Dämpfer für Trumps Abschiebepläne
US-Richter schützen mehrere hunderttausend junge Migranten. Zumindest vorerst dürfen die sogenannten „Dreamer“bleiben. Das ärgert vor allem den US-Präsidenten
Wie haben die Köpfe geraucht in den vergangenen Monaten. Pläne wurden erarbeitet und verworfen. Lange Sitzungen in Hinterzimmern und vor den Kameras verliefen ohne Ergebnis. Politiker stritten sich und warfen sich gegenseitig Verantwortungslosigkeit vor. Unterdessen mussten mehrere hunderttausend unschuldige junge Leute die baldige Abschiebung aus den USA befürchten. Doch plötzlich, mit einer dürren Erklärung des Verfassungsgerichts in Washington, ist der Streit zumindest vorerst geklärt. Die sogenannten „Dreamer“(Träumer) dürfen mindestens bis zum nächsten Jahr bleiben, Politiker im Kongress haben mehr Zeit für eine Lösung. Sauer ist nur einer: Donald Trump.
Der Mann, der – wie gestern bekannt wurde – offenbar bereits seinen Wahlkampf für die nächste Kandidatur 2020 vorbereitet, hatte die Einwanderungspolitik zur Chefsache erklärt. Er will eine Mauer an der Grenze zu Mexiko bauen und die Mexikaner dafür bezahlen lassen. Er will Bürger aus einer Reihe mehrheitlich muslimischer Staaten nicht mehr ins Land lassen. Und er will die rund 800 000 „Dreamer“hinauswerfen – junge Leute, die als illegaler Einwanderer ins Land kamen und bisher geduldet werden. Alle zwei Jahre müssen sie eine neue Aufenthaltsgenehmigung beantragen, mit der sie in den USA leben, arbeiten oder studieren dürfen.
Im September ordnete Trump das Ende der Duldung der „Dreamers“zum 5. März an. Damit wollte der Rechtspopulist die oppositionellen Demokraten zu einem Deal zwingen: Er bot an, auf den Rauswurf der jungen Menschen zu verzichten, auszusetzen. Neuanträge werden zwar nicht mehr angenommen, doch Trumps Regierung schaltete das Verfassungsgericht ein, um die Gerichte zu umgehen – aber nach der Weigerung der obersten Richter, sich einzumischen, wird es vorerst keine Abschiebungen geben.
„Dreamer“und Unterstützergruppen sind glücklich, dass die Katastrophe vorerst ausbleibt, dringen aber auf eine dauerhafte Lösung. Die Ohrfeige für die Regierung vor Gericht sei eine gute Nachricht, doch sei damit die Unsicherheit für die „Dreamers“noch nicht aus der Welt geschafft worden, erklärte die Bürgerrechtsgruppe ACLU.
Damit ist auch vorerst nicht zu rechnen. Im Kongress sind die meisten Politiker bemüht, in den Monaten vor den Zwischenwahlen im November kontroverse Entscheidungen zu vermeiden. Das bedeutet, dass ein neuer Lösungsversuch wahrscheinlich erst im kommenden Jahr gestartet werden dürfte. Die Demokraten hoffen, bis dahin die Mehrheit in mindestens einer der beiden Parlamentskammern erobert zu haben; im November wird das gesamte Repräsentantenhaus und ein Drittel des Senats neu gewählt. Laut Umfragen haben die Demokraten gute Chancen auf Zugewinne. Für die Trump-Regierung beKinder deutet der Richterspruch, dass ihr eine wichtige politische Trumpfkarte in der Einwanderungsdebatte aus der Hand genommen worden ist. Entsprechend verschnupft reagierte der Präsident. Er schimpfte über das als sehr liberal bekannte Appellationsgericht des Neunten Bezirks in San Francisco, das mit seiner Entscheidung die geplanten Abschiebungen gestoppt hatte. Später fällte ein Bundesgericht in New York ein ähnliches Urteil. „Nichts ist so schlimm wie der Neunte Bezirk“, maulte Trump. Wie schon beim Streit um den Muslim-Bann versuchten die Richter in San Francisco jetzt wieder, seine Regierung zu stoppen. Am Ende werde er im Hauptverfahren vor dem Verfassungsgericht siegen, doch derzeit müsse er sich beugen. „Das ist eine sehr, sehr traurige Sache.“
Nun hofft die Regierung, dass der Streit vor den Appellationsgerichten zügig abgeschlossen wird und dass anschließend der vorwiegend mit Konservativen besetzte Verfassungsgerichtshof eine Entscheidung im Sinne von Donald Trump trifft. Doch auch das kann bis zum nächsten Jahr dauern. Trump versucht weiter, die Demokraten zu einer Abmachung zu bewegen. Doch die Opposition hat es damit nun nicht mehr eilig.
Nach dem Mord an dem slowakischen Enthüllungsreporter Jan Kuciak fordert der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) eine umfassende Ermittlung der Hintergründe. „Der Fall muss umgehend und rückhaltlos aufgeklärt werden – auch, ob die vorher bekannten Bedrohungen von den Behörden ernst genommen wurden und was sie unternommen haben, um den Kollegen zu schützen“, sagte DJV-Chef Frank Überall der Heilbronner Stimme. Der Fall zeige auch, wie wichtig es sei, Journalisten in Europa bei ihrer Arbeit – und damit letztlich die Pressefreiheit – zu schützen.
Kuciak und seine Verlobte waren in ihrem Privathaus erschossen worden. Wahrscheinlichstes Motiv sei die Tätigkeit des Mannes gewesen, sagte Polizeipräsident Tibor Gaspar. Der 27-jährige Kuciak hatte im Internetportal Aktuality.sk regelmäßig über Fälle von mutmaßlichem Steuerbetrug berichtet. Im Blick hatte er vor allem prominente Unternehmer, die nach seinen Recherchen Geschäftsverbindungen zu den regierenden Sozialdemokraten ebenso wie zu Kreisen der organisierten Kriminalität unterhalten haben sollen. Einer dieser Unternehmer hatte Kuciak im vergangenen Herbst öffentlich gedroht.
Der slowakische Innenminister Robert Kalinak ließ eine Belohnung von einer Million Euro für Hinweise auf den oder die Täter ausschreiben. Gerade Kalinak und Gaspar hatten in der Vergangenheit jedoch selbst heftige Kritik an Aufdeckungsjournalisten geübt. Kalinak wird von den Medien vorgeworfen, mutmaßliche Steuerbetrüger zu schützen. Der Minister wies bisher jedoch alle solchen Vorwürfe zurück.
Der Medienkonzern Axel Springer, zu dem Kuciaks Nachrichtenportal gehörte, veröffentlichte eine Stellungnahme: „Wir sind entsetzt und fassungslos über die Nachricht, dass Jan Kuciak und seine Lebensgefährtin Opfer eines grausamen Attentats geworden sind.“