Der mühsame Kampf gegen die Waffenlobby
Zwei Wochen nach dem Massaker in Parkland kehren die Überlebenden an die Schule zurück. Sie haben geweint, sie haben Trump angefleht und sogar erreicht, dass sich die Stimmung in den USA dreht. Könnte es nun tatsächlich schärfere Waffengesetze geben?
Marco Rubio zuckt zusammen. Vielleicht weil er nicht mit dieser Frage gerechnet hat. Vielleicht, weil er auf diese Frage gar nicht antworten kann. Die Zuschauer im Publikum sind aufgestanden, applaudieren, bejubeln den Mut, den Cameron Kasky gerade eben bewiesen hat. Der 17-Jährige besucht die Marjory Stoneman Douglas High School in Parkland. Er hat das Blutbad miterlebt, das ein 19-Jähriger dort vor zwei Wochen mit einem Sturmgewehr angerichtet hatte. Und er ist überzeugt, dass sich endlich etwas ändern muss. Deswegen will der Schüler die Chance, die sich bei der Podiumsdiskussion von CNN bietet, nutzen. Gerade eben hat er Senator Rubio fest in die Augen geblickt und diese Frage gestellt: „Können Sie mir jetzt versprechen, dass Sie keine einzige Spende der NRA mehr annehmen werden?“Jetzt, nachdem 17 Menschen tot sind.
Rubio tippelt von einem Fuß auf den anderen, versucht Zeit zu gewinnen. Dass der republikanische Senator von Florida seinen Wahlkampf auch von der NRA, dem mächtigen Verband der Waffenlobby, hat finanzieren lassen, ist bekannt. Der Schüler bleibt hartnäckig. „No more NRA money? – Kein Geld mehr von der NRA?“Rubio ringt um Worte. Dann sagt er: „Der Einfluss dieser Gruppen kommt nicht durch ihr Geld zustande, sondern durch die Millionen Menschen, die die NRA unterstützen.“Das Publikum buht.
Die National Rifle Association (NRA) ist ein Riese in den USA, gegen den keiner so leicht aufmuckt. Die Waffenlobby benutzt Wahlkampfspenden an Politiker wie Rubio, sein. Morgen soll der reguläre Unterricht beginnen, am Sonntag konnten sie erstmals das Gebäude wieder betreten. Ein freiwilliger Tag zur „Orientierung“, um die Rückkehr zu erleichtern. Cameron Kasky, der Schüler, der Senator Rubio konfrontiert hat, war da. Er hat ein Foto vom Schulgelände getwittert und dazu geschrieben: „Es tut gut, wieder zu Hause zu sein.“Anderen fällt der Gang viel schwerer. Wie der Lehrerin, die dem Sender NPR erzählte, dass das Klassenzimmer genauso ausgesehen habe wie am Tag des Massakers – die Hefte lagen auf den Tischen, der Kalender zeigte den 14. Februar. Sie habe sich so krank gefühlt, dass sie gehen musste.
Es sind diese Bilder, die dazu beitragen, dass die Stimmung im Land sich dreht. Die NRA sieht das anders. Ihre wortgewaltige Sprecherin Dana Loesch ließ sich gar zu der Aussage hinreißen, die Medien liebten Schulmassaker wie dieses. „Weinende weiße Mütter sind Gold für die Quote.“Für viele US-Bürger aber ist längst eine Grenze überschritten. Jüngsten Umfragen zufolge ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit für ein generelles Verbot von Sturmgewehren. Selbst Anhänger des Waffenrechts plädieren mittlerweile dafür, zumindest diese Kriegswaffen aus dem Verkauf zu nehmen. „Mein Vater hat zu Hause vier Waffen, aber wozu braucht man ein Sturmgewehr?“fragt Jenny, Schülerin aus Washington. Obwohl sie nicht auf die Idee käme, ihrem Vater die Jagdgewehre streitig zu machen, marschierte sie vor einigen Tagen mit anderen Schülern zum Capitol, um ein Verbot der Sturmgewehre zu fordern. Für den 24. März ist eine nationale Kundgebung geplant.
Der Druck auf die Waffenlobby wächst. Banken, Fluggesellschaften