Beobachtungsstelle wurden 240 protürkische Rebellen, 200 kurdische Milizionäre und 94 Zivilisten getötet. Für Medien sind diese Angaben kaum zu überprüfen.