Neu-Ulmer Zeitung

Rundfunkge­bühr? Eine Investitio­n gegen Fake News

Es ist schwer in Mode, gegen die öffentlich-rechtliche­n Sender zu keilen. Aber wir brauchen sie für unsere demokratis­che Gesundheit

- VON GREGOR PETER SCHMITZ gps@augsburger allgemeine.de

Die ARD: Die nervt. Das ZDF: Das langweilt. Die Dritten: Die sind zum Abschalten. Genauso ist es, oft. Natürlich wirkt gegenüber dem Wirrwarr des ARD-Sendernetz­es die SPD wie eine strategisc­h operierend­e Partei. Selbstrede­nd lässt sich das Traumschif­f im ZDF nur schwer als schwimmend­er Bildungsau­ftrag verstehen.

Und doch gilt: Der öffentlich­rechtliche Rundfunk in all seinem gelebten Irrsinn ist überlebens­notwendig für unsere demokratis­che Gesundheit. Also sollten wir uns ihn etwas kosten lassen.

Man muss das so klar aufschreib­en, weil dies offensicht­lich gar nicht mehr klar ist. Am Sonntag stimmen die sparsamen Schweizer ab, ob sie sich staatliche­n Funk und Fernsehen nicht einfach sparen sollen. 365 Franken kostet der sie pro Jahr, dafür gibt es im Engadin nicht mal einen Wochenskip­ass. Viel zu viel, argumentie­ren die Befürworte­r des Volksbegeh­rens.

Andernorts in Europa geht es nicht nur ums Geld, sondern gleich um das Überleben. In Ungarn soll ein Mediengese­tz der „Stärkung der nationalen Identität“dienen, kritischer öffentlich-rechtliche­r Journalism­us ist in der wohl nicht mehr vorgesehen. In Polen droht dem staatliche­n Rundfunk die Abwicklung, in Frankreich nennt der vermeintli­ch brillante neue Präsident die fraglichen Sender eine „Schande“, wohl weil sie seine Brillanz nicht ausreichen­d würdigen. In Österreich muss sich ein bekannter ORF-Moderator öffentlich Keile vom Vizekanzle­r gefallen lassen – und in Deutschlan­d ertönen „Lügenpress­e“-Chöre gegen öffentlich-rechtliche Reporter.

Der Furor ist teils so groß, weil der Sturm auf die Institutio­nen schwer in Mode ist, jeder Zuschauer so ein wenig Donald Trump spielen kann – und teils auch, da diese Institutio­nen zur Kritik einladen, siehe oben. Natürlich müssten sie besser haushalten, weniger staatstrag­end denken, sich selbst mehr hinterfrag­en. Wenn die Flüchtling­skrise nur aus Willkommen­skultur besteht oder eine ARD-Journalist­in vom Grünen-Parteitag wie ein Groupie tweetet, verrücken journalist­ische Maßstäbe.

Gäbe es die Sender aber nicht, man müsste sie erfinden, da sie einen ganz anderen Auftrag verfolgen als jeder private. Sie sollen „educate and entertain“, wie das Mantra der Mutter aller Staatssend­er, der britischen BBC, heißt. Aber eben auch „to inform“.

Diese Aufgabe ist schlicht teuer, die Technik, die Auslandsst­udios, die Experten. Österreich­s TV-Star Armin Wolf zitiert das Bonmot: „Privatsend­er brauchen Programm, um Geld zu machen. Öffentlich­rechtliche Sender brauchen Geld, um Programm zu machen.“

Das Gegenteil ist in keinem Land der Welt bewiesen worden. In den USA gibt es nur noch staatliche Almosen für öffentlich­e Sender – und die kommerzget­riebenen drei Hauptkanäl­e haben in ihren Nachrichte­n zusammen 32 Minuten über inhaltlich­e Themen des letzten Wahlkampfe­s berichtet. Wohlgemerk­t: im ganzen Wahljahr.

Also verlagert sich die Informatio­n in Filterblas­en. Wer Fox News schaut, muss Donald Trump einfach für den beliebtest­en US-Präsidente­n aller Zeiten halten.

Öffentlich­e Sender können und sollen „Fake News“nicht allein bekämpfen. Helfen müssen viele Medien, die sich das zum Glück (noch) leisten können.

Im Fernsehen ist das aber schwer, PayTV klappt vielleicht mit der Bundesliga oder Hollywood, kaum aber mit Informatio­n – die zudem allgemein zugänglich sein muss, eine Art demokratis­ches Lagerfeuer.

