Kommt die Bücherei bald vorbei?
Der Weißenhorner Kulturausschuss fordert einen Bringdienst für Senioren, die nicht mehr in die Stadtbibliothek kommen können. Doch in der Einrichtung selbst soll sich auch etwas tun
Die Bürger aus Weißenhorn und den umliegenden Orten sind fleißige Leser. Das ist nicht nur ein persönlicher Eindruck von Johanna Gürster. Die Leiterin der Stadtbücherei liest das auch an den Nutzerzahlen ab, die sie am Montagabend im städtischen Kulturausschuss vorgelegt hat. Gleichzeitig macht sie sich aber auch Sorgen um viele langjährige Leser im Seniorenalter, die die Bücherei gar nicht mehr aufsuchen können.
Vorweg ein paar Zahlen: Der jüngsten Bilanz zufolge belief sich die Gesamtausleihe in der Stadtbücherei im Jahr 2017 auf 109 000 Medien-Einheiten. Darunter fallen 73000 Einheiten bei den Printmedien, insgesamt 23 000 entliehene Non-Books wie CDs und DVDs, 12 500 elektronisch entliehene Medieneinheiten und fast 500 Bestellungen über die wissenschaftliche Fernleihe.
Es sei ein allgemeiner Trend bei Bibliotheken, sagte Gürster, dass die Ausleihen aus dem analogen Bestand zurückgingen. Dafür nimmt anderseits der virtuelle Bereich weiter zu: So wurden im vergangenen Jahr fast 25 Prozent mehr elektronische Medien ausgeliehen als im Jahr 2016. 2015 waren es noch 8000 entliehene E-Medien. Seit April 2017 können Nutzer der Stadtbücherei über den Service Freegal Music auch Musik ohne Werbeunterbrechungen streamen und Audiodateien herunterladen.
Über den Bestand der Weißenhorner Bücherei hinaus können deren Nutzer auf noch mehr Medien beim Verbund „Onleihe Schwaben“zugreifen. Obwohl Weißenhorn die zweitkleinste Kommune darin sei, berichtete Gürster, belege es unter den 22 beteiligten Partnern Platz neun – für Gürster ein weiterer Beweis für die Lust ihrer Kundschaft aufs Lesen. Damit den Weißenhornern künftig noch mehr Literatur zur Verfügung steht, kooperiert die Einrichtung inzwischen auch mit dem Nikolaus-Kopernikus-Gymnasium. „Ich katalogisiere den Bestand der Schulbibliothek und sortiere aus“, sagte die Bibliothekarin. Als Gegenleistung für die fachliche Unterstützung erhalte die Stadtbücherei wiederum unbeschränkten Zugriff auf den NKG-Präsenzbestand.
Viel Lob für ihre Arbeit bekam Gürster im Kulturausschuss zu hören. Doch die Sorge um die älteren Bürger trieb auch das Gremium um. „Ich möchte es nicht mehr hören,
ältere Leute keine Bücher mehr bekommen“, sagte Bürgermeister Wolfgang Fendt und regte ein Bring-System an. „Zur Not fahre ich selbst fünf Bücher pro Woche aus“, kündigte er zur Freude der Ratskollegen an. Einen wie auch immer gestalteten Lieferdienst forderten auch mehrere Stadträte. Silvia Janjanin (SPD) sprach von „Büchern auf Rädern“analog zum „Essen auf Rädern“.
Doch auch in der Einrichtung selbst sollte aus Sicht des Gremiums etwas getan werden – Stichwort Barrierefreiheit. Dass die Räume an der Schulstraße nur über eine Trep-
pe zu erreichen seien, werde häufig von Bürgern bemängelt, berichtete die Leiterin. Hinzu komme die räumliche Enge. Gürster hofft, dass ein Umzug der Bücherei in die eines Tages einmal umgestaltete Schranne keine Vision bleiben muss. Sie bedauerte, dass sich nach der Bildung des Lenkungskreises Schranne im Sommer 2016 und einem gut besuchten Tag der offenen Tür in dem historischen Gebäude Anfang 2017 nichts mehr bei der Planung getan habe.
Die Schranne sei nicht vergessen, sagte Fendt und verwies wie auch der Zweite Bürgermeister Ernst Pedass
ter Keller (CSU) auf viele Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Vorhabens und mangelnde personelle Ressourcen in der Stadtverwaltung. Ulrich Hoffmann (ÖDP) riet dazu, sich bei der Suche nach alternativen Räumen nicht allein auf die Schranne zu beschränken.
Gunther Kühle erinnerte daran, dass schon beim letzten Bericht der Bibliothekarin vor zwei Jahren über das Thema Barrierefreiheit diskutiert wurde. „ Wir sollten jetzt mal schauen, dass wir eine Lösung im aktuellen Gebäude finden“, forderte er und schlug vor, den Einbau eines Treppenlifts zu prüfen. Ungeduldig haben die vom Schwerlastverkehr geplagten Emershofer auf dieses Schild gewartet. Nun sind die Verkehrszeichen an den Ortseingängen angebracht und signalisieren Lkw-Lenkern: Hier bitte nur mit Tempo 30 fahren.