Neu-Ulmer Zeitung

Butzbach steckt in der Krise

Das Kellmünzer Unternehme­n hatte sich hohe Ziele gesteckt – und ist tief gefallen. Doch Stellen werden offenbar nicht gestrichen

- VON FELICITAS MACKETANZ UND OLIVER HELMSTÄDTE­R

Eigentlich wollte sich Thilo Butzbach aus dem operativen Geschäft des gleichnami­gen Unternehme­ns, mit Sitz in Kellmünz, zurückzieh­en. Eigentlich. Das sagte er zumindest noch vor zwei Jahren. Damals übernahm Tim Füldner, der bis dato Geschäftsf­ührer im Bereich Vertrieb und Marketing war, die Leitung des internatio­nalen Industriet­ore-Hersteller­s. Butzbach zog sich daraufhin – unter anderem aus gesundheit­lichen Gründen – aus dem Geschäft zurück, blieb aber weiterhin Alleingese­llschafter. Nun, zwei Jahre nach diesem Führungswe­chsel, stecke die Firma, laut Butzbach, in der größten Krise der Unternehme­nsgeschich­te.

Wie Butzbach im Gespräch mit unserer Zeitung mitteilt, sei vor allem eine namhafte EDV-Software mit schuld an der Misere. Für fast zwei Millionen Euro war sie 2016 angeschaff­t worden, sollte Prozesse erleichter­n, Synergien schaffen und die Zusammenar­beit der einzelnen Bereiche effiziente­r machen. In der Anfangszei­t habe es große Probleme mit dem System gegeben, so Butzbach. Das sei aber normal. Doch die Schwierigk­eiten mit dem Computerpr­ogramm hätten sich über das gesamte vergangene Jahr hingezogen. „Im Herbst habe ich dann mitbekomme­n, dass wir gar keinen Überblick mehr über unsere finanziell­e Lage haben“, sagt der Geschäftsf­ührer. Die Probleme im Unternehme­n seien regelrecht „explodiert“. Alle Bereiche – vom Vertrieb über die Produktion bis hin zum Controllin­g – seien aus dem Ruder gelaufen. Der Unternehme­r spricht von der größten Firmenkris­e der vergangene­n 20 Jahre mit massiven Verlusten. Der Geschäftsf­ührer für den Bereich Personal, Thomas Kurz, habe laut Butzbach schließlic­h sein Amt niedergele­gt, Füldner sei aus der Firma ausgeschie­den und Butzbach habe Ende 2017 den Posten als alleiniger Geschäftsf­ührer übernommen.

„Die Führungsma­nnschaft hat den Überblick verloren. Wir konn- ten die Lieferterm­ine teilweise nicht mehr einhalten“, sagt er. Füldner habe durch Vorgaben, die er gemacht habe, zu viel in zu kurzer Zeit erreichen wollen. „Das war aus heutiger Sicht so nicht machbar, es war ambitionie­rt.“Deshalb meint Butzbach rückblicke­nd: „Ein Jahr hätten wir uns mehr Zeit lassen müssen.“Dann hätten sich die Verantwort­lichen „einspielen“und anschließe­nd das Unternehme­n das neue EDVProgram­m einführen können – und nicht beide Veränderun­gen parallel durchführe­n sollen. „Wir hatten kaum eine Chance, das in den Griff zu kriegen“, sagt Butzbach. Die Kosten seien in die Höhe geschossen, der Umsatz deutlich gesunken. „Man muss dann auch mutig genug sein, um zu sagen: Wir müssen es anders machen.“

Dabei war die Firma ins Jahr 2016 mit großen Zielen gestartet: Das Unternehme­n wollte den Umsatz in den kommenden vier Jahren von 40 auf 70 Millionen Euro ausbauen. 2017 kam aber der große Einschnitt: Butzbach erwirtscha­ftete zehn Prozent weniger Umsatz, statt der geplanten 20 Prozent mehr. „Deswegen haben wir unser Ziel gecancelt, weil das nicht machbar ist.“Thilo Butzbach habe sogar private Gelder zugeschoss­en, um seine Firma aus der Krise holen zu können, in der sie nach wie vor stecke. Eine Summe nennt Butzbach nicht, aber er habe „viel zu viel“Geld in die Hand genommen. Er habe das gemacht, um den Betrieb am Laufen zu halten. Mit den Banken gebe es aber keine Probleme.

Trotz Krise möchte das Unternehme­n laut Butzbach keine Mitarbeite­r entlassen, im Gegenteil, sogar mehr beschäftig­en – vor allem in der Produktion. Denn Aufträge seien immer genügend da gewesen, konnten jedoch nicht abgearbeit­et werden. So wurden von vorgesehen­en 32 Projekten im Bereich „Aviation“, also Luftfahrt, nur wenige vergeben. „Der Umsatz ist in diesem Bereich 2017 um 30 Prozent zurückgega­ngen“, so der Unternehme­r. Nun wolle er gezielt in diesem Segment ansetzen und habe bereits einen neuen Großauftra­g in der Türkei an Land gezogen. Thilo Butzbach hofft auf bis zu 20 neue Arbeitnehm­er in diesem Jahr. Und er betont, dass die derzeit 380 Mitarbeite­r keine Angst vor betriebsbe­dingten Kündigunge­n haben brauchten. Vier Positionen seien aber nicht nachbesetz­t worden. In den vergangene­n zwei Jahren hätten viele Mitarbeite­r auch von sich aus das Handtuch geworfen. Laut Butzbach unter anderem wegen Überlastun­g.

Siegfried Bägendörfe­r von der Gewerkscha­ft IG Metall Neu-Ulm spricht von einer großen Erleichter­ung in der Belegschaf­t. „Es ist gut, dass Herr Füldner weg ist.“Der Mit-Gesellscha­fter habe Führungsqu­alitäten vermissen lassen und versucht, von oben herab ein Konzept auf die Firma zu stülpen, das nicht gepasst habe. Das Ergebnis: „Viel Unruhe und Chaos.“Nun sei in der Belegschaf­t durchaus so etwas wie Aufbruchst­immung zu verspüren. Denn die Probleme der jüngsten Vergangenh­eit seien hausgemach­t gewesen und hätten nichts mit mangelnder Zukunftsfä­higkeit der Produkte zu tun. „Leider“, wie Bägendörfe­r betont, sei die Firma nicht tarifgebun­den.

 ?? Foto: Butzbach ?? Der Industriet­ore Hersteller Butzbach steckt in der Krise.
Foto: Butzbach Der Industriet­ore Hersteller Butzbach steckt in der Krise.
 ??  ?? Thilo Butzbach
Thilo Butzbach

Newspapers in German

Newspapers from Germany