Leitartikel
Kramp-Karrenbauer als Reservekanzlerin, Spahn und Klöckner steigen auf: In der CDU herrscht prompt wieder Ruhe. Aber welchen Kurs schlägt die Partei ein?
Angela Merkel hat die Zeichen an der Wand offenbar verstanden. Sie handelt, ehe der aufgestaute Frust über die schwere Wahlniederlage und die Abgabe des Bundesfinanzministeriums an die SPD in eine offene, ihre Führungsautorität gefährdende Revolte mündet – und kommt den Kritikern weit entgegen. Mit der Berufung der saarländischen Regierungschefin Kramp-Karrenbauer zur Generalsekretärin, der Beförderung Jens Spahns zum Gesundheitsminister und einer Verjüngung der Ministerriege liefert die Kanzlerin das von starken Kräften geforderte Signal einer „personellen Erneuerung“. Sei es aus Schwäche unter Druck, sei es aus Einsicht in die Notwendigkeit einer Blutauffrischung oder aus beidem: Dieses Zugeständnis genügt, um das Heft des Handelns in der Hand zu behalten und die Unruhe über die Zukunft der CDU zu dämpfen. Zwar sind die Zeiten, in denen Angela Merkel in der CDU nach Belieben schalten und walten konnte, vorbei. Und über kurz oder lang wird – ob es Merkel passt oder nicht – die Debatte darüber beginnen, wer eines Tages die Nachfolge antreten soll. Aber so weit ist der Verdruss über die langjährige Vorsitzende noch nicht gediehen, als dass deren Position in absehbarer Zeit erschüttert werden könnte. Nach „GöttinnenDämmerung“(Andrea Nahles) jedenfalls sieht es nicht aus.
Wenn die SPD-Mitglieder mitspielen und den vom CDU-Parteitag abgesegneten Koalitionsvertrag ebenfalls durchwinken, ist die Wiederwahl Merkels zur Kanzlerin gesichert. Wenn nicht, wird die neu formierte Union mit Merkel zu Neuwahlen antreten – gegen eine SPD, die unter diesen Umständen nur weiter verlieren kann. Die Kanzlerin mag den Zenit ihrer Macht überschritten haben, ist aber in einer anhaltend starken Position. Und warum sollte die CDU, deren Hauptaugenmerk seit eh und je der Machtsicherung und weniger dem programmatischen Disput gilt, die eigene Kanzlerin demontieren? Auf einem anderen Blatt steht, ob Merkel bis zur Wahl 2021 ein Rückzug aus freien Stücken und eine Art von geordneter Übergabe gelingt. Es sieht so aus, als ob sie auf Kramp-Karrenbauer setzte. Entschieden freilich ist trotz des rasanten Aufstiegs von „AKK“zur Reservekanzlerin nichts. Erstens hat die Partei das letzte Wort. Zweitens ist auch mit Jens Spahn, der Galionsfigur der Konservativen, oder Julia Klöckner zu rechnen. Drittens hängen Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur davon ab, welchen Kurs die CDU künftig einschlagen wird.
Die personelle Erneuerung hat begonnen, und Angela Merkel ist nicht mehr „alternativlos“. Die inhaltliche Erneuerung hingegen steht der CDU noch bevor. Unter Merkel hat die Partei an Profil und Erkennbarkeit eingebüßt, das Debattieren verlernt und die Politik der Regierungschefin meist gehorsam abgenickt. Deren Modernisierungskurs ist um den Preis einer gewissen Beliebigkeit und einer programmatischen Entkernung der CDU erfolgt. Wenn die Union die mit Abstand stärkste Kraft der deutschen Politik bleiben will, dann braucht sie nicht nur eine Vorstellung davon, wie das Land in zehn, 15 Jahren aussehen soll. Dann muss sie auch den von Merkel an den Rand gedrängten wertkonservativen und wirtschaftsliberalen Kräften wieder eine Heimat bieten.
Die (Überlebens-)Kunst einer Volkspartei der Mitte besteht darin, die verschiedenen Strömungen unter ihrem Dach zu bündeln und bei Bedarf sowohl nach links (wie unter Merkel) als auch nach rechts auszugreifen, ohne dabei Prinzipien aufzugeben. Gelingt dieser Balanceakt und kehren wegen der Zuwanderungspolitik abgewanderte Wähler zurück, dann kann es mit der auf 26 Prozent abgestürzten CDU auch wieder aufwärtsgehen. Zur Debatte „Ist Deniz Yücel ,ein anti deutscher Hassprediger‘?“von Michael Stifter (Politik) vom 24. Februar: Kann man da noch helfen? Wer gibt Frau Weidel Nachhilfe in Sachen „Literatur“– speziell zur Gattung „Satire“? Dass ein Autor durch Ironie, Spott oder Übertreibung einen Sachverhalt ins genaue Gegenteil verkehrt, um den Leser damit herauszufordern und zum Nachdenken zu veranlassen, ist ein uraltes Stilmittel (seit der Antike). Nur Frau Weidel weiß das offensichtlich nicht. Schade, denn Allgemeinbildung wäre eine gute Ausstattung für jemanden, der dem Deutschen Bundestag angehört.
Memmingen Zum selben Thema: Ich nehme also zur Kenntnis, dass es sich um Satire handelt, wenn Yücel schreibt, dass „der baldige Abgang der Deutschen Völkersterben von seiner schönsten Seite ist“. Damit wäre er ja wieder rehabilitiert, wenn er nicht noch eine andere Schmähschrift veröffentlicht hätte, nämlich seine Verunglimpfung von Thilo Sarrazin als „lispelnde, stotternde, zuckende Menschenkarikatur“. Das ist wohl nicht mehr so ganz leicht als Satire abzutun, zumal Yücel ihm auch noch wünscht, dass der nächste Schlaganfall sein Werk gründlicher verrichtet. Diese literarische Entgleisung dürfte zumindest einen Blick auf den Charakter des Menschen werfen, über dessen Freilassung sich derzeit alle Medien vor Freude überschlagen.
Augsburg Zu „Das ‚Seepferdchen‘ reicht nicht“(Bayern) vom 22. Februar: In meiner damaligen Volksschulklasse (geb. 1948) konnten von 30 Schülern mindestens 28 schwimmen. Meine beiden Kinder (heute 43/40) konnten es beide rechtzeitig zur Einschulung. Und warum? Seinerzeit kümmerten sich die Eltern um diese Aufgabe. Heute wird ein Großteil der Erziehung auf den „Staat“abgewälzt. In Ihrem Artikel wird mit keiner Silbe die Verpflichtung der Eltern erwähnt. Stattdessen: Es sollten „Schwimmbäder (am besten Hallenbäder) in erreichbarer Nähe von Grundschulen“sein. Also Neubauten? Was das kosten würde, auch an Unterhalt! Also liebe Eltern: Kümmert euch etwas mehr um eure Kinder!
Aichach „Studie: Jeder vierte junge Mensch ist psychisch krank“(Seite 1) vom 23. 2.: Da muss mit aller Gewalt studiert werden – auch wenn viele wissen, dass sie es nicht „packen“. Trotz vieler Gründe (meist aus dem familiären Umfeld) ist es oft besser, wenn derjenige eine Berufsausbildung macht. Die ist zwar auch nicht stressfrei und manchmal hart, aber nach drei Jahren hat der Azubi sein Zeugnis in der Hand und eine ordentliche Ausbildung. Der vor Jahren praktizierte Numerus clausus sollte wieder eingeführt werden, um die Flut der Studenten früher in die Arbeitswelt zu bekommen.
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