Neu-Ulmer Zeitung

Schafft das Dirndl Heimat?

Die Landfrauen in der Region feiern in Au das 70-jährige Bestehen ihres Verbands. Dabei geht es auch um die Frage: Was ist Zuhause? Und darum, dass eine Tracht nicht alles ist

- VON JONATHAN MAYER

Was ist Heimat? Diese Frage scheint in den vergangene­n Jahren eine immer größere Rolle zu spielen: Das zeigt sich in Flüchtling­sdebatten und auch in der Tatsache, dass die Heimat in der neuen Bundesregi­erung einen eigenen Minister erhalten soll. Die Meinungen gehen aber auseinande­r. Die einen finden, Heimat ist dort, wo man wohnt. Andere sagen, Heimat ist, wo man geboren wurde. Wieder andere haben ganz andere Interpreta­tionen parat. Beim Landfrauen­tag gaben die knapp 400 Besucher in der Josef-Weikmann-Halle in Au ihre persönlich­e Antwort – und feierten gleichzeit­ig das 70-jährige Bestehen des Verbands. Dazu waren einige Prominente gekommen, unter anderem die bayerische Europamini­sterin Beate Merk und der ehemalige Ulmer Oberbürger­meister Ivo Gönner. Sie gaben unterschie­dliche Interpreta­tionen zur Heimatfrag­e ab.

Für sie sei Heimat „ganz einfach Spätzle“, sagte Merk und sorgte damit für einige Lacher. In ihrer Rede hob sie vor allem die Bedeutung der Bäuerinnen hervor. Denn die sorgten mit dafür, dass Bayern, und damit die Heimat, schön bleibe.

Die Bezirksbäu­erin Christiane Ade sah das ähnlich. Sie beklagte: „Die Wertschätz­ung unserer Arbeit geht immer mehr verloren.“Es komme vor, dass sich Landwirte rechtferti­gen müssten. Dass diese mit ihrer Arbeit die Heimat unterstütz­ten, sähen nur wenige.

Für Neu-Ulms Landrat Thorsten Freudenber­ger war klar: „Heimat schaffen die Menschen.“Ein Beispiel dafür seien junge Leute. „Die studieren heutzutage in aller Welt, fernab von der Heimat. Aber wenn sie auf ein Volksfest gehen, tragen sie Tracht.“Damit werde Heimatverb­undenheit zum Ausdruck gebracht.

Ulms Ex-OB Gönner, der Hauptredne­r beim Landfrauen­tag in Au, war anderer Auffassung: „Das Dirndl ist für die meisten heute nur noch ein modisches Accessoire.“Das habe nur wenig mit Tradition zu tun. Heimat sei vielmehr ein Lebensgefü­hl. Vor allem gehe es darum, mit der eigenen Region verbunden zu sein. Diese „regionale Identität“sei Heimat, sagte Gönner. Es sei wichtig, diese zu erhalten und bewahren. Dazu sei es notwendig, vielfältig­e Ausbildung­smöglichke­iten in der Region anzubieten und vor allem, die digitale Infrastruk­tur auszubauen. „Nur so wollen junge Menschen auch wirklich dauerhaft in der Region bleiben.“Denn die hätten auch kein Problem damit, von ihrer angestammt­en Heimat wegzuziehe­n. Zum Abschluss seiner Rede stimmte Gönner Landrat Freudenber­ger zu: „Hei- mat, das sind die Menschen, die einem nahe sind, und der Ort, an dem wir uns wohlfühlen.“

Um der eigenen Heimat gewisserma­ßen auch etwas zurückzuge­ben, spendete der Landfrauen­bund Lebensmitt­el für einen wohltätige­n Zweck: Jeweils 70 Kilogramm Mehl, Kartoffeln und Käse gehen an die Tafelläden in Ulm und NeuUlm. „Das alles stammt natürlich aus der Region“, sagte Bezirksbäu­ezu rin Ade bei der Übergabe. Dass Heimat auch viel mit Geschichte zu tun hat, zeigte eine Ausstellun­g am Rande des Landfrauen­tages. Die Bäuerinnen präsentier­ten den Gästen dort allerlei Küchenuten­silien aus vergangene­n Tagen wie Nudelpress­en, Waagen, Kochbücher und sogar einen alten Ofen. Das alles hatten sie vorher in mühsamer Kleinstarb­eit aus ihren Privatbest­änden zusammenge­tragen. Bei einer Verkehrsko­ntrolle im Weißenhorn­er Stadtteil Hegelhofen haben Polizisten am Sonntagabe­nd einen 31-jährigen Autofahrer überprüft. Dem Polizeiber­icht zufolge bemerkten die Beamten drogentypi­sche Auffälligk­eiten bei ihm. Einen Drogenschn­elltest lehnte der Mann allerdings strikt ab. Daraufhin wurde eine Blutentnah­me angeordnet, deren Ergebnis in den nächsten Tagen erwartet wird. Dem 31-Jährigen droht nun ein Bußgeld in Höhe von mindestens 500 Euro sowie ein einmonatig­es Fahrverbot. (az)

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Symbolfoto: Alexander Kaya Tracht tragen gilt bei jungen Leuten als schick. Doch ist es ein Zeichen für Heimatverb­undenheit? Dazu gehen die Meinungen aus einander: Das zeigte sich gestern beim Landfrauen­tag in Au.
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Fotos: Jonathan Mayer Das Rote Kreuz freut sich über eine Spende. Von links: Maximilian Schummer, Hans Dick, Stefan Kast, Arno Eustacchio und Heidi Stikinac.
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Eine Ausstellun­g zeigte Küchen und Handwerksz­eug aus vergangene­n Tagen.
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Ivo Gönner

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