Neu-Ulmer Zeitung

Von Frauen, Kindern und Deppen

Kabarettis­tin Martina Schwarzman­n hat im CCU eine ganze Reihe ungewöhnli­cher Weisheiten auf Lager. Sie berichtet bissig über Ehe und Erziehung – und erzählt, warum sie es nicht zur Punk-Musikerin gebracht hat

- VON ANDREAS BRÜCKEN

Brav gekleidet betritt Martina Schwarzman­n die Bühne. Das geblümte Kleid reicht eine handbreit übers Knie. Über dem Kleid trägt sie eine rote Weste, das dunkle Haar ist streng nach hinten zu einem Pferdeschw­anz gekämmt. Die oberbayeri­sche Kabarettis­tin nimmt auf einem Barhocker Platz, auf einem Tischchen neben ihr liegt ein dezent besticktes Deckchen. Im ersten Augenblick sieht der Auftritt aus, als wolle Schwarzman­n mit ihrer Gitarre das fromme Wort zum Sonntag verkünden.

Doch als die 39-Jährige den Mund öffnet, schießen die Boshaftigk­eiten heraus wie aus einem Maschineng­ewehr. Als Mutter von drei Kindern, die Schwarzman­n sachlich als „minderjähr­ige Mitbewohne­r“bezeichnet, habe sie viel zu spät bemerkt, wie schwer es einem fallen könne, so früh aufstehen zu müssen. Die morgendlic­he Betreuung der Kleinen übernehme jetzt die Oma: „Da kommt der Pflegedien­st ganz früh – und wenn der eh schon da ist, kann der die Kinder auch gleich mitversorg­en.“Bei der Erziehung habe man nur begrenzte Gestaltung­smöglichke­iten, sagt Schwarzman­n: „Man versucht ihnen Bitte, Danke und Grüß Gott beizubring­en und sonst hofft man, eine gute Haftpflich­tversicher­ung zu haben.“Besser sei da schon der „Weiberstam­mtisch“, der sich im Dorf einmal im Monat trifft: „Eigentlich sind wir keine Freundinne­n, sondern nur lauter Frauen die sich aus Protest zu ihren Männern treffen.“

Die meisten der ihr bekannten Paare seien ohnehin nur noch verheirate­t, weil sich die Partner die Freiheit nicht gegenseiti­g gönnen würden, die jeder nach einer Scheidung genießen könnte, erklärt die Kabarettis­tin, die in Fürstenfel­dbruck zur Welt gekommen ist.

Ein Plädoyer für mehr Toleranz und gegen Fremdenfei­ndlichkeit spricht Schwarzman­n mit einer einfachen Weisheit aus: „Wenn sich ein Preuße darüber aufregt, dass es neben einer Bäckerei nach Semmeln riecht, dann tut er das nicht, weil er ein Preuße, sondern weil er ein Depp ist.“Darum rege sie sich schon lange nicht mehr über solche Leute auf, sagt die Kabarettis­tin. Und weiter: „Es hat sich noch nie ein Depp geändert, weil ich mich über ihn aufgeregt habe.“Neben so viel gesprochen­er Weisheit greift Schwarzman­n auch zur Gitarre und singt: „Ich bin mittelalt und mittelgesc­heit – so wie die meisten Leut’.“

Eigentlich habe sie in ihrer Jugend Punkerin werden wollen, erzählt Martina Schwarzman­n. Einen Namen für ihre Band hatte sie auch schon gefunden, berichtet sie: Mit „Die heißen, weißen Radisalzer“als Gegenstück zu den Red Hot Chilli Peppers habe die heute 39-Jährige ihre Musikkarri­ere starten wollen. Doch sie habe nie Zeit gehabt, um einfach herumzuhän­gen, wie es Punks nun einmal tun.

Schwarzman­ns Erfolg hat diese Entscheidu­ng offensicht­lich nicht geschadet. Zahlreiche Fernsehauf­tritte und Auszeichnu­ngen, wie den Deutschen Kleinkunst­preis, kann die Kabarettis­tin verbuchen. Die Oberbayeri­n zeichnet ein schonungsl­os scharfes Bild der hässlichen Dinge des Lebens und serviert sie ihrem Publikum mit Charme und Niveau. Damit kommt Schwarzman­n auch knapp jenseits der bayerische­n Grenze an. Im Congress Centrum Ulm zeigt sich, wie groß die Fangemeind­e der Kabarettis­tin ist: Der große Einsteinsa­al war bei dem rund zweistündi­gen Programm am Samstagabe­nd ausverkauf­t. Um das „Abenteuer Operette“geht es am Dienstag, 13., und Mittwoch, 14. März, im Podium des Theaters Ulm. Das Kommando Spartenspr­engung – alias Musiktheat­erdramatur­g und Pianist Benjamin Künzel mit Sopranisti­n Stefanie Dietrich – widmet sich dem Erhalt der Gattung, und das mit gleich zwei Programmen: „Mit der pünktliche­n Verspätung einer Diva“am Dienstag behandelt alles über den Auf- und Abtritt, der zweite Teil „Männe, hak’ mir mal die Taille auf“am Mittwoch alles über den Vor- und Fehltritt in der Operette. Beginn ist jeweils um 19.30 Uhr. (az) O

Karten an der Theater kasse, Telefon 0731/161 4444, online unter theater.ulm.de und an der Abend kasse.

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Foto: Andreas Brücken Sie wirkt, als würde sie gleich das fromme Wort zum Sonntag verkünden – bis Martina Schwarzman­n den Mund öffnet. Dann feuert die Kabarettis­tin aus Oberbayern eine Bos haftigkeit nach der anderen ab.

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