Wie sich ein Dorfladen realisieren lässt
In Witzighausen ist das Interesse an dem Vorhaben groß. Bürger diskutieren mit dem Rathauschef über die mögliche Umsetzung. Ein Vorbild gibt es im Süden des Landkreises
Das Thema Dorfladen für Witzighausen stößt auf großes Interesse: Etwa 80 Interessierte sind am Freitag auf eine Bürgerveranstaltung über das Thema in dem Sendener Stadtteil gekommen, zu der Rathauschef Raphael Bögge eingeladen hatte. Dabei wurde klar: Die Umsetzung ist in erster Linie Sache der Bürger.
Gastredner Michael Obst sagte: „Sie brauchen einen harten Kern von Leuten, die sich dafür begeistern.“Obst ist Bürgermeister von Kellmünz, wo seit 2015 ein Dorfladen existiert. Der ist rund 130 Quadratmeter groß und wird von vier ehrenamtlichen Geschäftsführern sowie einem Team aus sechs Teilzeitkräften umgetrieben. Häufig werden solche Dorfläden wie dort als Unternehmergesellschaft oder als Genossenschaft geführt.
In Kellmünz schreibe man aktuell eine schwarze Null, sagte Obst, der auch betonte: Neben einem scharf kalkulierenden Team im Laden sowie Geldgebern, die etwa Genossenschaftsanteile kaufen, brauche so ein Geschäft auch breite Unterstützung durch genügend Stammkunden. Rund 470 000 Euro Umsatz habe der Dorfladen im Jahr 2017 gemacht und zählte pro Tag im Schnitt 144 Kassenbons. Anziehungspunkt sei er aber nicht nur wegen des großen Angebots von rund 3000 Artikeln, sondern auch, weil er einen sozialen Treffpunkt bilde. Das sei „mindestens genauso wichtig“, sagte Obst.
Gute Erfahrungen habe Kellmünz mit einem LebensmittelGroßhändler gemacht, der sich unter anderem auf Dorfläden spezialisiert hat. Dieses Unternehmen, berichtete Bögge, habe auch das Sendener Vorhaben geprüft und rechne damit, dass sich ein Dorfladen in Witzighausen tragen kann. Und im Ort hätten viele Interesse an einem Dorfladen, das gehe aus den bisher 150 abgegebenen Fragebögen hervor, die die Stadtverwaltung an die Hittistetter und Witzighauser verschickt hat. Entstehen könnte das Geschäft im Erdgeschoss eines der Häuser, die die kommunale Wohnungsbaugesellschaft an der FranzBergmüller-Straße im Wohngebiet Gänsäcker West plant. Mit Anwohner-Parkplätzen könnten dort auch Stellplätze für Kunden vorgesehen werden, sagte Bögge.
Innerhalb der nächsten zwölf Monate sei zu entscheiden, ob der Laden gewünscht ist. Wenn nicht, werden auf der Fläche zwei Wohnungen gebaut. Die Ladenräume würde das zu gründende Unternehmen von der Kommune mieten, die den Betrieb des Ladens aber nicht mitfinanziere. Welche Rechtsform der Dorfladen bekommen soll, sei eine von vielen offenen Fragen, mit denen sich ein Arbeitskreis beschäftigen kann, sagte der Witzighauser Wolfgang Neidlinger. Er hat sich bezüglich des Ladens in den vergangenen Wochen schlaugemacht und viele Gespräche geführt. Neidlinger kann sich dort neben Lebensmitteln sowie Wurst- und Back-Theke auch eine Lottoannahme und sogar eine Tankstelle für E-Bikes vorstellen.
Andere Redner brachten einen weiteren Laden-Standort ins Gespräch: den Pfarrstadel, wegen der zentralen Lage „ideal“, hieß es. Neidlinger war skeptisch, denn der Komplex gehört der katholischen Kirche. Eine Gruppe aus interessierten Bürgern will sich nun zusammentun und das Ziel eines Dorfladens gemeinsam weiterverfolgen.
Vermeiden wollte Bürgermeister Bögge an dem Nachmittag offenbar weitere Konflikte mit dem Stadtrat wegen des Streitthemas Dorferneuerung. Das nämlich spielte, entgegen der ursprünglichen Ankündigung, keine Rolle. Wie berichtet, hatten fast alle Fraktionen in einem offenen Brief Bögges Vorstoß, die Dorferneuerung zum Thema zu machen, als Alleingang kritisiert. Aus „Demut vor dem Schreiben des Stadtrats“, sagte Bögge, sei die Dorferneuerung kein Thema, er wolle „die Diskussion nicht befeuern“. Auch sei immer geplant gewesen, dass der Stadtrat darüber abstimmt, ergänzte Bögge. Ein Dorfladen lasse sich auch unabhängig von der Dorferneuerung umsetzen. Zum Bericht „Kreisräte machen Initiative den Prozess“vom Freitag, 23. Februar: Ob die Mutmaßung der Illertisser Bürgerinitiative „Geboren im Süden“, die Firma KPMG habe den Wahlkampf der Kreistagsfraktionen für ein Ratsbegehren finanziell unterstützt, juristisch verfolgbar ist oder nicht, sei dahingestellt. Dies hat letztendlich ein Gericht zu entscheiden.
Eine andere Sache jedoch ist, eine rührige und über Monate hinweg für eine gute Sache kämpfende BI, welche für den Erhalt der Geburtenstation in Illertissen eintritt, zu verklagen. Bürger, welche ohne jeden Eigennutz ihre Freizeit und ihr Geld eingesetzt haben, um katastrophale Miss- und Fehlentscheidungen des Kreistages in Sachen Kreiskliniken über sehr viele Jahre hinweg zum Teil wieder zu korrigieren.
Nun sollen sie nach dem Willen einiger Kreisräte vor Gericht gezerrt werden, obwohl sich die Verantwortlichen der BI ausdrücklich von der Behauptung distanziert haben. Als mündiger Bürger kann ich sehr wohl zwischen den Begriffen „Recht“und „Gerechtigkeit“unterscheiden und hoffentlich mit mir Tausende andere Bürger und Wähler auch. Sollten also die genannten Kreisräte und Fraktionen den Gang zum Gericht weiter vorantreiben, ist das sicherlich ihr gutes „Recht“. Eine andere Frage ist jedoch, ob die Bürger bei den nächsten Kommunalwahlen bei der Stimmabgabe nicht „Gerechtigkeit“walten lassen.
Illertissen
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