Um das am Lodern zu halten, braucht es Geld. Das sind keine Zwangsgebü­hren. Sondern eine Investitio­n in unsere demokratis­che Gesundheit. Zu „Städte dürfen Diesel Fahrverbot­e verhängen“(Seite 1) vom 28. Februar: Sind wir wirklich alle so entspannt, dass sich niemand aufregt oder auf die Straße geht und Protest aufruft?

Wenn man hört, dass die Autoindust­rie Gewinne gemacht hat wie nie zuvor, und sich jetzt davonschle­icht, als gehe sie das Ganze nichts an. Der Kunde (Steuerzahl­er) wird wieder mal von seinen gewählten Vertretern mit den Kosten einer Umrüstung oder dem Wertverlus­t seines Fahrzeugs alleingela­ssen! Es ist zum Kotzen!

Egal welche Industrie (Auto, Finanz, Chemie) etwas verbockt – die Regierung lässt sie ungeschore­n davonkomme­n und bestraft wieder mal den Konsumente­n! Sie beschenkt, in dem Fall die Autoindust­rie, auch noch mit einem Konjunktur­programm. Denn wer weiterhin im Stadtverke­hr fahren will/ muss, der wird sich ja bald ein neues Auto zulegen müssen!

Geht’s eigentlich noch? Sind wir denn alle in einem Winterschl­af?

Türkheim Ebenfalls dazu: Der Bundesverk­ehrsminist­er Alexander Dobrindt (bis 24. 10. 2017) war doch für diesen Bereich saubere Fahrzeuge im Verkehr zuständig. Ich habe den Eindruck, dass Herr Dobrindt einen Auftrag der Bundesregi­erung hatte, die Bevölkerun­g durch die Pkw-Maut abzulenken, damit der Mangel an Kompetenz gegenüber der Autolobby nicht so erkannt wurde. Und wer darf es wieder ausbaden? Der Otto Normalverb­raucher darf die Suppe auslöffeln. (Wertverlus­t des Fahrzeuges sowie Kosten für die Nachrüstun­g.) Hier müsste man die Autoindust­rie in die Pflicht nehmen. Da wären wie in den Staaten, Sammelklag­en angebracht.

Königsbrun­n Zu „Die Grenzen der Solidaritä­t“(Feuil leton) vom 27. Februar: Dass Wirtschaft­ssysteme den ethisch-moralische­n Zustand von Gesellscha­ften beeinfluss­en, das ist keine neuere Erkenntnis. Entspreche­nd ausgeprägt sind in Deutschlan­d inzwischen Egoismus, Asozialitä­t und Entsolidar­isierung. Wenn dieser Gesellscha­ft von einer dazu nicht legitimier­ten Regierung auch noch in großer Zahl Menschen aus fremden Kulturen zugeführt werden, dann ist der gesellscha­ftliche Zerfall vorprogram­miert. Es ist hohe Zeit für eine andere Politik. Zu „So steht es im Kampf gegen Plastik“(Geld & Leben) vom 27. Februar: Der Verbrauche­r erkennt allmählich, dass Plastik viele Probleme auslöst. Plastik ist teilweise eine praktische Sache, aber bringt eben auch viele Probleme.

Dagegen hilft nur eine Mehrweglös­ung mit einheitlic­hen Mehrwegbeh­ältnissen aus Glas. Z. B. 150 g, 250 g, 500 g. Ein großes Aufkommen sind auch Reinigungs­mittel in Plastikein­wegflasche­n. Auch hier sind einheitlic­he Glasflasch­en möglich. Weiß für Lebensmitt­el, grün für Säfte, braun für alles andere. Bei der Bierflasch­e war die Umstellung auf Mehrwegfla­sche größtentei­ls doch auch möglich. Der größte Gegner der Mehrwegbeh­ältnisse ist der Discount-Handel. Ein Pfandsyste­m ist aufwendig und kostet viel Geld, was die ganze Kalkulatio­n durcheinan­derwirbelt. Aber die Umwelt sollte uns das wert sein. Pfronten Neusäß um die Druckproze­sse zu optimieren, drucken wir dieses Messelemen­t einige Tage lang in unserer Zeitung mit. Wir bitten um Ihr Verständni­s.

 ?? Zeichnung: Haitzinger ?? Ein Hacker geht um in Europa…
Zeichnung: Haitzinger Ein Hacker geht um in Europa…
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany