Mittelpunkt
Der Olympiasieger gewinnt die Nordische Kombination in Lahti, gefolgt von einem weiteren Oberstdorfer. Auch im Spezialspringen setzt eine Allgäuerin ihren Höhenflug fort
Zwei Olympiasiege haben Johannes Rydzek am Ort seiner vier WM-Titel wieder Flügel verliehen. Am Sonntag stürmte der Oberstdorfer beim ersten Einzel-Weltcup der Nordischen Kombination nach den Winterspielen im finnischen Lahti in unnachahmlicher Weise zum Sieg. Seinen Allgäuer Teamkollegen Vinzenz Geiger zog er gleich mit. Die Plätze eins und zwei entschädigten für die schwächeren Ergebnisse im Team-Sprint, wo Rydzek/Fabian Rießle und Geiger/Eric Frenzel mit den Plätzen fünf und sechs vorlieb nehmen mussten. Der Sieg ging überraschend an die österreichischen Oldies Wilhelm Denifl und Bernhard Gruber. „Johannes hat wieder in die Spur gefunden. Bei Olympia hat er Goldmedaillen gewonnen, das hat ihn beflügelt. So tritt er momentan auf“, sagte Bundestrainer Hermann Weinbuch. Nachdem der Gesamtweltcup für seine Athleten außer Reichweite zu sein scheint – Rydzek hat als Dritter auf Watabe vor den letzten sieben Wettbewerben 350 Punkte Rückstand –, geht es dem Bundestrainer nun noch um den Nationencup, den derzeit die Norweger mit 371 Punkten Vorsprung anführen. ● Die DSVAdler haben auch nach den Winterspielen von Pyeongchang ihre starke Form unter Beweis gestellt. Am Samstag gab es für Karl Geiger, Markus Eisenbichler, Richard Freitag und Andreas Wellinger im finnischen Lahti den ersten Teamsieg in diesem Winter. Für eine echte Überraschung sorgte am Sonntag im Einzel Eisenbichler, der bei Olym- pia Team-Silber als Ersatzmann noch verpasst hatte. Der Bayer zeigte einen überragenden zweiten Sprung und wurde hinter dem polnischen Dominator Kamil Stoch Zweiter. Olympiasieger Wellinger als Achter und Freitag auf Rang 15 enttäuschten für die Adler, die nun nach Oslo weiterreisen, wo ab Freitag zehn Wettkampftage am Stück anstehen. ● Katharina Althaus hat ihre eindrucksvolle Saisonbilanz im Skisprung-Weltcup in den ersten beiden Wettbewerben nach Olympia ausgebaut. Mit den Plätzen eins und zwei im rumänischen Rasnov schaffte sie bei allen zehn Weltcup-Starts einen Podestplatz. Olympiasiegerin Maren Lundby aus Norwegen hat nach ihrem Sieg am Sonntag den Gewinn der Großen Kristallkugel als Weltcup-Gesamtsiegerin sicher. Vierfach-Weltmeisterin Carina Vogt belegte die Ränge drei und fünf. ● Sandra Ringwald und Thomas Bing haben den deutschen Langläufern mit Top-Ten-Platzierungen ungeahnte Erfolgserlebnisse beschert. Im finnischen Lahti kam Ringwald im Sprint beim Sieg der Norwegerin Maiken Caspersen Falla auf Platz vier und verfehlte ihre erste Podestplatzierung nur um 0,1 Sekunden. Auch über zehn Kilometer klassisch war die Schwarzwälderin als Zwölfte beste DSV-Läuferin. Es gewann die Finnin Krista Parmakoski. Nachdem beim Sprintsieg des Italieners Federico Pellegrino kein DSV-Läufer die Qualifikation überstanden hatte, überzeugte Bing über 15 Kilometer klassisch als Neunter. Auch Sebastian Eisenlauer schaffte als 15. ein starkes Ergebnis. Der Sieg ging an den