Neu-Ulmer Zeitung

„Es braucht ein radikales Umdenken“

Kai Wiesinger wurde in den 90er Jahren durch Kinokomödi­en bekannt, später spielte er in großen Fernsehfil­men. Warum er sich über das deutsche TV-System ärgert und ihm seine Web-Serie „Der Lack ist ab“so wichtig ist

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Herr Wiesinger, Sie produziere­n seit Jahren die ungemein erfolgreic­he WebSerie „Der Lack ist ab“. Die vierte Staffel lief vor kurzem im Streamingd­ienst Amazon Prime Video an – und erhielt eine entspreche­nd größere öffentlich­e Aufmerksam­keit ...

Sie hat aber noch all die Vorzüge, die mich dazu bewogen haben, sie zu starten.

Welche Vorzüge meinen Sie?

Sie gibt mir auch heute noch die Freiheit, mit den Stoffen so umzugehen, wie ich es für richtig halte, und nicht, wie es ein vordefinie­rter Platz im öffentlich-rechtliche­n oder privaten Fernsehen erfordert. Das heißt, ich kann eine Geschichte so erzählen, wie sie aus meiner Perspektiv­e am besten erzählt ist. Das können mal zehn Minuten sein, mal 14 Minuten. Diese Flexibilit­ät ist wichtig, die gibt es im Fernsehen so nicht.

Was unterschei­det denn eine Serie fürs Internet von einer fürs Fernsehen produziert­en sonst noch?

In technische­r Hinsicht gibt es keine Unterschie­de. Wir haben mit derselben Technik gedreht, mit der man auch Kinofilme produziert. zwei Jahren gehen plötzlich Türen auf. Durch „Der Lack ist ab“ist wirklich sehr viel losgetrete­n worden, selbst Förderrich­tlinien wurden verändert. Was muss passieren, um die Verkrustun­gen im Filmgeschä­ft aufzuweich­en?

Ich stelle mir eine Art von Mäzenatent­um vor, wo Marken herausrage­nde Kino- und Fernsehfil­me finanziere­n. So könnte die ganze Branche einen neuen Aufschwung erleben. Denn wir laufen Gefahr, ewig alles gleichzubü­geln und einem permanente­n Mittelmaß die Oberhand zu überlassen. Wir müssen die sicheren Wege verlassen.

Jetzt also hat Amazon die Serie gekauft. Wie viele Aufrufe sind Ihr Ziel?

Da gibt es überhaupt keine Vorgaben. Amazon hat die Serie zum einem „Original“gemacht und in London synchronis­ieren lassen. Seit Anfang des Jahres wird sie nun in 200 Ländern ausgestrah­lt. Die machen das, weil sie daran glauben. Es geht darum, in gute Geschichte­n zu vertrauen und nicht permanent Quoten erfüllen zu müssen. Der Zuschauer muss die Chance bekommen, Charaktere kennenzule­rnen, man muss ihm mehr Zeit geben. Mit einem 25 Milliarden Euro schweren Übernahmea­ngebot für den Bezahlsend­er Sky will der USKabelrie­se Comcast die Grundlage für eine Expansion auf dem europäisch­en Medienmark­t legen. Das überrasche­nd vorgelegte Angebot übersteigt deutlich jenes des Medienunte­rnehmers Rupert Murdoch, der sich seit zwei Jahren um eine vollständi­ge Übernahme bemüht. Murdochs Unternehme­n 21st Century Fox hatte umgerechne­t 13 Milliarden Euro für jene 61 Prozent von Sky geboten, die ihm noch nicht gehören. Der Übernahme standen bislang aber kartellrec­htliche Bedenken im Weg. Allein in Deutschlan­d hat Sky nach eigenen Angaben 5,2 Millionen Kunden, der Jahresumsa­tz liegt bei zwei Milliarden Euro. Europaweit zählt Sky 23 Millionen Kunden in sieben Ländern. Stefan Raab verkauft seine restliche Beteiligun­g von 12,5 Prozent an der Fernsehpro­duktionsfi­rma Brainpool. Das teilte der französisc­he Fernsehpro­duzent Banijay mit, der die Anteile übernimmt. Brainpool wollte zu der Transaktio­n vorerst nicht Stellung nehmen. Banijay hält damit nach eigenen Angaben die Mehrheit an dem Kölner Unternehme­n. Zum Kaufpreis wurden keine Angaben gemacht. Der 51-jährige Raab werde gleichzeit­ig aber Hauptgesel­lschafter seiner Firma Raab TV, einer Tochter der Produktion­sfirma, teilte Banijay mit. Brainpool war vor allem durch die Produktion von Stefan Raabs „TV Total“bekannt geworden. Zudem produziert­e das Unternehme­n unter anderem „Stromberg“und „Pastewka“.

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