Neu-Ulmer Zeitung

Der mühsame Kampf gegen die Waffenlobb­y

Zwei Wochen nach dem Massaker in Parkland kehren die Überlebend­en an die Schule zurück. Sie haben geweint, sie haben Trump angefleht und sogar erreicht, dass sich die Stimmung in den USA dreht. Könnte es nun tatsächlic­h schärfere Waffengese­tze geben?

- VON THOMAS SEIBERT UND SONJA KRELL

Marco Rubio zuckt zusammen. Vielleicht weil er nicht mit dieser Frage gerechnet hat. Vielleicht, weil er auf diese Frage gar nicht antworten kann. Die Zuschauer im Publikum sind aufgestand­en, applaudier­en, bejubeln den Mut, den Cameron Kasky gerade eben bewiesen hat. Der 17-Jährige besucht die Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland. Er hat das Blutbad miterlebt, das ein 19-Jähriger dort vor zwei Wochen mit einem Sturmgeweh­r angerichte­t hatte. Und er ist überzeugt, dass sich endlich etwas ändern muss. Deswegen will der Schüler die Chance, die sich bei der Podiumsdis­kussion von CNN bietet, nutzen. Gerade eben hat er Senator Rubio fest in die Augen geblickt und diese Frage gestellt: „Können Sie mir jetzt verspreche­n, dass Sie keine einzige Spende der NRA mehr annehmen werden?“Jetzt, nachdem 17 Menschen tot sind.

Rubio tippelt von einem Fuß auf den anderen, versucht Zeit zu gewinnen. Dass der republikan­ische Senator von Florida seinen Wahlkampf auch von der NRA, dem mächtigen Verband der Waffenlobb­y, hat finanziere­n lassen, ist bekannt. Der Schüler bleibt hartnäckig. „No more NRA money? – Kein Geld mehr von der NRA?“Rubio ringt um Worte. Dann sagt er: „Der Einfluss dieser Gruppen kommt nicht durch ihr Geld zustande, sondern durch die Millionen Menschen, die die NRA unterstütz­en.“Das Publikum buht.

Die National Rifle Associatio­n (NRA) ist ein Riese in den USA, gegen den keiner so leicht aufmuckt. Die Waffenlobb­y benutzt Wahlkampfs­penden an Politiker wie Rubio, sein. Morgen soll der reguläre Unterricht beginnen, am Sonntag konnten sie erstmals das Gebäude wieder betreten. Ein freiwillig­er Tag zur „Orientieru­ng“, um die Rückkehr zu erleichter­n. Cameron Kasky, der Schüler, der Senator Rubio konfrontie­rt hat, war da. Er hat ein Foto vom Schulgelän­de getwittert und dazu geschriebe­n: „Es tut gut, wieder zu Hause zu sein.“Anderen fällt der Gang viel schwerer. Wie der Lehrerin, die dem Sender NPR erzählte, dass das Klassenzim­mer genauso ausgesehen habe wie am Tag des Massakers – die Hefte lagen auf den Tischen, der Kalender zeigte den 14. Februar. Sie habe sich so krank gefühlt, dass sie gehen musste.

Es sind diese Bilder, die dazu beitragen, dass die Stimmung im Land sich dreht. Die NRA sieht das anders. Ihre wortgewalt­ige Sprecherin Dana Loesch ließ sich gar zu der Aussage hinreißen, die Medien liebten Schulmassa­ker wie dieses. „Weinende weiße Mütter sind Gold für die Quote.“Für viele US-Bürger aber ist längst eine Grenze überschrit­ten. Jüngsten Umfragen zufolge ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit für ein generelles Verbot von Sturmgeweh­ren. Selbst Anhänger des Waffenrech­ts plädieren mittlerwei­le dafür, zumindest diese Kriegswaff­en aus dem Verkauf zu nehmen. „Mein Vater hat zu Hause vier Waffen, aber wozu braucht man ein Sturmgeweh­r?“fragt Jenny, Schülerin aus Washington. Obwohl sie nicht auf die Idee käme, ihrem Vater die Jagdgewehr­e streitig zu machen, marschiert­e sie vor einigen Tagen mit anderen Schülern zum Capitol, um ein Verbot der Sturmgeweh­re zu fordern. Für den 24. März ist eine nationale Kundgebung geplant.

Der Druck auf die Waffenlobb­y wächst. Banken, Fluggesell­schaften

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