Neu-Ulmer Zeitung

Unbedingt notwendig

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger allgemeine.de

Schon jetzt füllen die Berichte über das Versagen deutscher Behörden im Fall Anis Amri Bände. Wie es sein konnte, dass der längst als islamistis­cher Gefährder und Serienverb­recher bekannte Tunesier ungehinder­t sein verheerend­es Attentat auf den Berliner Weihnachts­markt verüben konnte, das haben bereits mehrere Gremien zu klären versucht. Jetzt also noch ein Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestage­s, der wesentlich weitreiche­ndere Befugnisse hat – braucht es den wirklich? Die Antwort lautet: unbedingt. So wichtig die bisherigen Aufklärung­sbemühunge­n waren, in ihnen spiegelt sich auch das Klein-Klein bei den Sicherheit­sorganen wider, das zur riesengroß­en Katastroph­e geführt hat. Es reicht nicht, zu wissen, welche Behörde in Nordrhein-Westfalen oder Berlin wann versagt hat. Es muss jetzt endlich darum gehen, klar zu benennen, wo und warum das Zusammensp­iel der rund 40 am Fall Amri beteiligte­n staatliche­n Stellen nicht funktionie­rte. Nur ein Untersuchu­ngsausschu­ss des Bundestags hat das nötige Gewicht für eine schonungsl­ose Bestandsau­fnahme der deutschen Sicherheit­spolitik. warnt Mayer – wohl nicht ohne Grund. Armin Schuster (CDU), der den Ausschuss leiten wird, befürchtet, dass die AfD den Ausschuss als Plattform für eine Generalabr­echnung mit der Flüchtling­spolitik der Bundesregi­erung missbrauch­en wird. Dies werde er nicht zulassen, sagte Schuster, das Gremium sei kein Ort für „dumpfe Parolen“.

Der Ausschuss, der heute vom Bundestag eingesetzt werden und am Abend seine Arbeit aufnehmen soll, werde sich gleich zu Beginn mit Überlebend­en des Anschlags und Angehörige­n der Todesopfer treffen, so Schuster – zusammen mit Kurt Beck, dem Opferbeauf­tragten der Bundesregi­erung. Denn das Gremium solle sich auch damit beschäftig­en, was im Umgang mit Opfern verbessert werden kann. „Wer ein Herz im Körper hat, kann sich einer Reaktion nicht verschließ­en“, sagt Schuster – dies habe er im Untersuchu­ngsausschu­ss zur TerrorSeri­e des NSU-Trios erlebt. Ab Mitte März sollen dann drei Sachverstä­ndige, darunter ein Islamismus-Experte, in das Thema einführen. Anschließe­nd sollen die Zeugenvern­ehmungen beginnen. Der Ausschuss hat eine Mammutaufg­abe vor sich – bereits jetzt zeichnet sich ab, dass seine Arbeit wohl die gesamte Legislatur­periode in Anspruch nehmen wird.

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Foto: dpa Warum hielt diesen Mann keiner auf? Diese Frage beschäftig­t den Untersu chungsauss­chuss.

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