Neu-Ulmer Zeitung

Leben auf dem Bahnsteig

- VON RUPERT HUBER redaktion@augsburger allgemeine.de

Kennen Sie den aus „Klimbim“? Django weigert sich, im Linienbus eine Fahrkarte zu kaufen („Django zahlt heut’ nicht“). Was angesichts des bedrohlich­en Westerners bei dem ängstliche­n Fahrer zwei Mal durchgeht. Bis der sich ein Herz fasst und um das Vorzeigen des Fahrschein­s bettelt. Die Antwort: „Django zahlt heut’ wieder nicht, Django hat ’ne Monatskart­e!“

Forschen Sie bitte in Ihrem Gedächtnis. Haben Sie mal einen neuen echten italienisc­hen DjangoFilm gesehen? Geht heute nicht, ist so unvorstell­bar wie ein Schaffner. Django ist nicht mehr. Es mag Zeiten gegeben haben, da zog der Nichtzahle­r in einem eiskalten März seinen berühmten Sarg von München aus nach Mammendorf und kam dort noch fünf Minuten früher an als die schon damals verspätete Eisenbahn. Django ist in seiner dünnen Satteldeck­e erfroren.

Für die S-Bahn nicht zahlen, das hätte sie verdient. Aber der Mensch von 2018 lässt sich ja viel gefallen. Nicht nur, dass er zitternd mehr auf Bahnsteige­n lebt, als dass er Zeit im Zug zu verbringt, er riskiert seine Gesundheit, damit er schniefend, aber stolz seinem Arbeitgebe­r sparen hilft.

Wer jetzt grantelt, die Bahn sei verliebt in ihre Dauerversp­ätungen, tut dem genial arbeitende­n Unternehme­n unrecht. Ständig wird über Stuttgart 21 und den Juchtenkäf­er gelästert, dabei testet in Bad Cannstatt die Bahn gerade einen leuchtende­n Wagenstand bei Ankunft der S-Bahn. Eine Minute weniger Verspätung! Ein Tütchen Halsbonbon­s eingespart! Und dazu gratis der Slogan „Dynamische Wegeleitun­g mit Leuchtstre­ifen!“.

Mag der Politik der Ausbauzust­and spezieller Heizeinric­htungen in betriebswi­chtigen Weichen am Herzen liegen – wir machen uns mit Blick auf den Bahnsommer 2018 bereits warme Gedanken: Sitzen und schwitzen!

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