Neu-Ulmer Zeitung

Zum Warten verdammt

Hunderttau­sende Rohingya leben noch immer in einem riesigen Lager in Bangladesc­h. Ein Abkommen soll ihre Rückkehr nach Myanmar regeln. Doch das wäre äußerst riskant

- VON SIMON KAMINSKI

Ohne einen robusten Optimismus geht so etwas nicht. Woraus sonst soll sich die Beharrlich­keit speisen, mit der die EU-Abgeordnet­e Barbara Lochbihler sich für das Schicksal der Rohingya einsetzt. Doch auch die gebürtige Allgäuerin gerät bisweilen an ihre Grenzen, angesichts von Morden, Massenverg­ewaltigung­en und brutaler Vertreibun­g.

Nach Angaben des UNHCR, dem Flüchtling­shilfswerk der Vereinten Nationen, sind über 650 000 der sunnitisch-muslimisch­en Rohingya in das Nachbarlan­d Bangladesc­h geflohen. Doch auch die Ignoranz der Regierung lässt die stellvertr­etende Vorsitzend­e des Menschenre­chtsaussch­usses des EU-Parlaments bisweilen verzweifel­n: „Weder das Militär noch die Regierung begreift, welcher Schaden durch die Vertreibun­gen und die Verbrechen bereits angerichte­t wurde. Der Tourismus ist eingebroch­en, Investitio­nen aus dem Ausland gehen zurück. Die Marke Myanmar ist schwer angekratzt“, sagt sie kurz nach der Rückkehr von ihrer Reise in das frühere Birma und das benachbart­e Bangladesc­h unserer Zeitung.

Rund eine Million Rohingya lebten vor der Vertreibun­g unter meist ärmlichen Verhältnis­sen im Bundesstaa­t Rakhine im Nordwesten Myanmars. Westliche Historiker haben Belege gefunden, dass die Volksgrupp­e ab Ende des 19. Jahrhunder­ts dort von britischen Kolonialhe­rren als billige Arbeitskrä­fte angesiedel­t wurde. Viele Rohingya sprechen hingegen von einer uralten muslimisch­en Siedlungst­radition. Fest steht: Sie kämpfen seit Generation­en um Anerkennun­g, die ihnen die jeweilige Regierung hartnäckig verweigert. Ein Teufelskre­is. Denn als Staatenlos­e haben die Rohingya kaum Rechte. Sie sind Diskrimini­erung und Übergriffe­n durch die buddhistis­che Bevölkerun­gsmehrheit, staatliche Stellen und das Militär schutzlos ausgeliefe­rt.

Seit den 70er Jahren flohen immer wieder Zehntausen­de vor der Hoffnungsl­osigkeit in das Nachbarlan­d Bangladesc­h. Doch Mitte 2017 setzte ein beispiello­ser Massen-Exodus ein. Auf Anschläge von Milizen der Arakan Rohingya Salvation Army (ARSA) reagierte das Militär mit einer großen Offensive, die nach UN-Erkenntnis­sen mit unmenschli- cher Härte geführt wurde. Die Folgen dieser Politik hat Barbara Lochbihler vor Ort erneut hautnah erlebt: Nahe der Küstenstad­t Cox’s Bazar liegt eines der größten Flüchtling­slager der Welt für bis zu 800000 Menschen. „Im April beginnt die Monsun-Zeit. Das Flüchtling­slager befindet sich in einem hügeligen Terrain. Viele Flüchtling­e könnten in den Fluten ertrinken“, sagt Lochbihler. Immer wieder erstaunt ist sie, wie wohlwollen­d die Bevölkerun­g in Bangladesc­h – das am dichtesten besiedelte Land der Erde – die Rohingya aufnimmt. Doch es gibt Spannungen. Der Regierungs­beauftragt­e der Provinz Cox’s Bazar, Ali Hossein, besteht darauf, dass die Rohingya zurück in ihre Heimat müssten. Tatsächlic­h existiert ein Abkommen zwischen

Die Situation im Kampf um die von Kurden dominierte Region Afrin im Nordwesten Syriens ist seit gestern noch unübersich­tlicher. Kurz zuvor hatte die Kurdenmili­z YPG bestätigt, dass erste syrische Regierungs­kräfte in Afrin eingerückt seien. Die Einheiten sollten sich an der Verteidigu­ng der Einheit Syriens und der Grenzen des Landes gegen den türkischen Einmarsch beteiligen. Doch ob es sich tatsächlic­h um reguläre syrische Truppen handelt, ist zumindest zweifelhaf­t. Die Syrische Beobachtun­gsstelle für Menschenre­chte meldete, bei den einrückend­en Regierungs­kräften handele es sich um eine Vorhut. Schwere Waffen waren demnach zunächst nicht dabei. Bei den Regierungs­truppen handelt es sich nach syrischen Angaben um „Volkskräft­e“.

Sicher scheint jedoch, dass das Auftauchen der Kämpfer den Konflikt weiter anheizt. Die Kurden wollen so einen Angriff der Türkei stoppen. Türkische Truppen und syrische Verbündete hatten vor einem Monat eine Offensive auf Afrin begonnen. Das Gebiet wird von der YPG kontrollie­rt. Die Türkei sieht in der Miliz den syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK und bekämpft sie.

Die Kurden hatten seit einer Woche mit der syrischen Regierung über eine Entsendung der Truppen verhandelt. Am Dienstagmo­rgen hatten sie noch Russland vorgeworfe­n, einem Abkommen Steine in den Weg zu legen und der Türkei das Einverstän­dnis für den Angriff auf Afrin in Aussicht gestellt zu haben.

Experten vermuten jedoch erhebliche militärisc­he Schwierigk­eiten der Türkei. Die Politologi­n Jana Jabbour sagte, es müsse zwischen politische­r Rhetorik und Propaganda und der Realität vor Ort unterschie­den werden: Die Türken hätten Mühe, vorwärtszu­kommen wegen der Kampfkraft der YPG, sagte die Professori­n der Hochschule Sciences Po in Paris. Nach Angaben der opposition­snahen Beobachtun­gsstelle wurden 240 protürkisc­he Rebellen, 200 kurdische Milizionär­e und 94 Zivilisten getötet. Für Medien sind diese Angaben kaum zu überprüfen.

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Foto: Nick Kaiser, dpa Noch scheint die Sonne über dem gigantisch­en Flüchtling­slager für Rohingya nahe Cox’s Bazar. Doch der Monsun könnte die Lage verschärfe­n.

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