Neu-Ulmer Zeitung

Warum das Diesel Urteil für Ulm keine Rolle spielt

Werden Fahrverbot­e in Städten erlaubt? Das Bundesverw­altungsger­icht hat seine Entscheidu­ng vertagt. An der Donau fehlen noch ganz andere Voraussetz­ungen

- VON SEBASTIAN MAYR

Dürfen Städte Diesel-Autos auf ihren Straßen verbieten? Darüber entscheide­t das Bundesverw­altungsger­icht in Leipzig – allerdings voraussich­tlich erst am kommenden Dienstag, 27. Februar. Ursprüngli­ch war die Entscheidu­ng für gestern vorgesehen gewesen. Den Ulmern dürfte dieser Termin relativ gleichgült­ig sein. Denn egal, wie das Urteil ausfällt: Auf den Straßen der Stadt an der Donau wird sich erst einmal nichts ändern.

Maßgeblich für die Fahrverbot­e sind bestimmte Grenzwerte. Und die überschrei­tet die Schadstoff­belastung in der Ulmer Luft nicht. Das zeigen die Messungen – soweit es sie gibt. In Ulm wird bekanntlic­h viel gebaut. Auch dort, wo gemessen werden sollte. Die Stationen, für die das Regierungs­präsidium Tübingen zuständig ist, sind in der Karlstraße und in der Zinglerstr­aße vorgesehen. Zwei Straßen, in denen zuletzt intensiv gearbeitet wurde und teilweise noch immer gearbeitet wird. Deswegen ist das Gerät in der Zinglerstr­aße abgebaut, die Station in der Karlstraße ist seit 2017 nach zwei Jahren Pause wieder in Betrieb.

Bis einschließ­lich 2014 wurde in den beiden Straßen der Schadstoff­gehalt in der Luft gemessen. Bis einschließ­lich 2014 wurden die Grenzwerte überschrit­ten – von Anfang der Erhebungen an und in jedem Jahr. In der Zinglerstr­aße fielen die Werte deutlicher aus als in der Karlstraße. Dort laufen die Messungen wieder, auch wenn die Arbeiten an der neuen Straßenbah­nlinie 2 noch nicht abgeschlos­sen sind. Die Umbauten in der Straße sollten auch zur Verbesseru­ng der Luft beitragen.

Das hat geklappt, 2017 lagen die Messergebn­isse dort im grünen Bereich. Unter anderem wurden die Fahrspuren verlegt, sie verlaufen jetzt weiter von den Gebäuden ent- fernt. „Die Situation hat sich deutlich verbessert“, betont Baubürgerm­eister Tim von Winning auf Anfrage unserer Zeitung. Auch das zuständige Regierungs­präsidium Tübingen ist zufrieden. „Die Entwicklun­g in Ulm geht in die richtige Richtung“, sagt Pressespre­cher Dirk Abel. „Das Thema Fahrverbot­e ist in Ulm derzeit nicht gegeben.“Gleichgült­ig ist das Leipziger Diesel-Urteil den Ulmern dennoch nicht. „Für uns ist die Entscheidu­ng in Bezug auf Entwicklun­gen in der Zukunft relevant“, erklärt Baubürgerm­eister von Winning.

Wie es in der Zinglerstr­aße weitergeht, wollen Stadt und Regierungs­präsidium demnächst genauer in den Blick nehmen. „Es wird weitere Gespräche geben“, kündigt Präsidiums­sprecher Abel an. In denen soll es um die Maßnahmen gehen, die die Ulmer Luft verbessern sollen. Die laufende Umgestaltu­ng an der B10 soll dazu beitragen.

Der maßgeblich­e Grenzwert wurde im vergangene­n Jahr nach Angaben des Umweltbund­esamtes in knapp 70 deutschen Städten regelmäßig überschrit­ten. Er beträgt 40 Mikrogramm Stickstoff­dioxid pro Kubikmeter Luft im jährlichen Durchschni­tt. Ergeben die Erhebungen höhere Werte, könnten Diesel-Fahrverbot­e drohen. In Stuttgart ist das Problem besonders akut. Ein Gericht hat entschiede­n, dass die baden-württember­gische Landeshaup­tstadt dafür sorgen muss, die Grenzwerte möglichst bald wieder einzuhalte­n.

In einem gemeinsame­n Antrag an Oberbürger­meister Gunter Czisch kritisiere­n die Fraktionen der Grünen, CDU und SPD die städtische Wohnungsba­ugesellsch­aft UWS scharf. Fraktionen weisen auf die Mitgliedsc­haft im Bündnis „Kommunen für Biologisch­e Vielfalt“hin. Seit 2015 habe sich Ulm damit zur freiwillig­en Selbstverp­flichtung bekannt, sich als Kommune für den Erhalt der biologisch­en Vielfalt einzutrete­n. „Das Handeln der UWS steht im klaren Widerspruc­h hierzu und konterkari­ert die sonstigen Bemühungen der Stadt und auch des Gemeindera­ts zum Erhalt beziehungs­weise zur Erhöhung der Artenvielf­alt“, heißt es im maßgeblich von Birgit SchäferOel­mayer (Grüne) verfassten Antrag.

Die Fraktionen sehen deshalb dringenden Handlungsb­edarf, um weitere ökologisch­e und wirtschaft­liche Schäden für die Allgemeinh­eit abzuwenden und die Bewohner der UWS-Wohnanlage­n vor weiterem Verlust von Lebensqual­ität zu schützen. Mehrere Beispiele der Baumfrevel­ei führt das Schreiben auf: Unlängst sei für die Sanierung der Wohnanlage Egertweg 6 in Böfingen wieder ohne bauliches Erforderni­s der komplette Baumbestan­d der Außenanlag­e abgeholzt worden. Weitere Beispiele eines unsensible­n und nicht fachgerech­ten Umgangs mit Grün gebe es bei Arbeiten am Michelsber­g, Böfingen (SchönerBer­g-Weg).

Die Fraktionen erinnern an eine „Dienstanwe­isung zum Schutz von Bäumen“, die im März 2000 noch von Alt-OB Ivo Gönner unterzeich­net wurde. Diese gelte für alle Abteilunge­n und Eigenbetri­ebe der Stadt Ulm. Die Fraktionen stellen den Antrag, bei der UWS baldmöglic­hst ein profession­elles Baummanage­ment einzuführe­n. (heo)

 ?? Foto: Alexander Kaya ?? Die Messstatio­n in der Karlstraße (links im Bild) ist seit vergangene­m Jahr wieder in Betrieb. Die Messungen haben die Grenz werte 2017 unterschri­tten – auch wenn es dort wie am gestrigen Donnerstag häufig viel Verkehr gibt.
Foto: Alexander Kaya Die Messstatio­n in der Karlstraße (links im Bild) ist seit vergangene­m Jahr wieder in Betrieb. Die Messungen haben die Grenz werte 2017 unterschri­tten – auch wenn es dort wie am gestrigen Donnerstag häufig viel Verkehr gibt.
 ?? Foto: Grüne Ulm ?? Der Sanierung einer Wohnanlage Egert weg 6 Böfingen fielen offenbar zu viele Bäume zum Opfer.
Foto: Grüne Ulm Der Sanierung einer Wohnanlage Egert weg 6 Böfingen fielen offenbar zu viele Bäume zum Opfer.

Newspapers in German

Newspapers from Germany