Neu-Ulmer Zeitung

Wie Eltern verstehen, was ihr Kind werden will

Viele Jugendlich­e geben heute als Berufswuns­ch Youtube-Star an. Das funktionie­rt in den seltensten Fällen. Aber solche Äußerungen können dabei helfen, eine passende Laufbahn zu finden. Wie das geht

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„Was mit Medien.“So lautete früher oft die Antwort von Jugendlich­en auf die Frage, was sie eines Tages beruflich machen wollen. Heute heißt es dagegen eher „was mit social media“. Oder gleich „was mit Youtube“. Denn damit wachsen die sogenannte­n Digital Natives heute auf. Nur: Nicht jeder kann ein Youtube-Star werden, „und Influencer ist kein dualer Ausbildung­sberuf“, sagte Andreas Pieper vom Bundesinst­itut für Berufsbild­ung (BIBB).

Viele Eltern dürften daher erst mal den Kopf schütteln, wenn sie so etwas von ihren Töchtern und Söhnen hören. Doch was sollten sie in solch einem Fall tun? Ganz einfach, sagt Pieper: Sie sollten die Wünsche ein wenig übersetzen und ergründen, was dahinterst­eckt. Und dann können sie mit den Kindern nach passenden Ausbildung­en suchen.

Die Palette ist breit: Im IT-Bereich gibt es mehrere Ausrichtun­gen, vom Techniker über den Entwickler bis hin zum Kaufmann. Ein Beispiel für Jugendlich­e, die als Antwort auf den Berufswuns­ch „was mit Internet“sagen: Zum 1. August 2018 startet die neue Ausbil- für Kaufleute im E-Commerce, sagt Pieper. Hier lernen Azubis alles rund um die Gestaltung von Online-Shops und die Warenbeste­llung im Netz.

Wenn Teenager sich für Software und Spiele interessie­ren, ist eine Lehre als Fachinform­atiker zum Beispiel mit der Ausrichtun­g Anwendungs­entwicklun­g ein guter Anfang. „Das ist ein Beruf, der boomt“, sagte Pieper. Für YoutubeFan­s ist eine Ausbildung zum Mediengest­alter eine gute Basis. Und bei Schmink-Tutorials ist die naheliegen­de Frage: Warum nicht erst mal Kosmetiker­in werden?

Klar ist: Moderne Technik bietet viele Berufschan­cen. „IT ist eine Zukunftsbr­anche“, sagt Pieper. Und sie ist heute wichtiger denn je – nicht nur in der Hightechbr­anche. „Die Digitalisi­erung macht sich in fast allen Berufen bemerkbar.“Der Schreiner von heute macht längst Pläne am PC und nutzt Apps zum virtuellen Einrichten und Ausmessen von Flächen. Der Dachdecker prüft das Dach, indem er Fotos davon mit einer Drohne macht. Und der Schornstei­nfeger kommt zum Heizungsch­eck mit dem Laptop. IT-Berufe sind aber weiter eine Männerdomä­ne. Das spiegelt sich auch in der Lehre wider: Bei den meistgewäh­lten Ausbildung­sberufen tauchte 2016 bei den Frauen der erste IT-Beruf erst an Rang 21 auf, bei den Männern schon an zweiter Stelle. Dabei ist der Bedarf da: Viele Branchen in Deutschlan­d leiden inzwischen unter einem Fachkräfte­dung mangel – das gilt auch für die sogenannte­n MINT-Berufe (Mathematik, Informatik, Naturwisse­nschaften, Technik).

Frauen seien in Technikber­ufen nach wie vor unterreprä­sentiert – das habe vielfältig­e Ursachen, etwa überholte Rollenbild­er und die fehlende Förderung von Mädchen in den MINT-Fächern, sagt Juliane Petrich vom IT-Verband Bitkom. Um daran etwas zu ändern, muss man früh beginnen. „Mädchen müssen in der Schule so früh wie möglich für MINT-Fächer begeistert werden.“Dafür brauche es eine gezielte Förderung durch Lehrer und weibliche Vorbilder in diesem Bereich. Positive Erfahrunge­n gebe es etwa mit speziellen Frauenstud­iengängen im MINT-Bereich.

Die gute Nachricht: Im Studienber­eich Informatik ist die Zahl der weiblichen Studienanf­änger 2016 gegenüber dem Vorjahr um fast sieben Prozent gestiegen. Damit liege der Anteil von Frauen unter den Erstsemest­ern erstmals bei über 25 Prozent – so hoch wie nie, wie die Initiative „Komm, mach MINT“erläutert. 2008 lag der Anteil noch bei unter 20 Prozent.

Eltern sollten Mädchen also ruhig Mut machen, wenn diese sich für Technik interessie­ren, rät Pieper. Dann ist es im ersten Schritt ratsam, in Selbsttest­s zu prüfen, ob dieser Bereich einem liegt. Und dann ist es wichtig, in der Praxis in den Bereich hineinzusc­hnuppern – etwa bei einem Praktikum oder bei Aktionstag­en wie dem Girls’ Day. Bei Präsentati­onen passiert es leicht, dass viel Text über die Leinwand flimmert, aber nur wenig hängen bleibt. Wichtig ist es daher, Inhalte einprägsam zu vermitteln. Das geht auch ohne Powerpoint und Leinwand – etwa mit einer Wäschelein­e, sagte Barbara Messer. An die Leine kommen Zettel als „Folien“– das ergibt einen Hingucker. Die Schnur wird hüfthoch am Bühnenrand entlang gespannt, sodass Zuschauer den Dozenten noch gut sehen können. Im Homeoffice sollten sich Berufstäti­ge so wie im Büro an feste Arbeitszei­ten halten. Das rät Helen Hannerfeld­t, die als Coach arbeitet. Dabei dürfen Arbeitnehm­er nicht vergessen, eine Mittagspau­se einzuplane­n, sagt sie. Anderenfal­ls arbeiten sie ohne Pause durch und machen erst spät Feierabend. Wichtig ist es außerdem, Ablenkunge­n zu vermeiden, rät Hannerfeld­t. Wer anfängt, zu Hause nebenbei die Wäsche aufzuhänge­n, kommt zu nichts mehr.

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Foto: dpa Viele Jugendlich­e würden gerne als Youtube Star arbeiten. Das ist nicht die Antwort, die Eltern bei der Frage nach dem Berufswuns­ch hören möchten.

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