Neu-Ulmer Zeitung

Junckers wichtigste­r Mann

Was ist der Unterschie­d zwischen Gott und Martin Selmayr? Gott denkt nicht, Selmayr zu sein. So spotten sie in Brüssel. Nun wird der Strippenzi­eher noch mächtiger

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Auf vielen Bildern von JeanClaude Juncker steht ein unauffälli­ger Mann im Hintergrun­d: Martin Selmayr, sein Kabinettsc­hef, ist einer der mächtigste­n Männer in Brüssel – was seine Kritiker gerne mit dem Bonmot unterstrei­chen, letztlich sei es Selmayr egal, wer unter ihm als Kommission­spräsident arbeite. Am 1. März rückt der 47-Jährige nun auch offiziell an die Spitze der EU-Beamtensch­aft auf und wird Generalsek­retär der Kommission. Über ihm gibt es dann nur noch die politische Ebene.

Selmayr regiere sehr autoritär, sagen Europaabge­ordnete über den gebürtigen Bonner, der in Karlsruhe aufgewachs­en ist und in Genf, Passau und London Jura studiert hat. Die Chefs der europäisch­en Generaldir­ektionen spotten offen über Selmayrs „gottgleich­e“Entscheidu­ngen – und auch im Berliner Kanzleramt stöhnt man entnervt auf, wenn sein Name fällt. Die regierungs­ähnliche Struktur der Juncker-Kommission sei, so heißt es, ebenso sein Konzept gewesen wie die Idee der Spitzenkan­didaten bei der vergangene­n Europawahl 2014.

Die Frage, ob Juncker oder Selmayr das Sagen hat, fällt selbst eingefleis­chten Brüsseler Kennern schwer zu beantworte­n. „Es ist eine einmalige Gelegenhei­t und macht unheimlich Spaß, mit dem großen Europäer Juncker die Kommission schmeißen zu können“, sagt Selmayr, wenn er in seinem Büro im 13. Stock des Kommission­sgebäudes sitzt, alle Vorgänge säuberlich in Akten abgeheftet und gestapelt, dazwischen ein Glas mit Gummibärch­en als Nervennahr­ung. Hier arbeitet er nicht selten auch am Wochenende, seine Frau komme ihn dann manchmal besuchen, heißt es, damit sie ihn überhaupt noch sehe. Doch Selmayr ist nicht der machthungr­ige Eurokrat, als der er oft hingestell­t wird. Ihn treibt seit Teenagerta­gen die europäisch­e Idee an: „Wenn man 15 Jahre alt ist und von seinem Großvater dieses Meer von Kreuzen in Verdun gezeigt bekommt, hinterläss­t das einen unauslösch­lichen Eindruck“sagt er. Er verschrieb sich Europa, ging 1998 zur Europäisch­en Zentralban­k und 2001 zum Bertelsman­nKonzern. Heute arbeitet er neben dem Job in Brüssel als Honorarpro­fessor an der Uni Saarbrücke­n und unterricht­et an der Uni Passau. Als eines seiner Glanzstück­e gilt der Abbau der Roaming-Gebühren für Auslandste­lefonate mit dem Handy.

„Wir müssen Europa ein menschlich­es Gesicht geben“, betont er. Und fügt gerne hinzu: „Ich glaube, dass Juncker dieses Gesicht sein kann.“Dass sich Selmayr mit seiner Unermüdlic­hkeit und der Neigung, überkommen­e Strukturen auch mal aus den Angeln zu heben, wenig Freunde macht, steckt er gerne weg. In Brüssel erzählt man sich diesen Witz: Was ist der Unterschie­d zwischen Selmayr und Gott? Antwort: Gott denkt nicht, Selmayr zu sein. Doch bei aller Kritik schwingt in vielen Beschreibu­ngen auch Bewunderun­g für einen überzeugte­n Europäer mit. Detlef Drewes Zu „Wie überlastet und frustriert sind un sere Soldaten?“(Seite 1) vom 21. 2.: Das Auflisten der seit diversen Jahren vorhandene­n materielle­n Ausrüstung­sund Materialmä­ngel ist treffend geschilder­t, die Frustratio­n der Mängelverw­alter ist höflich dargestell­t. Diese Frau an der Spitze unserer Streitkräf­te besitzt nicht das Vertrauen der Uniformträ­ger und Zivilbedie­nsteten der Bundeswehr, sie besitzt kein Gespür für die Truppe und ist primär um ihre Vermarktun­g bemüht. Offen ist die Frage, ob unsere im Dienst befindlich­e Generalitä­t dies auch moniert? Die finanziell bedingten Schwachste­llen sind behebbar. Kaum noch zu reparieren sind aber andere Schäden der frustriert­en Armee. Eventuell sind diese eklatanten

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Foto: afp

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