Tausende Mütter sind verunsichert
oder endgültig. In den vergangenen zehn Jahren haben im Freistaat mehr als 30 Geburtsstationen dichtgemacht. Und das, obwohl immer mehr Babys geboren werden. Erst vergangene Woche gab das bayerische Familienministerium bekannt, dass 2016 die höchste Geburtenzahl seit der Jahrtausendwende registriert wurde. Die Nachfrage nach einem flächendeckenden Netz an Kreißsälen scheint da zu sein. Warum schließen dann aber so viele Geburtsstationen? Was läuft da schief? Und kann man Frauen in den Wehen, vor dem wohl intimsten Moment ihres Lebens, noch eine lange Autofahrt zumuten?
„Es gibt da ein ganzes Bündel an Gründen, warum es derzeit Probleme gibt“, sagt Siegfried Hasenbein, der Geschäftsführer der Bayerischen Krankenhausgesellschaft. Zum einen sind da die steigenden Qualitätsanforderungen an die Geburtshilfe. „Es gibt eine Reihe von Vorgaben, die erfüllt werden müssen. Die sind für kleine Häuser mit niedrigen Geburtenzahlen im wirtschaftlichen Sinn schwer zu erfüllen.“Zu diesen Vorgaben zählt etwa, dass für den Fall eines Notfallkaiserschnitts ein Anästhesist da sein muss. Außerdem muss es einen Kinderarzt geben.
Der zweite Punkt, der es vielen Krankenhäusern schwer macht, die Geburtshilfe aufrechtzuerhalten, ist das Belegarztsystem, das Hasenbein zufolge in Bayern sehr ausgeprägt ist. Die Ärzte haben eigene Praxen und belegen Betten im Krankenhaus mit ihren Patienten. „Die belegärztliche Geburtshilfe hat sich finanziell höchst ungünstig entwickelt. Die Honorare sind nicht besonders attraktiv“, sagt Hasenbein. Hinzu kommen die stark gestiegenen Haftpflichtprämien. Davon sind nicht nur die Ärzte, sondern auch Hebammen betroffen. Viele wollen daher nicht mehr im Kreißsaal, son- dern nur noch in der Vorsorge arbeiten.
Probleme, an der die Dillinger Geburtshilfe schon vor gut einem Jahr fast zugrunde gegangen wäre. Damals zogen die Belegärzte einen Schlussstrich. Rund um die Uhr erreichbar sein, regelmäßig Schicht am Wochenende, dazu die eigene Praxis – die Belastung wurde zu groß. Die vier Gynäkologen kündigten. Ein Neuanfang musste her, und er kam. „Die Dillinger Geburtshilfe ist gesichert“, verkündete Landrat Leo Schrell im Frühjahr vergangenen Jahres stolz. Aus der Belegwurde eine Hauptabteilung, zwei neue Frauenärzte fingen an. Am Problem, dass in der nordschwäbischen Stadt zu wenige Kinder zur Welt kommen, änderte dies nichts.
Ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) sollte den Standort rentabler machen. Doch die Pläne scheiterten. Ausgerechnet ein ehemaliger Belegarzt aus Dillingen kam dem Krankenhaus in die Quere. Er schnappte sich den Kassenarztsitz, der für das MVZ nötig wäre. Die Visionen für die Geburtsstation lösten sich in Luft auf. Die beiden neuen Ärzte reichten die Kündigung ein – nur wenige Monate nach ihrem feierlichen Empfang. Und auch das Hebammenteam fiel auseinander. 2017 verabschiedeten sich insgesamt drei Geburtshelferinnen, Ersatz ist keiner in Sicht.
So kommt es nun zur vorübergehenden Schließung. Klinik und Landkreis sind seit Monaten auf der Suche nach neuem Personal. Doch so einfach ist das nicht. Fähige und motivierte Ärzte sind nur schwer in das vergleichsweise kleine Dillingen zu locken. Auch der Markt für Hebammen ist leer gefegt. Dazu kommt: Der Kreis Dillingen ist hoch verschuldet, das Minus der Geburtsstation belastet den Haushalt. Ob die Abteilung im Juli wieder öffnen wird, ist ungewiss.
Geht das jetzt so weiter? Müssen immer mehr Geburtshilfen schließen? Hasenbein von der Bayerischen Krankenhausgesellschaft glaubt: Ja. „Ich sehe ehrlich gesagt