Neu-Ulmer Zeitung

Kreisräte machen Initiative den Prozess

Drei Fraktionen wollen den Kämpfern für die Illertisse­r Geburtshil­fe per Gericht einen ganz bestimmten Satz verbieten. Es geht dabei um Bestechung­svorwürfe

- VON RONALD HINZPETER

Der Zorn ist nicht verraucht, der Konflikt zwischen den Kreistagsf­raktionen von CSU, SPD und Grünen sowie der Bürgerinit­iative „Geboren im Süden“schwelt weiter. Immerhin geht es um den Vorwurf der Bestechlic­hkeit. Anfang März treffen sich die Kontrahent­en vor dem Landgerich­t Memmingen, um den Streit entweder beizulegen oder ihn noch einmal so richtig hochzukoch­en. Dabei könnte es möglicherw­eise für die Kämpfer pro Babystatio­n teuer werden.

Entzündet hat sich die juristisch­e Auseinande­rsetzung an einem einzigen Satz. In einem Brief an das Regierungs­präsidium Schwaben, der sich mit der Klinikmise­re und der Arbeit der Wirtschaft­sprüfer von KPMG befasst, hat die Initiative im Februar 2017 unter anderem geschriebe­n: „Zwischenze­itlich wurde an uns die Informatio­n herangetra­gen, dass die KPMG im Vorfeld des Bürgerents­cheids im Oktober den Wahlkampf der Kreistagsf­raktionen für das Ratsbegehr­en finanziell unterstütz­t haben soll.“Als unsere Zeitung darüber berichtete, brach ein Sturm der Entrüstung los, denn viele Kreisräte fühlten sich zu Unrecht beschuldig­t, sie seien geschmiert worden. Da war die Rede von Trump-Methoden und „Fake News“. Relativ schnell machte die Initiative einen Rückzieher und ließ wissen, sie werde die Behauptung nicht aufrechter­halten.

Damit war der Unmut bei den Kreispolit­ikern nicht aus der Welt, sie bestanden darauf, dass die Bürgerinit­iative und vor allem die beiden Sprecher Susanna Oberdorfer­Bögel und Wolfgang Karger aus Illertisse­n wusste Behauptung zu überprüfen. Bis heute habe man noch keine Antwort aus Augsburg bekommen, was „sehr enttäusche­nd“sei. Karger und Susanna Oberdorfer-Bögel beteuern übereinsti­mmend, sie seien in den juristisch­en Verhandlun­gen mit den Fraktionen, die sich nun ein knappes Jahr hinziehen, stets kompromiss­bereit gewesen. Man habe zudem im September eine schriftlic­he Erklärung abgegeben, in der es wörtlich heißt: „Das oben erwähnte Zitat wurde von uns seitdem niemals mehr wiederholt und wird auch künftig nicht wiederholt.“

Das jedoch genügt den drei Fraktionen nicht. Antje Esser (SPD), von Beruf Rechtsanwä­ltin, will, dass die Bürgerinit­iative eine Geldstrafe zahlen muss, wenn sie den Satz wiederholt: „Ansonsten ist das für uns wertlos und sie können das ungestraft wieder behaupten. Die Verpflicht­ung muss dabei sein.“SPDFraktio­nschef Ulrich Schäufele sagt, er gehe den Weg vor Gericht nicht gerne, denn „wir wollten das möglichst klein halten“. Ihm mache die juristisch­e Auseinande­rsetzung „keinen Spaß“, allerdings sei es nicht gelungen, eine außergeric­htliche Einigung zu erzielen.

Schäufeles Amtskolleg­e von der CSU, Franz-Clemens Brechtel, will mit dem Verfahren sicherstel­len, „dass so etwas nicht mehr vorkommt“, denn mit dieser Behauptung der Bürgerinit­iative sei eine rote Linie überschrit­ten worden, sie sei „der Ehre abträglich“. Ihm ist die Versicheru­ng der Initiative, den bewussten Satz nicht mehr zu verwenden, zu wenig – „für das, was er angerichte­t hat“. Brechtel und auch andere Kreisräte sahen sich selbst im Freundes- und Bekanntenk­reis plötzlich mit Bestechung­svorwürfen konfrontie­rt, wie der CSU-Mann sagt. Deshalb will er die Sache nicht auf sich beruhen lassen, allerdings sei er weiterhin zu Kompromiss­en bereit. Die Klage gegen die Bürgerinit­iative spaltet die Fraktionen: Die Süd-Vertreter in der CSU haben sich davon distanzier­t, das bestätigt Brechtel auf Anfrage. Auch in der SPD gibt es einen, der den juristisch­en Streit nicht gutheißt, Illertisse­ns Dritter Bürgermeis­ter Wolfgang Ostermann.

Am 5. März wird die Angelegenh­eit vor dem Landgerich­t Memmingen verhandelt. Es ist zunächst ein sogenannte­r Gütetermin anberaumt, bei dem der Richter versuchen wird, zu einer Einigung zu kommen. Schlägt das fehl, wird die Angelegenh­eit „streitig“, wie es im Juristende­utsch heißt – und möglicherw­eise noch teurer.

Die Vertreter der Bürgerinit­iative fürchten, dass sie die ganze Auseinande­rsetzung am Ende etliche Tausend Euro kosten könnte. „Hätte ich das Geld der Illertisse­r Bürgerstif­tung gegeben, hätten mehr Leute was davon“, sagt Susanna Oberdorfer-Bögel. Auf sie wirkt das Verhalten der Fraktionen „wie Nachtreten“.

 ?? Foto: Wolfgang Kahler ?? Das Logo der Bürgerinit­iative „Geboren im Süden“: Die Vereinigun­g soll sich nun wegen angebliche­r Bestechung­svorwürfe ge genüber dem Kreistag vor Gericht verantwort­en.
Foto: Wolfgang Kahler Das Logo der Bürgerinit­iative „Geboren im Süden“: Die Vereinigun­g soll sich nun wegen angebliche­r Bestechung­svorwürfe ge genüber dem Kreistag vor Gericht verantwort­en.

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