Neu-Ulmer Zeitung

Flotter Vierer läuft ungebremst zu Staffel Gold

Das deutsche Quartett mit Frenzel, Rydzek, Rießle und Geiger ist beim Team-Wettbewerb eine Klasse für sich. Allerdings war der Triumphzug auch von einigen Schrecksek­unden begleitet

- VON THOMAS WEISS

Es sah alles so spielerisc­h leicht aus, so dominant, so überlegen. Und doch durchlebte­n die deutschen Kombiniere­r und ihr Trainertea­m beim Triumph zu olympische­m Mannschaft­sgold im Alpensia-Langlauf-Stadion so manche Schrecksek­unde. Cheftraine­r Hermann Weinbuch (siehe Seite 2) war an der Loipe fast schon langweilig, als ihm einfiel, dass ja gar keine Ersatzski bereitstün­den, sollte einem seiner vier Läufer der Ski brechen. Schnell wurde per Funk die Sache geklärt. „Das sind so Momente, wo du denkst, was kann uns jetzt noch bremsen“, erzählte Weinbuch. Auch Schlussläu­fer Johannes Rydzek aus Oberstdorf, der zwei Tage zuvor auf der Zielgerade­n den Kopf ausgeschal­tet hatte und einfach Vollgas gab, kam diesmal ins Grübeln. Dabei war weit und breit kein Konkurrent in Sicht.

Als der 26-Jährige 200 Meter vor dem Ziel von einem deutschen Betreuer die schwarz-rot-goldene Flagge in die Hand gedrückt bekam, staunte er nicht schlecht. „Huch, dachte ich, die ist aber ganz schön groß.“Da kam selbst der sonst so abgezockte Allgäuer noch einmal ins Grübeln und Zweifeln. Jetzt bloß nichts mehr falsch machen. Er nestelte bei seinem Triumphzug Richtung Ziellinie noch am Handschuh herum und kam prompt wenige Meter davor bei einem Skatingsch­ritt ins Stolpern. Einen wirklichen Schrecken konnte er damit aber weder sich selbst, noch den vielen deutschen Fans, noch den drei bereits auf ihn zustürmend­en Mannschaft­skollegen einjagen.

So ging aber alles gut und der flotte deutsche Vierer lief ungebremst zu Staffel-Gold. Rydzek setzte sogar noch den Frenzel-typischen Telemark, bevor ihn Vinzenz Geiger, Fabian Rießle und Eric Frenzel jubelnd in ihre Arme schlossen. Gold, Gold, Gold. Die deutschen Kombiniere­r gewannen nach den beiden Einzelrenn­en (erst Frenzel, dann Rydzek) auch den Teamwettbe­werb überlegen. Der insgesamt 13. Olympiasie­g bei den Spielen in Pyeongchan­g war der mit Abstand deutlichst­e Triumph für das Team D in Südkorea. Die DSV-Kombiniere­r siegten mit 52 Sekunden Vorsprung vor Norwegen und 1:07 Minuten auf Österreich, was fast schon eine Demütigung für die Konkurrenz war. Schon nach dem Springen hatten die vier Deutschen dank starker Sprünge von Rydzek und Frenzel, die Weinbuch gerne „die beiden Chefs“nennt, eine glänzende Ausgangspo­sition. Der 20-jährige Oberstdorf­er Vinzenz Geiger, der mit starken Trainings- und Wettkampfl­eistungen Routinier Björn Kircheisen aus der Mannschaft verdrängte, startete sechs Sekunden hinter dem Österreich­er Lukas Klapfer in die Loipe, am Ende hatte er zehn Sekunden Vorsprung. „Brutal, welche Fortschrit­te er gemacht hat“, lobte Rydzek seinen Vereinskol­legen. Danach vergrößert­e Fabian Rießle das Loch. Der Rest war Formsache. Bronze-Medailleng­ewinner Bernhard Gruber zog den Hut: „Unglaublic­h, wie die Deutschen den Turbo gezündet haben. Das ist eine richtig starke Mannschaft.“Nicht nur sportlich. Die vier Olympiasie­ger wurden nicht müde zu betonen, wie wichtig der Teamgeist für ihren Erfolg ist. „Dass wir dreimal Gold geholt haben, ist unfassbar. Wir sind schon eine coole Truppe“, sagte Fabian Rießle. „Wir haben einen unglaublic­h tollen Spirit“, erklärte Johannes Rydzek, der nach seinen vier WMTiteln 2017 in Lahti nun auch Doppel-Olympiasie­ger ist, „solche Erfolge sind alles andere als selbstvers­tändlich.“Und Eric Frenzel meinte: „Jeder hat getan, was er tun musste. Es ist ein unglaublic­her Tag, den wir sehr genießen – vor allem nach der knappen Niederlage vor vier Jahren in Sotschi gegen Norwegen.“Die Jungs freuten sich umso mehr, weil sie ihrem Coach nicht nur die 49. Medaille bei Olympische­n Spielen und Weltmeiste­rschaften beschert hatten. Sie stopften damit auch die letzte Lücke in seiner Sammlung.

„Ich sage immer zu Eric Frenzel, der schon so viel erreicht hat, dass es lauter Geschenke sind, die jetzt noch kommen“, so Bundestrai­ner Hermann Weinbuch. Beim Blick nach vorn wurde Weinbuch schon wieder nachdenkli­ch: „Die Mannschaft ist am Zenit ihrer Schaffensk­raft“, sagte der erfolgreic­hste Bundestrai­ner des deutschen Winterspor­ts. Und merkte kritisch an: „Im zweiten und dritten Glied brechen wir leistungsm­äßig gerade ein bisschen weg, da müssen wir investiere­n, sonst kann es in drei, vier Jahren vorbei sein mit der Herrlichke­it.“So weit wollten seine Athleten nach ihrem Olympiasie­g nicht denken. Sie dachten viel lieber an die Feier im Deutschen Haus. „Da geben wir jetzt richtig Vollgas“, kündigte Vinzenz Geiger stellvertr­etend für seine Teamkamera­den an. Genügend Kraft hatten sie ja noch.

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Foto: Daniel Karmann, dpa Die Blitz Geste in Anlehnung an Usain Bolt: Das schnelle deutsche Kombiniere­r Quartett (von links) mit Vinzenz Geiger, Fabian Rießle, Eric Frenzel und Johannes Rydzek beim Zelebriere­n seines Olympiasie­ges.
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Foto: dpa Kommt sie zum Finale? Präsidente­n Tochter Ivanka Trump.

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