„Eigentlich müsste es schon lange einen Aufstand der jungen Filmemacher geben.“
Aber?
Aber bei uns schaltet der Zuschauer auf keinen Sendeplatz, wo er genau weiß, was ihn erwartet. Die Sender versuchen, diese Zuschauerwünsche zu erfüllen. Eigentlich müsste es dagegen schon lange einen Aufstand der jungen Filmemacher geben. Nicht alles muss ein „Tatort“-Label haben, um als guter Film anerkannt zu werden. Wir müssen uns von diesen vorgegebenen Strukturen befreien, um die Unterhaltung wieder vielfältiger zu machen. Wenn bei einer Serie die Quoten nach der ersten Folge nicht stimmen, wird sie eingestampft. Das ist Unsinn. Dass sich diese Ängste aber jetzt langsam auflösen werden, ist letztendlich auch für die Sender gut. Dazu benötigt man neue Finanzierungsformen.
Ja, ein radikales Umdenken ist notwendig, eine radikale Befreiung von der Fernsehbürokratie und hin zu einer viel flexibleren Produktion. Die Stichworte lauten: schlanker, weniger und leichter. Nur so kann die Unterhaltung wieder vielfältiger werden.
Wer hat denn die Comedy-Serie „Der Lack ist ab“bisher finanziert?
Wir haben bisher mit Sponsoren wie Opel oder Vodafone zusammengearbeitet, um uns von Sendern frei zu machen. So gab es ein theoretisches Mitspracherecht, von dem die aber keinen Gebrauch gemacht haben. Bei Amazon gibt es eine ähnliche Freiheit. Um was genau geht es bei „Der Lack ist ab“nun inhaltlich?
Das ist Unterhaltung für Menschen über 35, die sich mit Dingen konfrontiert sehen, von denen sie zuvor nichts wussten, die aber auf jeden zukommen. Wir versuchen also, das Älterwerden, das Leben in einer langen Beziehung humorvoll darzustellen, ohne dass wir die Tücken des Alltags umschiffen.
Sie schreiben die Dialoge selbst.
Das ist ein großes Glück für mich. Denn Dialoge werden sonst oft von Autoren geschrieben, die zwar großartige Bücher schreiben können, deren Dialoge aber oft papieren klingen.
„Alles, was wir tun, ist zu versuchen, das ganz normale Lebensgefühl mit einem Augenzwinkern einzufangen“, beschrieb ihre Lebensgefährtin Bettina Zimmermann die Serie. Sie spielen in „Der Lack ist ab“ein Ehepaar. Was ist denn das ganz normale Lebensgefühl der über 30-Jährigen?
Es geht darum, dass der Körper plötzlich beginnt, nicht mehr immer das zu machen, was man von ihm erwartet. Wir fühlen uns noch wie 20, der Blick in den Spiegel zeigt uns aber eine andere Wahrheit. Und auch wenn wir noch so oft sagen, „50 ist das neue 30“, so ist der Körper doch 50 Jahre in Gebrauch, und das sieht und spürt man auch. Mit dieser Diskrepanz zwischen gefühltem und tatsächlichem Alter spielen wir in der Serie. Andere Fragen lauten: Was habe ich noch mit meinem Partner gemein, wenn die Kinder aus dem Haus sind? Was ist nach 20 Jahren Ehe?
Stimmt, die meisten Filme handeln von der jungen Liebe, dem Verliebtsein.
Genau, da ist das Leben noch eine einzige Blumenwiese. In unserem Alter ist die Blumenwiese auch schon mal gemäht worden. Man schaut: Was wächst hier nach? Was wächst denn nach?
Die zentrale Frage ist: Wie sehr interessiere ich mich noch für den anderen? Wie sehr bin ich offen, einen eigenständigen Menschen wahrzunehmen und nicht einfach den Partner als gegeben hinzunehmen? Man muss, wenn die Kinder aus dem Haus sind, nach gemeinsamen Werten, nach Schnittmengen suchen.
Wie sind Sie eigentlich auf die Idee zu der Serie gekommen?
Ich hatte schon vor 15 Jahren eine Idee, die genau in diese Richtung ging. Damals habe ich mich mit einem Vorstandsmitglied eines großen Konzerns getroffen und ihm die Pläne vorgestellt. Der wollte das zwar machen, aber er hatte noch drei andere Vorstandskollegen, die das nicht wollten. So vergingen die ersten 12, 13 Jahre damit, die Schwierigkeiten zu überwinden, die auftreten, wenn man die Trampelpfade verlassen will. Das gestaltete sich als äußerst schwierig, weil es keine Beispiele gab, dass sich das für den Investor auch lohnt. Seit