Kasachen Alexej Poltoranin. ● Claudia Pechstein hat den Titel-Rekord von Gunda Niemann-Stirnemann bei deutschen Eisschnelllauf-Meisterschaften eingestellt. Die 46 Jahre alte Berlinerin sicherte sich in Erfurt mit einem Erfolg auf allen vier Strecken zum elften Mal den Mehrkampf-Titel. Damit egalisierte sie die Bestmarke der Rekordweltmeisterin aus Erfurt von insgesamt 34 nationalen Meistschaftssiegen. „Nach Olympia ist vor Olympia“, sagte Pechstein nach ihrem Rennen in jener Halle, die den Namen ihrer langjährigen Rivalin Niemann-Stirnemann trägt. Gunda Niemann hatte sich 2004 ihren 34. und letzten Titel bei deutschen Titelkämpfen gesichert. Mit 163,731 Punkten setzte sich Pechstein haushoch überlegen vor ihren nicht einmal halb so alten Konkurrentinnen Michelle Uhrig (Berlin) und Jessica Beckert (Erfurt) durch. Für Pechstein war die DM eine gute Vorbereitung auf die Mehrkampf-WM in einer Woche in Amsterdam.
Marcel Hirscher ist eigentlich kein Fan von verfrühten Siegerpartys – aber nach seinem phänomenalen siebten Coup im Gesamtweltcup wirkte selbst der verbissene Ski-Star wie losgelöst. Der österreichische Rekordsportler ließ sich am Sonntag im Anschluss an seinen überragenden Sieg im Slalom von Kranjska Gora in den Schnee fallen, streckte alle viere von sich und genoss den Jubel der verzückten Fans. Dank seines 57. WeltcupErfolgs machte Hirscher nicht nur den Erfolg in der Slalom-Wertung perfekt, sondern entschied auch den Kampf um die große Kristallkugel der Gesamtwertung.
Im Gesamtklassement baute der Doppel-Olympiasieger seinen Vorsprung auf Henrik Kristoffersen auf 289 Punkte aus – weil der Norweger von den verbleibenden sieben Weltcup-Rennen nur noch zwei bestreiten wird, ist Hirscher die siebte große Kristalltrophäe sicher. „Er ist der beste Skifahrer, daher ist es okay, hinter ihm Zweiter zu sein“, sagte Kristoffersen, der wie schon beim Riesenslalom am Samstag nur vom Österreicher zu bezwingen war.
Das deutsche Abschneiden geriet angesichts der Hirscher-Show zum Nebenaspekt. Sebastian Holzmann überzeugte mit Platz elf und dem besten Ergebnis seiner WeltcupKarriere. Fritz Dopfer wurde 16. und machte die Qualifikation für das Weltcup-Finale in zwei Woche in Are (Schweden) perfekt. Dominik Stehle wurde 17., Linus Straßer 21.
Noch wesentlich beeindruckender sind aber Hirschers Zahlen: Kein Sportler vor ihm hat sieben Gesamtweltcups gewonnen, schon gar nicht nacheinander. Mit 57 Weltcup-Siegen fehlen ihm noch fünf zu Landsfrau Annemarie Moser-Pröll auf Platz drei der ewigen Bestenliste.
Hirscher hat bald 18 Kristallkugeln in seiner Vitrine stehen, mehr schafften in der Historie nur Lindsey Vonn (20) und Stenmark (19). „Marcel fährt in einer eigenen Liga“, hatte Kristoffersen schon nach dem Riesenslalom gesagt, als er um beeindruckende 1,66 Sekunden distanziert worden war. Im Slalom war Hirscher 1,22 Sekunden schneller als sein Dauerrivale. „Es ist nicht zu fassen nach diesem Sommer“, meinte der Österreicher und erinnerte an seinen Knöchelbruch im August. Selbst an ein Karriereende habe der inzwischen 29-Jährige damals gedacht.