Butzbach steckt in der Krise
Das Kellmünzer Unternehmen hatte sich hohe Ziele gesteckt – und ist tief gefallen. Doch Stellen werden offenbar nicht gestrichen
Eigentlich wollte sich Thilo Butzbach aus dem operativen Geschäft des gleichnamigen Unternehmens, mit Sitz in Kellmünz, zurückziehen. Eigentlich. Das sagte er zumindest noch vor zwei Jahren. Damals übernahm Tim Füldner, der bis dato Geschäftsführer im Bereich Vertrieb und Marketing war, die Leitung des internationalen Industrietore-Herstellers. Butzbach zog sich daraufhin – unter anderem aus gesundheitlichen Gründen – aus dem Geschäft zurück, blieb aber weiterhin Alleingesellschafter. Nun, zwei Jahre nach diesem Führungswechsel, stecke die Firma, laut Butzbach, in der größten Krise der Unternehmensgeschichte.
Wie Butzbach im Gespräch mit unserer Zeitung mitteilt, sei vor allem eine namhafte EDV-Software mit schuld an der Misere. Für fast zwei Millionen Euro war sie 2016 angeschafft worden, sollte Prozesse erleichtern, Synergien schaffen und die Zusammenarbeit der einzelnen Bereiche effizienter machen. In der Anfangszeit habe es große Probleme mit dem System gegeben, so Butzbach. Das sei aber normal. Doch die Schwierigkeiten mit dem Computerprogramm hätten sich über das gesamte vergangene Jahr hingezogen. „Im Herbst habe ich dann mitbekommen, dass wir gar keinen Überblick mehr über unsere finanzielle Lage haben“, sagt der Geschäftsführer. Die Probleme im Unternehmen seien regelrecht „explodiert“. Alle Bereiche – vom Vertrieb über die Produktion bis hin zum Controlling – seien aus dem Ruder gelaufen. Der Unternehmer spricht von der größten Firmenkrise der vergangenen 20 Jahre mit massiven Verlusten. Der Geschäftsführer für den Bereich Personal, Thomas Kurz, habe laut Butzbach schließlich sein Amt niedergelegt, Füldner sei aus der Firma ausgeschieden und Butzbach habe Ende 2017 den Posten als alleiniger Geschäftsführer übernommen.
„Die Führungsmannschaft hat den Überblick verloren. Wir konn- ten die Liefertermine teilweise nicht mehr einhalten“, sagt er. Füldner habe durch Vorgaben, die er gemacht habe, zu viel in zu kurzer Zeit erreichen wollen. „Das war aus heutiger Sicht so nicht machbar, es war ambitioniert.“Deshalb meint Butzbach rückblickend: „Ein Jahr hätten wir uns mehr Zeit lassen müssen.“Dann hätten sich die Verantwortlichen „einspielen“und anschließend das Unternehmen das neue EDVProgramm einführen können – und nicht beide Veränderungen parallel durchführen sollen. „Wir hatten kaum eine Chance, das in den Griff zu kriegen“, sagt Butzbach. Die Kosten seien in die Höhe geschossen, der Umsatz deutlich gesunken. „Man muss dann auch mutig genug sein, um zu sagen: Wir müssen es anders machen.“
Dabei war die Firma ins Jahr 2016 mit großen Zielen gestartet: Das Unternehmen wollte den Umsatz in den kommenden vier Jahren von 40 auf 70 Millionen Euro ausbauen. 2017 kam aber der große Einschnitt: Butzbach erwirtschaftete zehn Prozent weniger Umsatz, statt der geplanten 20 Prozent mehr. „Deswegen haben wir unser Ziel gecancelt, weil das nicht machbar ist.“Thilo Butzbach habe sogar private Gelder zugeschossen, um seine Firma aus der Krise holen zu können, in der sie nach wie vor stecke. Eine Summe nennt Butzbach nicht, aber er habe „viel zu viel“Geld in die Hand genommen. Er habe das gemacht, um den Betrieb am Laufen zu halten. Mit den Banken gebe es aber keine Probleme.
Trotz Krise möchte das Unternehmen laut Butzbach keine Mitarbeiter entlassen, im Gegenteil, sogar mehr beschäftigen – vor allem in der Produktion. Denn Aufträge seien immer genügend da gewesen, konnten jedoch nicht abgearbeitet werden. So wurden von vorgesehenen 32 Projekten im Bereich „Aviation“, also Luftfahrt, nur wenige vergeben. „Der Umsatz ist in diesem Bereich 2017 um 30 Prozent zurückgegangen“, so der Unternehmer. Nun wolle er gezielt in diesem Segment ansetzen und habe bereits einen neuen Großauftrag in der Türkei an Land gezogen. Thilo Butzbach hofft auf bis zu 20 neue Arbeitnehmer in diesem Jahr. Und er betont, dass die derzeit 380 Mitarbeiter keine Angst vor betriebsbedingten Kündigungen haben brauchten. Vier Positionen seien aber nicht nachbesetzt worden. In den vergangenen zwei Jahren hätten viele Mitarbeiter auch von sich aus das Handtuch geworfen. Laut Butzbach unter anderem wegen Überlastung.
Siegfried Bägendörfer von der Gewerkschaft IG Metall Neu-Ulm spricht von einer großen Erleichterung in der Belegschaft. „Es ist gut, dass Herr Füldner weg ist.“Der Mit-Gesellschafter habe Führungsqualitäten vermissen lassen und versucht, von oben herab ein Konzept auf die Firma zu stülpen, das nicht gepasst habe. Das Ergebnis: „Viel Unruhe und Chaos.“Nun sei in der Belegschaft durchaus so etwas wie Aufbruchstimmung zu verspüren. Denn die Probleme der jüngsten Vergangenheit seien hausgemacht gewesen und hätten nichts mit mangelnder Zukunftsfähigkeit der Produkte zu tun. „Leider“, wie Bägendörfer betont, sei die Firma nicht tarifgebunden.