„Geprügelt wie eine Weltmeisterin“
Ehemalige Bewohner eines Donauwörther Kinderheims berichten von Misshandlungen. Die Fälle sind über 40 Jahre alt – warum sie jetztan die Öffentlichkeit kommen
Strenge Regeln, Drohungen, Gewalt und ein permanentes Klima der Angst bestimmten über Jahre das Leben von Kindern, die in einem Donauwörther Kinderheim eigentlich Schutz und Geborgenheit finden sollten. Das „Cassianeum“wurde bereits 1977 geschlossen – doch in diesen Tagen schlagen die über 40 Jahre alten Misshandlungen rund um den früheren katholichen Pfarrer und Leiter des Kinderheims, Max Auer, hohe Wellen. Der Grund: Das Bistum Augsburg weiß bereits seit mehreren Jahren von den Vorkommnissen im ehemaligen Kloster Heilig Kreuz. Die Öffentlichkeit erfuhr jedoch erst davon, als sich jüngst zwei betroffene Schwestern an Medien wandten. Nach einem Bericht des Bayerischen Rundfunks in der vergangenen Woche melden sich nun immer mehr ehemalige Heimbewohner.
„Wir wissen mittlerweile von sechs Betroffenen“, erklärt KarlGeorg Michel, Sprecher des Bistums Augsburg. Die zwei Schwestern sowie ein weiterer ehemaliger Bewohner seien schon vor Jahren von der Kirche finanziell entschädigt worden, als „Anerkennung des Leids“.
Ein ehemaliges Heimkind, das sich an unsere Zeitung wandte, erzählte von häufiger Gewalt durch eine Erzieherin: „Sie hat geprügelt wie eine Weltmeisterin.“Er betonte aber auch, dass es einzelne Personen gewesen seien, die für ihre Exzesse bekannt gewesen seien. Zu den Strafen im Donauwörther Kinderheim gehörte laut dem Mann, der drei Jahre in der Einrichtung lebte, unter anderem auch, dass Kinder Erbrochenes essen mussten. Zudem durften die Kinder nachts nicht auf die Toilette gehen und wurden drakonisch für kleine Verfehlungen bestraft. Laut den beiden Schwestern gab es auch sexuelle Übergriffe von älteren Buben.
„Was die von körperlichen und seelischen Misshandlungen betroffenen Frauen geschildert haben, hat mich zutiefst bewegt und auch beschämt“, erklärte der heutige Leiter der Stiftung „Cassianeum“, Peter Kosak. Er ist seit wenigen Wochen im Amt und kündigte eine Aufarbeitung der Geschehnisse an. Das könnte jedoch schwierig werden. „Zu meinem großen Erstaunen musste ich feststellen, dass es über das Heim sowohl im Cassianeum als auch im Stadtarchiv Donauwörth nur noch einige wenige Archivbestände gibt“, sagt Kosak und bittet in einem Aufruf auf der Internetseite was passiert ist.“So geht es offenbar auch den beiden Schwestern, die nun den Anstoß für die Debatte rund um das „Cassianeum“gegeben haben.
Warum das Bistum nicht schon vor sieben Jahren, als es von den Vorkommnissen in dem Heim erfahren hat, an die Öffentlichkeit gegangen ist, erklärt Sprecher Michel so: Zum einen sei das „Cassianeum“eine von der Diözese unabhängige Stiftung, die selbst für die Aufarbeitung der Fälle zuständig sei. Zum anderen habe eine der Schwestern vor Jahren Wert darauf gelegt, dass nicht über die Höhe der Entschädigungszahlungen berichtet werde. Kritik, dass die Kirche etwas verheimlichen wollte, weist Michel zurück.
Und auch die Missbrauchsbeauftragte erklärt, dass die Diözese sehr großen Wert auf die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen lege. „Ich habe nicht das Gefühl, dass hier etwas unter den Tisch gekehrt wird“, sagt Ketterle-Faber, die seit 2013 im Amt ist. Seit dem Jahr 2010 hat die Diözese Augsburg 66 Missbrauchsopfern Entschädigungen in Höhe von 480000 Euro bezahlt.
In Köln ist Anfang Februar ein 24-jähriger Mann festgenommen worden, der in großem Stil Daten im Internet gestohlen und weiterverkauft haben soll. Die Zentralstelle für Cybercrime Bayern und Computerspezialisten der Kriminalpolizei Ingolstadt hatten fast eineinhalb Jahre in dieser Sache ermittelt, wie die zuständige Generalstaatsanwaltschaft Bamberg am Montag mitteilte. Auslöser war die Anzeige eines Online-Versandhändlers aus dem Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord gewesen. Der Händler hatte Mitte 2016 einen Angriff auf seinen Webserver gemeldet.
Dabei soll der mutmaßliche Hacker rund eine halbe Million Kundendatensätze abgegriffen und später auf diversen Seiten mit Gewinn an interessierte Netz-Kriminelle weiterverkauft haben. Diese wiederum hätten die dann für betrügerische Bestellungen genutzt.
Wie die Cyber-Spezialisten im Zuge der Ermittlungen herausfanden, sei der Kölner bereits zuvor gute eineinhalb Jahre auf einem einschlägig bekannten Forum im Netz unterwegs gewesen. Unter Pseudonym soll er auch dort „in einer Vielzahl von Fällen“Zugangsdaten von Online-Zahlungsdienstleistern zum Kauf angeboten haben. Diese wiederum habe er über sogenannte Phishing-Mails ausgespäht. An die Versandadressen dafür soll er gekommen sein, weil er zuvor verschiedene Webshops gehackt habe.
Als die Polizei am 6. Februar in Köln zugriff, kam auch eine Spezialeinheit zum Einsatz. Die Beamten stellten einen Computer, drei Han– dys, zwei Laptops und diverse Speichermedien sicher. Erste Auswertungen des Beweismaterials hätten den weiteren Angaben der Generalstaatsanwaltschaft zufolge den Verdacht gegen den Mann erhärtet. Zudem hätten sich Hinweise auf weitere Straftaten ergeben. Der Beschuldigte sitzt inzwischen wegen Flucht- und Verdunkelungsgefahr in Untersuchungshaft. Wie hoch der mutmaßlich entstandene Schaden sein könnte, steht nach Angaben eines Polizeisprechers noch nicht fest. Die Ermittlungen laufen.
Die in Bamberg angesiedelte Zentralstelle Cybercrime gibt es in Bayern seit Anfang 2015. Die Ermittler kümmern sich um die gesamte Breite von Netzkriminalität.