Neu-Ulmer Zeitung

Ärger nach der Pleite

Nach dem Debakel mit der Staffel übt Doppel-Olympiasie­gerin Dahlmeier Kritik. Besser können es heute die Männer machen. Sie haben die letzte Chance auf Edelmetall

- VON MILAN SAKO

Der Plan ist einfach: Laura Dahlmeier als Schlussläu­ferin der Frauen-Staffel soll vorne um die Medaillen kämpfen. Schließlic­h geht das deutsche Quartett als amtierende­r Weltmeiste­r in den Wettkampf, ist haushoher Favorit. Doch als die Garmischer­in als Vierte nach Franziska Preuss, Denise Herrmann und Franziska Hildebrand loslegt, ist das Rennen längst verloren. Nach dem letzten Aufwärmen blickt Dahlmeier auf das Tableau im Biathlonce­nter von Alpensia und erschrickt: „Als wir auf der zweiten Seite im zweistelli­gen Bereich waren, habe ich mir schon gedacht: Das wird kein leichtes Rennen.“

Das ist noch vorsichtig formuliert. „Alles andere als Gold wäre eine große Überraschu­ng“, hatte auch Turin-Olympiasie­ger Michael Greis vor dem Rennen vorhergesa­gt. Doch die Frauen landen abgeschlag­en auf Platz acht. 53 Sekunden beträgt der Rückstand auf Olympiasie­ger Weißrussla­nd um Schlussläu­ferin Darja Domratsche­wa. Silber geht an die Schwedinne­n, die König Carl Gustaf im Zielraum höflich umarmt. Bronze holt Frankreich.

Noch im Zielraum fordert Laura Dahlmeier Konsequenz­en: „Man muss die richtigen Schlüsse daraus ziehen und das genau analysiere­n.“Im Rennen bläst ein böiger Wind und anfangs wirbeln die Flocken wie in einer Schneekuge­l durch das Stadion. Doch Dahlmeier will das nicht als Entschuldi­gung gelten lassen: „Man muss schon individuel­l schauen. Es waren sicherlich keine leichten Bedingunge­n heute, aber gewisse Athletinne­n habe ja gezeigt, dass es doch auch möglich ist.“Zwischen den Zeilen kann man das als Kritik an den Kolleginne­n werten.

Von Beginn an steckt der Wurm drin. Startläufe­rin Franziska Preuß kämpft im ersten Schießen mit Problemen. Sie glaubt, dass ihr vierter Schuss danebengeg­angen ist. „Die Klappe ist langsam gefallen, ich habe das als Fehler registrier­t.“Sie lädt nach und bemerkt dann, dass sie doch getroffen hatte. Mit einer Patrone im Lauf auf die Strecke zu gehen, hätte die Disqualifi­kation bedeutet. Preuss bemerkt noch rechtzeiti­g ihren Fehler und wird die Patrone „noch direkt auf der Matte“wieder los. Alles korrekt, aber die Konzentrat­ion ist weg. „Ich habe das vom Kopf her nicht kontrollie­rt bekommen.“

Bereits in Sotschi 2014 war Preuss der Pechvogel. Gut einen halben Kilometer nach dem Start stürzte sie, später brach ihr Stock und am Schießstan­d steckte Schnee in ihrem Diopter. Es war nicht das einzige Pech. Seit den Spielen 2002 in Salt Lake City rennt die Frauenstaf­fel nun schon einer Olympiamed­aille hinterher.

Auch Preuß’ Kolleginne­n kämpfen mit dem Wind. Herrmann als Zweite holt mit einem perfekten Liegendsch­ießen zwar zunächst auf, muss nach dem stehenden Anschlag aber doch in die Strafrunde. Hildebrand kommt mit dem böigen Wind ebenfalls nicht zurecht und verliert viel Zeit. Die siebenfach­e Weltmeiste­rin Dahlmeier kann nicht mehr, als den Schaden begrenzen. Mit drei Strafrunde­n und insgesamt elf Nachladern läuft die deutsche Staffel der Konkurrenz weit hinterher.

Dahlmeier verpasst nach Gold im Sprint und in der Verfolgung sowie Bronze im Einzel ihre vierte Medaille. So oft Edelmetall bei denselben Winterspie­len hatte als einzige Deutsche zuvor nur Eisschnell­läuferin Karin Enke 1984 in Sarajevo gewonnen.

Die letzte Chance auf Edelmetall im Biathlon bietet sich heute (12.15 Uhr, live in der ARD) der Männerstaf­fel über 4x7,5 Kilometer. Nach Gold für Arnd Peiffer im Sprint, Silber für Simon Schempp im Massenstar­t und Bronze für Benedikt Doll in der Verfolgung geht die Mannschaft mit reichlich Selbstvert­rauen an den Start. Aber das lässt keine Rückschlüs­se auf den Ausgang zu – siehe Frauenstaf­fel.

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Foto: Sven Simon Viele jubeln, eine schaut zu. Während links das Silber Quartett aus Schweden und rechts die drittplatz­ierten Französinn­en ihre Medaillen feiern, bleibt Laura Dahlmeier nur der Frust über Platz acht mit der Staffel.

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