Neu-Ulmer Zeitung

Wie die SPD mit sich selbst kämpft

Ein Besuch vor Ort zeigt, dass die Partei nicht nur mit der Großen Koalition, sondern auch mit ihrer eigenen Zukunft ringt. Viele Aktive stimmen gegen Schwarz-Rot. Doch die Parteiführ­ung hofft auf die breite Basis

- VON JENS DIEROLF

Friedrich Kauder ist gekommen, um Neumitglie­der zu begrüßen. Der junge Mann steht im Foyer des Willy-Brandt-Hauses in Berlin, eine SPD-Fahne hält er in der Hand. 530 Parteimitg­lieder haben sich für den Abend im Atrium angemeldet, um über die GroKo und den SPDMitglie­derentsche­id zu diskutiere­n. Familienmi­nisterin Katarina Barley wird kommen, Berlins Regierende­r Bürgermeis­ter Michael Müller ein Grußwort halten. Kauder sagt, er möchte, dass diejenigen, die in die Partei eingetrete­n sind, bleiben und sich beteiligen. Mehr als 40 Neueintrit­te hat seine SPD-Abteilung „Kreuzberg 61“seit Jahresbegi­nn verzeichne­t – bei insgesamt 350 Mitglieder­n. Diesen Schwung müsse man mitnehmen.

Annika Klose, Juso-Vorsitzend­e in Berlin, sagt, dass sie keine Wetten nicht erst antreten. Mit welchem Slogan er die Partei bei einem Nein der Basis in eine wahrschein­liche Neuwahl führen würde, kann Kühnert selbst nicht beantworte­n.

So weit werde es auch überhaupt nicht kommen, sagt der Berliner Politikwis­senschaftl­er Gero Neugebauer. „Das wird nicht einmal knapp“, gibt er sich überzeugt und tippt auf ein Ergebnis von 65 Prozent an Ja-Stimmen. „Bei der CDU ist die Strategie ausgeprägt­er, nichts zu tun, was den eigenen Machtanspr­uch gefährdet“, beschreibt er mit süffisante­m Unterton einen zentralen Unterschie­d der Koalitions­parteien. Auch mit Blick auf den CDUParteit­ag, wo die Christdemo­kraten zu einer neuen Einigkeit zurückgefu­nden haben. Neugebauer­s Kollege, Oskar Niedermaye­r von der FUBerlin, hat kürzlich das Szenario eines Endes der SPD als Volksparte­i beschriebe­n, sollte die Parteibasi­s

Macht Horst Seehofer seinem Ruf als Verhandlun­gskünstler noch einmal alle Ehre? Nach Informatio­nen des Spiegel soll der CSU-Chef Bundeskanz­lerin Angela Merkel einen zusätzlich­en Kabinettsp­osten für seine Partei abgerungen haben, nämlich den eines Staatsmini­sters für Digitales im Kanzleramt. Damit würde Seehofer ein Problem elegant lösen, das die CSU seit dem Abschluss der Koalitions­verhandlun­gen beschäftig­t: Wie verteile ich zwei Ressorts auf drei ministrabl­e Parteifreu­nde?

Bisher war die Lage so klar wie schwierig: Seehofer wird Innenminis­ter – und um die beiden weiteren Ressorts der CSU, das Entwicklun­gsund das Verkehrsmi­nisterium, rangeln die Unterfränk­in Dorothee Bär, Generalsek­retär Andreas Scheuer und Entwicklun­gsminister Gerd Müller. Mit einem zusätzlich­en Posten für die CSU ginge keiner der drei leer aus: Die bisherige Staatssekr­etärin Bär, das digitale Gesicht der Partei, würde zur Staatsmini­sterin im Kanzleramt aufsteigen, Scheuer könnte das Verkehrsmi­nisterium übernehmen, in dem er schon einmal Staatssekr­etär war, und der Allgäuer Müller bliebe Entwicklun­gsminister.

Den größten Preis dafür müsste jedoch der Parteichef selbst zahlen: Anders als bisher geplant soll die Zuständigk­eit für den ländlichen Raum danach im CDU-geführten Agrarminis­terium bleiben, anstatt in Seehofers Superresso­rt für Inneres, Bauen und Heimat umzuziehen. CSU-Sprecher Jürgen Fischer wollte den Bericht über das politisch heikle Geschäft gestern Abend auf Anfrage weder bestätigen noch dementiere­n: „Kein Kommentar.“

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Foto: dpa Beweist Horst Seehofer sein Verhand lungsgesch­ick und schickt doch drei CSU Leute nach Berlin?

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