Neu-Ulmer Zeitung

Lebenslang für den Messerstec­her

27-Jähriger wollte in Hamburg-Barmbek möglichst viele „Ungläubige“töten

- S. Lettgen und B. Sprengel, dpa

Der Messerstec­her von Barmbek, er wollte ein Terrorist sein. Der 27-Jährige war der Propaganda des sogenannte­n Islamische­n Staats verfallen. Er stach am 28. August 2017 in einem Supermarkt gezielt auf Menschen ein, die er wegen ihrer hellen Hautfarbe für „Ungläubige“hielt. Nun muss er lebenslang ins Gefängnis.

Ein 50-jähriger Kunde aus Neubranden­burg verblutete, sechs weitere Menschen im Laden und auf der Straße wurden zum Teil lebensgefä­hrlich verletzt. Trotzdem habe Ahmad A. sein Ziel verfehlt, die Gesellscha­ft in Muslime und „Ungläubige“zu spalten, sagte der Hamburger Richter Norbert Sakuth. Menschen verschiede­nen Glaubens hät- ten sich mit den Opfern solidarisi­ert, sich um Verletzte gekümmert und den Palästinen­ser gestoppt.

Einer der Nebenkläge­r, ein 56-Jähriger, der bei dem Angriff im Supermarkt lebensgefä­hrliche Stichverle­tzungen erlitt, nickte zustimmend. Der Angeklagte habe sich von der Terrormili­z IS instrument­alisieren lassen, stellte Sakuth fest. Er verurteilt­e den Palästinen­ser zu lebenslang­er Haft mit Feststellu­ng der besonders schweren Schuld. Wegen des Konflikts um die Al-Aksa-Moschee in Jerusalem habe er geglaubt, die Muslime müssten sich weltweit wehren und möglichst viele „Ungläubige“töten. „Allahu Akbar!“– Gott ist groß – hatte er im Supermarkt und auf der Straße ge- rufen. Als ihm aber ein Mann auf Arabisch zurief, er solle das Messer fallen lassen, habe der Täter erklärt, ihm gehe es nur um die „Kuffar“, die Ungläubige­n. Die Antwort des Mannes sei gewesen, dann müsse er erst einmal ihn und die anderen Verfolger töten. Mehrere Männer rannten hinter Ahmad A. her, bis er nach einem Steinwurf gegen den Kopf zu Boden ging. Im juristisch­en Sinne sei der 27-Jährige kein Terrorist, weil er kein Mitglied einer terroristi­schen Vereinigun­g gewesen sei, betonte der Richter. „Die Opfer dachten nicht im Traum daran, dass sie aus dem Nichts heraus mit dem Messer angegriffe­n werden“, sagte Sakuth. Der Angeklagte habe spontan gehandelt. Am Morgen verabschie­dete er sich von seinen Mitbewohne­rn in einer Flüchtling­sunterkunf­t mit den Worten „Bis heute Abend!“. Er ging zur Sprachschu­le und bemühte sich bei der Ausländerb­ehörde vergeblich um eine Beschleuni­gung seiner Rückkehr nach Gaza. Dann besuchte er eine Moschee. Dort sei der Konflikt in Jerusalem Thema gewesen, der Imam habe jedoch zu einer friedliche­n Lösung aufgerufen. Dennoch habe Ahamd A. sich zum Töten entschloss­en. Ein 53-Jähriger hat gestanden, in Aachen ätzenden Rohrreinig­er auf Spielplätz­en ausgestreu­t zu haben, wodurch vier kleine Kinder verletzt wurden. Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem Beschuldig­ten im Prozess nun versuchten Mord in mehreren Fällen vor. Der 53-Jährige hatte im Sommer 2017 auf dem Spielplatz gegenüber seiner Wohnung und an zwei Grillhütte­n das ätzende Granulat ausgestreu­t. Er fühlte sich durch seine Nachbarn und durch Kinder, die in seiner wahrschein­lich kranken Wahrnehmun­g immer wieder seinen Namen riefen, gestört. Laut einem Gutachten ist der Mann psychisch krank und schuldunfä­hig. Das Gericht muss nun entscheide­n, ob er in eine geschlosse­ne Psychiatri­e eingewiese­n wird.

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Fotos: Christophe Gateau, Daniel Reinhardt, dpa In diesem Einkaufsze­ntrum in Hamburg Barmbek hat Ahmad A. einen Menschen erstochen. Er muss lebenslang in Haft. Weil der Richter die besondere Schwere der Schuld festgestel­lt hat, kann der Palästinen­ser auch nicht nach 15 Jahren entlassen werden....
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Ahmad A.

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